Lebensmittel-Preisalarm: +162 Prozent bei Orangensaft

Die Teuerungswelle hat sich neben Energie und Wohnen bei vielen auch im Supermarkt bemerkbar gemacht. Neue Zahlen der Arbeiterkammer Wien zeigen das Ausmaß der Preisexplosion bei billigen Lebensmitteln. Doch der Handelsverband wehrt sich.

Die Inflationszahlen haben sich nach einer jahrelangen Teuerungswelle wieder auf einem gewünschten Niveau eingependelt – sie lag im Dezember zuletzt bei 2,0 Prozent. Fest steht aber auch: Dadurch allein ist kein Preis gesunken, auch wenn viele von einer sinkenden Inflationsrate sinkende Preise erwarten. 

Ein gewisses Maß an Teuerung ist aus volkswirtschaftlicher Sicht auch durchaus gewünscht. Nur wenn sie aus dem Ruder läuft und die Löhne und Gehälter nicht mithalten, wird sie zum Problem. 

"Seit einem Jahr spür ich's auch ganz gut, gerade wenn man auf seine Ernährung achten mag", sagte ein Kunde vor einem Wiener Supermarkt zu PULS 24. "Man kauft halt nur ein paar Sachen und es sind schon 80 Euro", meinte ein anderer. 

25 Euro mehr in drei Jahren

Bei den Lebensmitteln werden die Folgen einer lang anhaltenden Teuerung deutlich. Der aktuelle Testkauf der Arbeiterkammer Wien (AK) in mehreren Supermärkten und Diskontern zeigt, dass ein Einkaufskorb mit 40 Produkten statt 52 Euro im Jahr 2021 mittlerweile satte 78 Euro kostet.

Neben Orangensaft (+162 Prozent) sind auch die Preise von Penne-Nudeln (+97), passierten Tomaten (+87), Mehl (+88) und Butter (+85) seit 2021 explodiert. 

"Billigste Lebensmittel sind teurer denn je, das trifft vor allem Menschen mit geringem Einkommen, insbesondere Familien, aber auch junge wie ältere Menschen. Die nächste Bundesregierung muss alles daransetzen, dass Lebensmittel leistbar sind", teilte die AK mit und sprach dabei von einem "Preisalarm". 

Teuerung bei Billig-LebensmittelnPULS 24 / AK Wien

Für die AK "nicht wirklich genau erklärlich"

Wer oder was ist nun für diese Preisexplosionen verantwortlich? "Es kann auch die Ernte sein, wenn etwa die Orangen- oder die Kaffeeernte schlecht ausfällt, steigen die Preise für diese Produkte", so Gabriele Zgubic, Konsumentenschützerin bei der AK Wien im PULS 24 Interview. Aber diese immense Preissteigerung, die deutlich über der Inflation liegt, "ist uns nicht wirklich genau erklärlich", sagte sie. 

"Man bräuchte jedenfalls eine ständig eingerichtete Preiskommission", man solle aber auch Einsicht nehmen können in die Kalkulation der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette.

Preisexplosion wegen schwacher Ernte

In einige Preise auf dem Weltmarkt hat man zumindest recht transparente Einblicke. Gefrorenes Orangensaftkonzentrat wird beispielsweise mit Futures (Termingeschäften) auch an der Börse gehandelt. Im vergangenen Jahr stieg der Preis für Orangensaft am Weltmarkt um rund 50 Prozent, in den vergangenen drei Jahren waren es sogar über 250 Prozent. 

Beim Orangensaft ist vor allem die schwache Ernte ein Preistreiber. Das wichtigste Land für den Anbau von Orangen ist Brasilien – weltweit 80 Prozent des Orangensafts kommen von dort. Dort sorgt die Kombination aus Hitze und Trockenheit für weniger Ernte. Auch die Krankheit "Greening" sorgt für Probleme.

Ähnlich sieht es beispielsweise beim Kaffee aus, auch bei dem weltweit beliebten Muntermacher fällt die Ernte schlecht aus. Brasilien ist hier ebenfalls ein wichtiges Anbauland und die Trockenheit macht auch vor der Kaffeefrucht keinen Halt.

In einem Jahr legte der Preis für Futures um mehr als 75 Prozent zu, in drei Jahren waren es allerdings "nur" rund 35 Prozent. 

Handelsverband wirft AK "Nahversorger-Bashing" vor

Der Handelsverband weist die Vorwürfe in einer Aussendung vehement zurück. "Auch in den Zeiten der zweistelligen Inflationsraten im Jahr 2023 war der Handel nicht Nutznießer, sondern Leidtragender der Preissteigerungen. Unter den stark gestiegenen Kosten für Energie, Miete, Transport und Personal hat die Branche bis heute zu leiden", so Geschäftsführer Rainer Will. 

Der Verband appelliere daher an die AK, auf "Nahversorger-Bashing" zu verzichten, der Lebensmittelhandel verdiene sich kein "Körberlgeld". Die Teuerung bei Lebensmitteln habe bereits im ersten Halbjahr 2023 aufgehört, seither habe es nur noch "geringfügige" Änderungen gegeben. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die Teuerungswelle hat sich neben Energie und Wohnen bei vielen auch im Supermarkt bemerkbar gemacht.
  • Neue Zahlen der Arbeiterkammer Wien zeigen das Ausmaß der Preisexplosion bei billigen Lebensmitteln.
  • Doch der Handelsverband wehrt sich.