Blau-türkise Wirtschaftspläne "völlig unrealistisch"

Die kommende Regierung, die am ehesten aus FPÖ und ÖVP bestehen wird, steht vor einer Mammutaufgabe. Im Budget fehlen Milliarden, gleichzeitig liegt die Wirtschaft am Boden. Aber was würde Blau-Türkis für die Wirtschaft bedeuten? Das diskutieren zwei Ökonomen auf PULS 24.

Am Budget ist schon das Dreiergespann aus ÖVP, SPÖ und NEOS zerbrochen – nun liegt es an FPÖ-Chef Herbert Kickl, eine neue Regierung zu bilden. Dazu starten nun Verhandlungen mit der ÖVP. 

Was die Wirtschaft betrifft, gebe es "viele Überschneidungen", meinte Jan Kluge, Ökonom beim liberalen Think-Tank Agenda Austria im PULS 24 Gespräch. Und auch Oliver Picek, Ökonom beim gewerkschaftsnahen Think-Tank Momentum Institut, meint: "Es wird eine sehr unternehmerfreundliche Regierung". 

Mit leeren Kassen muss das aber auch erst einmal finanziert werden. Beim Blick auf das Wahlprogramm der FPÖ finden sich Forderungen nach Senkungen von Steuern und Abgaben. Wie das Geld dann wieder hereinkommen soll, ist allerdings nicht ganz klar. 

Die FPÖ "braucht schon ein sehr starkes Korrektiv" in der Regierung, so Kluge. Sie sei sonst in der Wirtschaftspolitik "hochgradig gefährlich".

Senkung von Steuern und Lohnnebenkosten

Steuersenkung auf die Gewinne von Unternehmen und eine Senkung der Lohnnebenkosten – dahingehend sind sich die beiden Parteien einig. Die FPÖ habe sich in diesen Fragen an die Volkspartei angenähert, so Kluge. 

Werden diese "Steuern und Abgaben auf Arbeit" gesenkt, "dann fehlt natürlich Geld", so Picek. "Problematisch" ist für den Momentum-Ökonomen zudem, wem so eine Senkung zugutekomme. Die Hälfte der Senkung würde dem Top-1-Prozent der Unternehmen helfen – er nennt hier Rewe, Spar oder die Voestalpine als Beispiel. "Die Kleinunternehmer haben eigentlich nicht so viel davon". 

Video: Blau-Türkis: Zuerst Feind, jetzt Freund?

Durch das fehlende Geld wären dann schlechtere Leistungen im Sozialstaat die Folge. Aber Kluge widerspricht: "Warum muss das über den Faktor Arbeit finanziert werden?" Man könne das aus allgemeinen Steuern bezahlen. Dann wären die Punkte auch eine Frage für das Budget und es müsse verhandelt werden, was davon man "durchaus weiterhin" brauche, so Kluge.

Denn an den Lohnnebenkosten müsse sich etwas ändern: "Wir haben wahnsinnig hohe Arbeitskosten", sie seien auch mehr gestiegen als bei den europäischen Nachbarn.

CO₂-Steuer & Klimabonus: Dann haben wir den "Tod der Klimapolitik"

"Teilweise" sinnvoll sind für Kluge die grünen Förderungen, die nun zur Debatte stehen. Viele davon hält er aber nicht für zielgerichtet. "Wir fördern Häuslbauer für PV-Anlagen und Ladestationen für E-Autos, wo man sagen muss: Die bräuchten das jetzt nicht. Mieterhaushalte in Wien zahlen mit ihren Steuern die Subventionen für die Häuslbauer irgendwo am Land".

Ähnlich sieht er das bei der CO2-Steuer und dem Klimabonus. "Das Konzept ist nicht verkehrt" – doch bei der Rückverteilung sei teilweise "überkompensiert" worden. 

Picek erwartet von der kommenden Regierung den "Tod der Klimapolitik". Er erwartet, dass Maßnahmen wie das Klimaticket und der Klimabonus "komplett abgeschafft" werden. Er sei "auch nicht ganz glücklich" gewesen, wie es in der vergangenen Regierung gelaufen ist, aber immerhin sei etwas passiert. 

Würden die Subventionen nun gestrichen, bliebe gar keine Klimapolitik mehr übrig. 

Wie soll das Budgetloch gestopft werden? 

Projekte und Entlastungen, die Geld kosten - gleichzeitig das Versprechen, keine Steuern zu erhöhen. "Steuererhöhungen sind immer schwierig", so Kluge. Aber: Es brauche sechs Milliarden Euro, "die wir irgendwie finden müssen".

Deshalb müsse man die Frage stellen: "Warum geben wir denn im Moment so viel mehr Geld aus?" Sein Vorschlag ist deshalb ein Budgetdeckel in den Koalitionsverhandlungen. "Inflationsbereinigt dürft ihr nicht mehr ausgeben, als es im Jahr 2019 der Fall war", ansonsten müsse man das begründen – etwa beim Thema Verteidigung könne das gerechtfertigt sein. 

Geht sich das alles aus? 

Andere Möglichkeiten für den Agenda-Austria-Ökonomen wären: Unternehmenssubventionen "zurückfahren", Dieselprivileg streichen, Nulllohnrunden bei Beamten und Pensionisten. "So viele Sachen, wo man diese sechs Milliarden finden kann." Aber: "Ob ÖVP und FPÖ dazu in der Lage sind, ich würde es leicht bezweifeln". 

Picek zweifelt ebenfalls: "Dann wird es nicht ohne soziale Einschnitte gehen" – etwa länger arbeiten oder bei den Pensionisten sparen. Dann "zusätzlich noch einmal 20 Milliarden Euro an Steuer- und Abgabensenkungen machen – das halte ich für völlig unrealistisch". 

ribbon Zusammenfassung
  • Die kommende Regierung, die am ehesten aus FPÖ und ÖVP bestehen wird, steht vor einer Mammutaufgabe.
  • Im Budget fehlen Milliarden, gleichzeitig liegt die Wirtschaft am Boden.
  • Aber was würde Blau-Türkis für die Wirtschaft bedeuten?
  • Das diskutieren zwei Ökonomen auf PULS 24.