Wien-Wahl
So wählt eine Schule in Favoriten
Nicht allen ist bekannt, dass Wien am 27. April einen neuen Gemeinderat wählt. "Ich weiß es nur, weil's in meinem Gebäude ausgehangen ist", sagt Augustina (Name von der Redaktion geändert, Anm.) im PULS 24 Gespräch.
Die 18-Jährige maturiert heuer im GRG 10 Laaerberg Gymnasium, nur wenige Minuten vom übel beleumdeten Reumannplatz entfernt. Immer wieder gab es dort Messerstechereien, FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp machte die "Massen-Asylpolitik" verantwortlich. Favoriten sei ein "Brennpunkt für importierte Gewalt".
Angst vor Abbau der Sozialleistungen
Das Thema Asyl wird dementsprechend im Wahlkampf viel bemüht, das wissen auch die Schüler:innen am Laaerberg Gymnasium. Kein Wunder, Migration gehört für sie zum Alltag: "Viele Leute in dieser Schule haben die österreichische Staatsbürgerschaft nicht", erzählt Efthymios.
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Insgesamt besitzen 44 Prozent in Wiens größtem Gemeindebezirk ausländische Staatsbürgerschaften. Dazu gehört auch Efthymios. Er kam vor acht Jahren aus Griechenland nach Wien. In seiner Erzählung wirkt der vermeintliche Problembezirk aber ganz anders als teils in den politischen Horror-Szenarien: "Was Wien erfolgreich gemacht hat und was auch die Lebensqualität ausmacht, ist, dass der Staat indirekt und nicht direkt involviert ist." Die FPÖ wolle soziale Unterstützung abbauen, so der Achtklässler.
"Das ist für mich die echte Gefahr, die es jetzt in der Politik gibt. Weil wenn du das wegmachst, dann ist es nicht nur für die Ausländer schlecht, dann ist es für alle schlecht", warnt er.
Villacher Anschlag schlägt Wellen in Wien
Überhaupt ist die FPÖ bei den Schüler:innen sehr präsent, allerdings stößt sie bei ihnen auf wenig Begeisterung: "Man sieht wirklich nur die FPÖ-Plakate, aber auch nichts Inhaltliches. Wirklich plakativ", meint Augustina. Die anderen pflichten ihr bei, auch auf YouTube würden sie viel Content von den Freiheitlichen reingespült bekommen.
Dabei spiele die FPÖ besonders mit der "Angst der Menschen". Das würden auch Reaktionen zu dem jüngsten Anschlag in Villach zeigen, bei dem ein 23-jähriger Syrer einen 14-Jährigen getötet hat. "Sobald, was in Villach passiert, heißt es wieder, es hätte jemand von uns sein können", merkt der 17-jährige Arda an.
"Es gibt einen Unterschied zwischen islamistisch und islamisch, aber das weiß ja keiner", sagt Norhan resigniert. Sie stört: "Auch, wenn ein Täter die österreichische Staatsbürgerschaft hat, dann heißt es, 'ja, aber mit afghanischem Hintergrund'."
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Arda und seine Mitschüler:innen wünschen sich, dass die Politik mehr mit ihnen zusammenarbeitet, "weil eigentlich geht's ja um uns und nicht um die da oben."
Wie Wien wählt
Was würden die Schüler:innen wählen?
Generell fühlen sie sich kaum von den Parteien repräsentiert. Auch fehle es an "Vertrauen", so Efthymios. Am Stimmzettel müsse man sich "für das kleinere Übel entscheiden", stimmt Arda zu.
Am ehesten kann sich die 17-jährige Angelina mit den NEOS identifizieren, sie würden sich zumindest für junge Menschen einsetzen. Efthymios hingegen tendiert zu SPÖ oder KPÖ, erzählt er.
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Ähnlich geht es Umar, die KPÖ würde "die meisten Menschenrechte" vertreten. Doch "keine Partei macht wirklich das, was man will." Der Achtklässler kann bei der anstehenden Wahl allerdings nicht am Urnengang teilnehmen. Er zählt zu dem mehr als einem Drittel der Bewohner in Wien, die nicht abstimmen dürfen.
"Panik" vor FPÖ in Regierung
Umar wurde zwar in Österreich geboren, ist aber pakistanischer Staatsbürger. Es sei "frustrierend", nicht in dem Land mitbestimmen zu können, in dem er auch lebt. Besonders nach der vergangenen Nationalratswahl: "Als ich gesehen habe, dass die FPÖ gewonnen hat, hab' ich einfach nur Panik gehabt", sagt er.
Bei der Wien-Wahl muss er auf seine Kolleg:innen vertrauen – die können alle zumindest auf Bezirksebene wählen, da sie EU-Bürger:innen sind. Und auch, wenn manche von ihnen erst kürzlich von der Wahl erfahren haben, eines ist für sie alle klar: Sie werden von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, erklären sie einstimmig.
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Wie Wien wählt
Wien wählt, aber wie? PULS 24 ging für die Reportageserie "Wie Wien wählt" auf die Suche – vom Brunnenmarkt bis in die Lugner-City, vom Pflegeheim bis in die Schule, zu den Fiakern und den Würstlern. Und alles dazwischen.
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Zusammenfassung
- Favoriten - der "Brennpunkt für importierte Gewalt", wenn es nach der FPÖ geht.
- Im Wien-Wahlkampf sind Asyl und Migration wenig überraschend die großen Themen.
- "Plakativ", nennen das Schüler:innen im zehnten Bezirk.
- Die Freiheitlichen würden "Angst" schüren, von den anderen Parteien fühlen sie sich im Stich gelassen.
- PULS 24 war im GRG 10 Laaerberg Gymnasium mitten in Wien-Favoriten und hat sich bei den Schüler:innen umgehört.