Tourismus über Corona-Maßnahmen erzürnt: "Wirtschaftlicher Schaden ist immens"
"Jede zweite Buchung wird gestrichen", sagt Markus Gratzer, Generalsekretär der Hoteliervereinigung. Er kritisiert vor allem die "Hüh-Hott-Politik" der Regierung - das sei keine Krisenkommunikation sondern eine Kommunikationskrise, sagt Gratzer. Alle zwei Tage werde etwas anderes kommuniziert, was zu Unsicherheit und Stornos führen würde. Der wirtschaftliche Schaden sei "immens".
Das Silvester-Fest sei nun "mehr oder weniger ruiniert". Touristen aus anderen Länder kämen dort oft nur schwer an PCR-Tests, die sie für die Einreise brauchen. Hätte man mehr Vorlaufzeit gehabt, hätte man PCR-Tests bei der Anreise organisieren können, so Gratzer im PULS 24 Interview.
Kritik an Sperrstunde
Als "Tritt in die Magengrube" bezeichnet Gudrun Peter, Chefin des Hotels "Weißes Rössl" am Wolfgangsee, die neuen Maßnahmen. Peter klagt über fehlende Perspektiven, für die verfrühte Sperrstunde fehle ihr jedes Verständnis. "Man könnte fast meinen, die Politik möchte unsere Branche kaputt machen", so die Hotel-Chefin.
Im "Kitzloch" in Ischgl sei die Saison zwar gut angelaufen - es kamen auch Gäste aus Mexiko, berichtet Bernhard Zangerl. Die Sperrstunde schmerze jetzt aber. Es verstehe niemand, was der Unterschied zwischen 22 und 23 Uhr sein soll. Er wünsche sich, dass die Politik wieder ein Ohr für die Wirtschaft finde und verlässlicher werde. Vor Kurzem habe es noch geheißen, es gebe zu Silvester keine Sperrstunde.
In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Hotelier Georg Imlauer. In Wien sei das Geschäft schon durch den Lockdown ruiniert worden, sagt er - zu Silvester sei man hier nur zu 10 Prozent ausgebucht. Am Land sehe es noch etwas besser aus, aber es sei ungewiss, ob jetzt Gäste stornieren werden. Silvesterveranstaltungen werde man jedenfalls absagen müssen.
"Wer fährt auf Urlaub, wenn er um 10 Uhr ins Bett gehen muss", fragt Imlauer. Er versteht nicht, warum das Infektionsrisiko vor 22 Uhr geringer sein soll. Im Hotel wären ohnedies die selben Personen im Restaurant wie dann auf dem Zimmer. "Die letzte Chance wurde genommen", sagt er.
"Wir im Tourismus sind die Deppen der Nation"
Benjamin Schneider, Hotelier im Arlberghotel Lech, merkt außerdem an, dass man für Stornierungen nichts verlangen könne, wenn jemand nun storniert, weil er keine dritte Impfung hat. Komme es im Jänner zu einem Lockdown, dann würden sich in dieser Zeit viele Mitarbeiter andere Jobs suchen. Im Februar könne der Wintertourismus dann nicht mehr aufsperren.
Lockdown im Jänner würde zu fehlenden Mitarbeitern im Tourismus führen
Auch für Robert Seeber, Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer, sind die präsentierten Verschärfungen der Corona-Regeln ein weiterer "schmerzhafter Rückschlag" für die Tourismusbranche. Tourismus und Freizeitbetriebe seien bereit, notwendige und sinnvolle Maßnahmen mitzutragen. Man sei jedoch weder willens noch in der Lage, die "Auf-Zu-Politik" hinzunehmen. Insbesondere die Vorverlegung der Sperrstunde, vor allem zu Silvester, führe laut Seeber erneut zur Verlagerung in den illegalen, unkontrollierten Bereich.
Rücktrittsforderung an Mückstein
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein solle sich überlegen, "ob er nicht zu seinem angestammten Amt zurückkehrt und das Ministeramt sein lässt und es jemandem anderen übergibt, der das sicher besser machen könnte," sagte der WKÖ-Obmann der Gastronomie, Mario Pulker, im Ö1-"Morgenjournal".
"Gäste werden zuhause weiterfeiern"
Gastronom Emanuel Weyringer kritisiert vor allem die frühe Sperrstunde - zwar würde er mit der Silvesterpartyfrüher beginnen und um 21 Uhr so tun, als wäre Mitternacht. Die Gäste würden danach aber zuhause weiterfeiern, sagt er.
Hörl schießt gegen Mückstein
Auch ÖVP-Tourismussprecher und Seilbahnen-Vertreter Franz Hörl übte scharfe Kritik am Vorgehen der Regierung bei der Pandemiebekämpfung geübt. Freilich richtete Hörl seine Kritik nicht gegen die eigene Partei, die die Verschärfungen am Mittwoch in der Regierung mitbeschlossen hatte, sondern gegen den Grünen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Die "Schlangenlinien" des Ministers würden "Schäden" verursachen, so Hörl.
"Ob aus Unwissenheit, aus Wirtschaftsfeindlichkeit oder aus Ignoranz ist dabei sekundär. Was bleibt, ist ein Desaster", so Hörl in einer Aussendung. Man kritisiere dabei nicht die Maßnahmen an sich - "das machen mittlerweile arrivierte Experten", sagte Hörl in einer Aussendung, aber: "In weniger als einer Woche hat der zuständige Gesundheitsminister seine eigenen Ankündigungen und Verordnungen so oft geändert, gelockert und schließlich verschärft, dass sich nicht einmal mehr erfahrene Juristen auskennen."
Silvester im Schatten der Mutation
Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein verteidigten die Maßnahmen am Donnerstag hingegen. "Das ist leider nicht das Jahr für Silvesterpartys - leider", meinte Kogler. "Wir können nicht sehenden Auges in die Omikron-Welle hineingehen und keine Maßnahmen setzen", sagte Mückstein. Er verstehe die Frustration der Hotelliers aber, so der Minister.
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Zusammenfassung
- Für Silvester kündigte die Regierung eigentlich Lockerungen an - nun kommt eine Sperrstunde ab 22 Uhr. Außerdem werden mehrere Länder als Virusvarianten-Gebiete eingestuft. Die Tourismus-Branche ist erzürnt.
- "Jede zweite Buchung wird gestrichen", sagt Markus Gratzer, Generalsekretär der Hoteliervereinigung. Er kritisiert vor allem die "Hüh-Hott-Politik" der Regierung - das sei keine Krisenkommunikation sondern eine Kommunikationskrise, sagt Gratzer.
- Alle zwei Tage werde etwas anderes kommuniziert, was zu Unsicherheit und Stornos führen würde. Der wirtschaftliche Schaden sei "immens".
- In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Hotelier Georg Imlauer. In Wien sei das Geschäft schon durch den Lockdown ruiniert worden, sagt er - zu Silvester sei man hier nur zu 10 Prozent ausgebucht.
- . Am Land sehe es noch etwas besser aus, aber es sei ungewiss, ob jetzt Gäste stornieren werden. Silvesterveranstaltungen werde man jedenfalls absagen müssen.
- "Wer fährt auf Urlaub, wenn er um 10 Uhr ins Bett gehen muss", fragt Imlauer. Er versteht nicht, warum das Infektionsrisiko vor 22 Uhr geringer sein soll.