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Staatsanwaltschaft Trient erlässt Haftbefehl gegen Benko

Die Staatsanwaltschaft Trient hat einen Haftbefehl gegen Signa-Gründer René Benko erlassen. Weitere Personen wurden in Italien festgenommen, darunter Signa-Italien-Chef Heinz Peter Hager. Benko befindet sich auf freiem Fuß, wurde in Tirol am Dienstag aber vernommen.

Es ist der nächste Paukenschlag in der Causa Signa. Gegen Benko wurde in Italien ein Haftbefehl erlassen.

Bereits festgenommen wurde der Signa-Italien-Chef Heinz Peter Hager, der als rechte Hand Benkos gilt. Auch die Bürgermeisterin von Riva del Garda, Cristina Santi, wurde festgenommen. Sie sind unter Hausarrest. 

Die Staatsanwaltschaft von Trient sieht den aus Tirol stammenden Benko als zentrale Figur rechtswidriger Machenschaften: Dank seiner wirtschaftlichen Macht sei Benko einer der Förderer der kriminellen Vereinigung, die in Italien etabliert und eng mit Heinz Peter Hager verbunden sei, so die Behörde. Benko habe Hager Hinweise gegeben, wie er Genehmigungen für Bauprojekte erhalten könne. 

Festgenommen worden sei auch ein Bozner Journalist, der enge Kontakte zu Hager unterhielt.

Auch im Bozner Rathaus sei eine Durchsuchung durch die Polizei im Gange, berichten italienische Medien. Ermittelt wird gegen insgesamt 77 Verdächtige, fünf Personen wurden festgenommen. 

Insgesamt wurden am Dienstag 100 Durchsuchungen durchgeführt, gegen die ermittelt wird. Ziel waren Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in den Provinzen Trient, Bozen, Brescia, Mailand, Pavia, Rom und Verona sowie im Ausland. 

Heinz Peter HagerAPA/SUCCUS/GERD EDER

Heinz Peter Hager

Wie der "Standard" zuerst berichtete, wurde Benko außerdem am Dienstag in der Landespolizeidirektion Tirol einvernommen. Er befinde sich aber wieder auf freiem Fuß. 

Benko will kooperieren

"Es wird kein Europäischer Haftbefehl gegenüber Herrn Benko vollzogen. Herr Benko wird weiterhin - wie bisher - mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen", sagte Benkos Anwalt Norbert Wess in einer ersten Stellungnahme zur APA.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck bestätigte, dass es einen Europäischen Haftbefehl gebe - er werde aber in Österreich nicht vollzogen. Ein Europäischer Haftbefehl muss nicht vollstreckt werden, wenn dieser einen österreichischen Staatsbürger betrifft, gegen den auch im Inland ein entsprechendes Verfahren geführt werden kann, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Spezielle Auflagen für den Investor gebe es derzeit nicht.

Die StA Innsbruck prüft derzeit, ob die Delikte, die Benko in Italien vorgeworfen werden, auch in Österreich strafbar sind und hierzulande ein entsprechendes Verfahren geführt werden kann. Derzeit gehe man nicht davon aus, dass man den Haftbefehl vollstrecken müsse.

Via Aussendung meldete sich am Nachmittag auch Benkos Geschäftspartner Hager zu Wort. Die Staatsanwaltschaft habe "im Zusammenhang mit verschiedenen Immobilienprojekten" Nachforschungen angestellt. "Die Verteidiger wurden beauftragt, Einspruch gegen diese Maßnahme einzulegen", teilte die Pressestelle des Wirtschaftsprüfers italienischen Zeitungen mit. "Heinz Peter Hager hat den Ermittlern volle Zusammenarbeit angeboten und äußert großes Vertrauen in die Justiz."

Vorwurf der Korruption

Die vom Amtsgericht Trient auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassene Maßnahme ist den Angaben zufolge Ergebnis einer komplexen Ermittlungstätigkeit, die von der italienischen Polizei und der Steuerpolizei durchgeführt wurde.

Laut Haftbefehl lautet der Verdacht auf Korruption: Unternehmer hätten Politikern Wahlkampffinanzierung angeboten und seien dafür im Gegenzug bei Immobilien-Deals und Spekulationsgeschäften sowie Auftragsvergaben der öffentlichen Hand begünstigt worden.

Kriminelle Vereinigung, illegale Parteienfinanzierung

Im Haftbefehl konkret genannt werden unter anderem folgende Vorwürfe:

  • kriminelle Vereinigung
  • illegale Bieterabsprachen
  • illegale Parteienfinanzierung
  • Bestechung
  • illegale Vorteilsannahme
  • Betrug
  • unberechtigter Bezug von staatlichen Hilfsleistungen

Video: Hausdurchsuchungen bei Benko

Vorwurf mehrerer Straftaten

Die den Personen zur Last gelegten Vorwürfe umfassen laut der Staatsanwaltschaft von Trient außerdem verschiedene Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung, darunter Korruption, unzulässige Veranlassung zu Handlungen, Offenlegung von Amtsgeheimnissen und Unterlassung von Amtshandlungen, ebenso wie Verstöße gegen steuerrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte. Laut Aussendung der Trienter Staatsanwaltschaft gilt bis zur möglichen Verurteilung die Unschuldsvermutung.

Im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung der Staatsanwaltschaft Trient zu verschiedenen Immobilienprojekten in Norditalien laufen auch Ermittlungen in Südtirol. Die Ermittlungen betreffen Projekte in den Jahren 2018 bis 2022.

Hat die Mafia die Finger im Spiel?

Die Ermittlungen begannen 2019 nach einem unbefugten Zugriff auf das IT-System einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung von Bozen. Laut den Ermittlern hätten die beteiligten Unternehmer Beamten und in der öffentlichen Verwaltung Tätigen Geschenke, Gefälligkeiten und Geld angeboten, um öffentliche Aufträge zu erhalten. Bei den Durchsuchungen im Bozner Rathaus wurden Tablets, PCs und Smartphones beschlagnahmt.

Auch das italienische Parlament wird sich mit der Causa beschäftigen. Die Anti-Mafia-Kommission im Parlament in Rom hat bei der Staatsanwalt in Trient den Zugang zu den Ermittlungsakten beantragt. Die Kommission will vor allem die Immobilienprojekte prüfen, in die Benko und andere italienische Unternehmer verwickelt sind. Vermutet wird, dass auch die Mafia die Finger im Spiel haben könnte, verlautete es aus der Kommission in Rom.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Staatsanwaltschaft Trient hat einen Haftbefehl gegen Signa-Gründer René Benko erlassen.
  • Weitere Personen wurden in Italien festgenommen, darunter Signa-Italien-Chef Heinz Peter Hager.
  • Insgesamt wurden am Dienstag 100 Durchsuchungen bei weiteren Personen durchgeführt, gegen die ermittelt wird.
  • Laut Haftbefehl lautet der Verdacht unter anderem auf Korruption.
  • Ein Europäischer Haftbefehl muss nicht vollstreckt werden, wenn dieser einen österreichischen Staatsbürger betrifft, gegen den auch im Inland ein entsprechendes Verfahren geführt werden kann, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck.