"Grausliches Weihnachtsgeschenk" bei KTM: Was jetzt kommt
"Es macht sich jeder Sorgen", berichtet ein Mitarbeiter von KTM im Ö1-Morgenjournal. Über die Gründe und Ursachen können die Menschen in Mattighofen auch nur spekulieren. Eine Frau meint vor dem ORF-Mikrofon aber: "Falsches Management. Zu Tode gewachsen, würde ich sagen. Produziert en masse, aber die Nachfrage nicht mehr da." Ein anderer ergänzt: "Überproduktion war ein großes Thema. Mangelnde Qualität war ein Thema in letzter Zeit."
Bei vielen der mehr als 3.500 Mitarbeiter:innen, die von der Pleite betroffen sind, sitzt der Schock tief. Das Weihnachtsgeld und die Löhne und Gehälter für November können nicht bezahlt werden. Das ist rechtlich aufgrund der Insolvenz erst dann möglich, wenn das Sanierungsverfahren eröffnet wird.
Weihnachtsgeld nach Weihnachten
Einspringen wird der Insolvenzentgeltfonds – das kann aber mindestens einen Monat dauern. Auf das Weihnachtsgeld müssen die Beschäftigten also noch bis nach dem Christkind warten. Dafür zieht KTM das Dezembergehalt schon auf kommende Woche vor, um "Härtefälle" zu vermeiden.
Die Löhne und Gehälter sollen dann im Jänner wieder normal kommen – genauer gesagt im Rahmen der 30 Stunden, auf die die Arbeitszeit verkürzt wird.
Für Reinhold Binder, Chef der Metaller-Gewerkschaft Pro-GE habe nun "oberste Priorität", dass "kein einziger Cent verloren geht", sagt er bei Ö1: "Schrecklich ist, dass die Arbeitnehmer jetzt ein grausliches Weihnachtsgeschenk unter den Christbaum gelegt bekommen haben".
Video: Insolvenz naht - Zittern bei KTM
Die Situation bei KTM zeige aber erneut, "wie wichtig Lohnnebenkosten sind", denn der Insolvenzfonds würde daraus finanziert, so Binder.
90 Tage Zeit – Wie viele Jobs werden gestrichen?
Ist das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet, hat KTM 90 Tage Zeit, um sich mit den Gläubigern auf einen Sanierungsplan zu einigen. Mit welchen Maßnahmen dann das orange Motorrad wieder in Gang gebracht werden soll, wird sich erst zeigen.
Schon vor zwei Wochen stand fest, dass zwischen 280 und 300 Stellen gestrichen werden. Beim Arbeitsmarktservice (AMS) bereite man sich aber auf den "worst case" vor, berichten die "Oberösterreichischen Nachrichten". OÖ-Landesgeschäftsführerin Iris Schmidt sagte der Zeitung: "Wir bündeln die Kräfte, damit wir die Betroffenen bestmöglich betreuen. Im Zentrum steht zuerst die Existenzsicherung".
Für die Region könnte KTM allerdings auch erst "der Anfang" sein, fürchtet Klemens Steidl, Obmann der Wirtschaftskammer Braunau. Er hat Sorge, dass Zulieferer mitgerissen werden könnten, eine Pleitewelle im Innviertel die Folge. "Mir fallen ad hoc sicher 15 Betriebe ein, die das alles voll trifft", sagte er zu den "ÖON".
Wie kam es zur Pleite?
Obwohl KTM eigentlich einige Rekordjahre hinter sich hat, ging es nun rasch bergab. Warum? "Diese Frage muss man dem Management stellen", so Binder. Fest stehe, dass es ein generelles Problem in der Industrie sei, besonders im Automotive-Sektor.
Aber: Immer wieder wurde KTM von öffentlicher Hand unterstützt. "Corona-Förderungen sind geflossen en masse", so Binder. Auch das Land Oberösterreich sprang mit einer millionenschweren Haftung schon einmal in die Bresche. "Natürlich hätte sich jeder erwartet, dass es hier einen vernünftigen Zukunftsplan gibt." Es dürfte jedenfalls ein dreistelliger Millionenbetrag fehlen.
Auf die Frage angesprochen, ob nicht auch die Lohnabschlüsse zu hoch waren, meinte der Gewerkschafter: "Die vergangene Bundesregierung hat die Teuerung absolut durchrauschen lassen". Das habe "wahnsinnige Kosten" für die Unternehmen verursacht – gerade bei der Energie. Was die Wirtschaft betrifft, forderte er von der kommenden Regierung einen "längerfristigen Plan", um die Industrie wieder in Schwung zu bringen.
Zusammenfassung
- Für viele kommt der am Freitag erwartete Insolvenzantrag bei KTM überraschend.
- Mitarbeiter:innen sind verunsichert, für die Gewerkschaft ist es ein "grausliches Weihnachtsgeschenk".
- Was die nächsten Schritte sind.