Black Voices Volksbegehren: "Rassismus hierzulande nicht so wichtig wie Tod der Queen"
Am Montag begann die Eintragungswoche für das Black Voices Volksbegehren. Allein durch seine Existenz schreibt Black Voices damit Geschichte. Noch nie zuvor gab es in Österreich ein antirassistisches Volksbegehren. Die Initiator:innen fordern "die gleichberechtigte Teilhabe schwarzer Menschen, Menschen mit afrikanischer Herkunft und People of Colour in allen Bereichen der österreichischen Gesellschaft".
Volksbegehren brauchen 100.000 Unterschriften, um im österreichischen Parlament behandelt zu werden. Derzeit fehlen Black Voices noch rund 55.000, um ihre Forderungen zu den Bereichen Repräsentation und Öffentlichkeit, Polizei, Flucht und Migration, Gesundheit, Bildung und Arbeitsmarkt vortragen zu können. "Wir arbeiten Tag und Nacht daran das Ziel zu erreichen", erklärt Asma Aiad, eine der Sprecherinnen der Initiative. Bis zum 26. September kann noch unterschrieben werden.
Aiad ist zuversichtlich, auch wenn es in vielen Medien derzeit einen anderen Fokus gibt: den Tod der Queen. "Das zeigt ein bisschen die Ironie, man sieht, dass ein extrem wichtiges Thema wie Rassismus in unserem Land nicht so wichtig ist wie der Tod einer Monarchin", so Aiad. Gleichzeitig seien durch das Ableben der Queen Debatten um Kolonialismus aktuell geworden. "Warum trauert nicht jeder gleich um die Queen? Warum haben manche Menschen andere Erinnerungen, Assoziationen, Gefühl zu ihr?", seien plötzlich zu wichtigen Fragen geworden, an denen sich Rassismus anhand eines aktuellen Beispiels veranschaulichen lasse.
Ausgangspunkt George Floyd
Black Voices entstand im Zuge der Proteste um die Ermordung von George Floyd. Damals waren in Wien 50.000 Menschen auf der Straße, in ganz Österreich noch viele mehr. "Da haben wir bemerkt: Rassismus geht uns alle an, wir wollen gemeinsam dagegen auftreten", sagt Aiad. "Nicht nur gegen antischwarzen Rassismus, sondern gegen jede Form von Rassismus." Die Demonstration war in Wien eine der größten der letzten Jahre.
50.000 bei Black Lives Matter-Demo in Wien
"Historisch" nennt Aiad selbst die Proteste. "Uns war damals wichtig zu zeigen: Das passiert nicht nur in den USA, sondern auch in Österreich gibt es Menschen, die durch Polizeigewalt ermordet wurden, auch in Österreich gibt es Rassismus", erklärt sie. Selten zuvor haben so viele von Rassismus betroffenen Menschen auf einer Bühne über ihre Erfahrungen gesprochen. Viele hätten dort verstanden, dass es um mehr als George Floyd gehe, meint Aiad. "Rassismus hat viele Gesichter in Österreich und jedes davon ist hässlich."
Das Thema Polizeigewalt führte auch in Österreich schon früher zu Protesten. Nach der Ermordung von Marcus Omufuma oder Cheibani Wague gingen Menschen schon vor mehr als 20 Jahren auf die Straße. "Die Polizei als Institution hat ein Problem mit Rassismus", erklärt Aiad. Als Volksbegehren fordern sie darum rassismuskritische Schulungen und eine unabhängige Kontroll- und Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt. "Die darf nicht im Innenministerium verankert" sein, betont Aiad.
Von Blackfacing bei Sternsingern bis Arielle
Es gibt aber auch eine Kehrseite. In den letzten beiden Jahren war die Kampagne immer wieder Drohungen per E-Mail, Brief oder in sozialen Medien ausgesetzt. Das traf Einzelpersonen aber auch die gesamte Organisation. Vor allem online muss Black Voices harte Kämpfe führen. Debatten wie Blackfacing bei Sternsingern oder erst jüngst die Diskussion um die Verkörperung der Meerjungfrau Arielle durch eine schwarze Frau würden besonders aufregen. Für Aiad ist das unverständlich. "Arielle ist ein Fabelwesen, die gibt es nicht mal in echt", erklärt sie dazu.
Gleichzeitig gäbe es aber sehr viel positives Feedback, wo Leute erklären, wie sehr sie die antirassistische Arbeit von Black Voices ermutige. Immer wieder melden sich auch Personen, die beim Volksbegehren mitarbeiten möchten. Zu tun gibt es für Interessierte genug. Der nationale Aktionsplan gegen Rassismus ist die wichtigste Forderung von Black Voices. "Antirassistische Arbeit darf nicht dem Zufall überlassen werden", erklärt Aiad, sondern müsse koordiniert in Zusammenarbeit mit Expert:innen aus den betroffenen Communitites behandelt werden. Besonders wichtig sei es dabei klarzumachen, dass Rassismus in Österreich systematisch und institutionell verankert ist.
Prominente Unterstützer:innen
Auch wenn Black Voices vor allem auf Unterstützung der Zivilgesellschaft baut, bekommt das Volksbegehren Rückenwind auch aus den Parteien. Prominentestes Beispiel ist die SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso. Aber auch viele Kulturschaffende solidarisieren sich wie etwa Josef Hader oder Conchita.
"Wir wollen eine Gesellschaft haben, in der Menschen gleichberechtigt sind und keinen Rassismus erleben", fasst Asma Aiad ihre Forderungen zusammen. Eine Unterschrift für das Black Voices Volksbegehren würde den Schritt in Richtung dieser Gesellschaft gewehrleisten.
Zusammenfassung
- Zwischen 19. und 26. September kann das Black Voices Volksbegehren unterschrieben werden.
- Es ist das erste antirassistische Volksbegehren in Österreich.
- Die Bewegung entstand während der George-Floyd-Proteste. Damals waren in Wien 50.000 Menschen auf den Straßen.
- Die wichtigste Forderung ist ein nationaler Aktionsplan gegen Rassismus. Dieser solle gemeinsam mit Expert:innen aus den betroffenen Communities entstehen.