Euro und DollarAPA/AFP/FRED TANNEAU

Fed hebt Leitzins weiter an

Die US-Notenbank Fed hat trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht - gleichzeitig aber einen Kurswechsel angekündigt.

"Wir geben nun nicht mehr an, dass wir davon ausgehen, dass laufende Zinserhöhungen angemessen sein werden, um die Inflation zu dämpfen", sagte Fed-Chef Jerome Powell bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die größte Notenbank der Welt signalisiert für dieses Jahr nur noch einen weiteren Zinsschritt.

Leitzins nun zwischen 4,75 bis 5,0 Prozent

Powell versicherte außerdem, dass das Bankensystem in den USA "solide und widerstandsfähig" sei. Der Leitzins liegt nun in einer Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Angesichts der Bankenkrise habe die Fed sogar eine Zinspause in Betracht bezogen. Die Turbulenzen im Finanzsektor würden die finanziellen Bedingungen verschärfen, sagte Powell. Verschärfte Kreditbedingungen könnten einen ähnlichen Effekt haben wie Zinserhöhungen. Powell hatte erst Anfang März angedeutet, dass wieder größere Zinssprünge möglich sein könnten. "Tatsächlich sah es vor ein paar Wochen so aus, als müssten wir die Zinsen im Laufe des Jahres erhöhen", bekräftigte er. Diese Haltung habe sich aber nun geändert.

Denn die Bankenkrise rund um die Silicon Valley Bank hat ein Hemmnis für weitere deutliche Zinsanhebungen dargestellt. Die stark gestiegenen Zinsen gelten als ein Grund für die Probleme im amerikanischen Bankensektor. Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise. Die Auswirkungen der Unruhe könnten nun als "gleichwertig" mit Zinserhöhungen angesehen werden, so Powell.

Verbraucherpreise zu hoch

Der Fed-Chef betonte auch, dass die Verbraucherpreise in den USA weiter zu hoch sein. Jüngste Daten zeigen zwar, dass die hohe Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt auf dem Rückzug ist. Doch die Fed erwartet in ihrer jüngsten Prognose für dieses Jahr im Schnitt eine Inflationsrate von 3,3 Prozent - das ist etwas mehr, als noch vor drei Monaten angenommen. Die von der Fed mittelfristig gewünschte Inflationsrate liegt bei zwei Prozent - davon sind auch die neuen Zahlen noch entfernt. Auch die Wirtschaft soll der Schätzung nach etwas weniger wachsen als noch im Dezember vorhergesagt.

Powell betonte nun außerdem, dass die Fed bereit sei, "alle Instrumente" einzusetzen, um die Sicherheit des Bankensystems zu gewährleisten. Mit Blick auf den Kollaps der Silicon Valley Bank sprach er von einem Versagen des Managements. Man müsse aber aus dieser Krise lernen. Die Fed war für die Aufsicht der gescheiterten Bank zuständig. "Wie konnte das passieren, das ist die Frage", so Powell, der zuletzt wegen des Bankenkollaps in der Kritik stand.

Die US-Notenbank Fed habe wegen der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten eine mögliche Pause bei den Zinserhöhungen in Erwägung gezogen, sagte Powell zudem. "Wir haben das in den vergangenen Tagen erwogen."

Die Konjunkturdaten hätten aber für Zinserhöhungen gesprochen, während der Bankenstress dem entgegengewirkt habe, setzte Powell fort. Die Zinserhöhung sei jedoch breit unterstützt gewesen. Es gab auch keine Gegenstimme im geldpolitischen Ausschuss.

Bankenkrise

Auslöser der Bankenkrise Anfang März war die Abwicklung des auf die Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital. Ein paar Tage später wurde das auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Weitere kleine Banken gerieten ins Straucheln. In Europa geriet die Schweizer Großbank Credit Suisse in die Krise.

Im vergangenen Jahr hatte die Fed mehrmals den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben, aber das Tempo zuletzt verlangsamt und im Februar ebenfalls auf einen kleinen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten gesetzt. Für die Fed ist die Zinspolitik ein Spagat: Sie muss zeigen, dass sie die Turbulenzen im Bankensektor ernst nimmt - aber gleichzeitig im Kampf gegen die hohe Inflation nicht nachlässt. Powell machte deutlich, dass der Weg zu niedrigeren Verbraucherpreisen "holprig" sein werde.

Fed-Chef Jerome Powell betonte, dass sich die Zentralbank nun vortasten werde - "von Sitzung zu Sitzung". Dabei werde sie auch die Effekte des Bankenbebens auf die Kreditvergabebedingungen im Auge halten, die sich verschärfen dürften. Zinssenkungen seien in diesem Jahr nicht Teil des Basisszenarios der Währungshüter.

Diese strichen zugleich eine Passage aus ihrem Text, wonach weitere Zinserhöhungen angemessen sein dürften. Stattdessen spricht die Fed jetzt davon, dass noch "eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung" angebracht sein könnte. An den Terminmärkten wurde die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Erhöhung auf der Sitzung im Mai auf 62 Prozent taxiert.

US-Aktienindizes drehten ins Plus

Ökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank ist hingegen der Ansicht, dass die Fed mit der Zinserhöhung im aktuellen Zyklus am Ende angelangt sei. Denn sie werde in den kommenden Monaten keinen triftigen Grund für weitere Zinsanhebungen haben, da die Inflation weiter abebben dürfte und sich voraussichtlich die konjunkturellen Aussichten eintrübten: "Letztere könnte sich mit den Bankturbulenzen sogar noch beschleunigen - vor allem bei einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen durch die Banken."

Die wichtigsten US-Aktienindizes drehten nach dem Fed-Zinsentscheid ins Plus und gewannen zwischen 0,6 und 1,2 Prozent. Auch Öl, Gold und der Euro knüpften an ihre Gewinne an. Im Gegenzug weitete der Dollar-Index, der den Wert der US-Währung gegenüber anderen wichtigen Devisen misst, frühere Verluste aus.

Nach Ansicht der Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, steckt die Zentralbank derzeit in einer verzwickten Situation: "Die Fed begeht bei ihrem Zinsentscheid den schmalen Grat den Kampf gegen steigende Preise fortzusetzen und gleichzeitig finanzielle Stabilität auch im Bankensektor beizubehalten." Die Entscheidung der US-Notenbank sei riskant, meint DIW-Chef Marcel Fratzscher. Mit dem Kompromiss versuche die US-Notenbank ihre Ziele von Preisstabilität und Finanzstabilität nicht noch stärker zu unterminieren. Gleichzeitig schaffe die Entscheidung jedoch Unsicherheit und könne die Glaubwürdigkeit der Notenbank beschädigen: "Sie setzt auf das Prinzip Hoffnung und darauf, dass die Zinserhöhungen keine weiteren Banken in Schieflage bringen."

Weitere Hilfsmaßnahmen für kleinere Banken

US-Finanzministerin Janet Yellen machte jüngst zwar Fortschritte bei der Stabilisierung der US-Bankenbranche aus. Bei kleineren Geldhäusern könnten aber weitere Hilfsmaßnahmen nötig werden, sollte es dort einen Ansturm der Kunden geben, um ihre Einlagen abzuziehen. Solche sogenannten Bank Runs können auch bei anderen Instituten zu Verwerfungen führen, wenn das Vertrauen der Kunden schwinde. Der Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, zeigte sich in einer ersten Reaktion denn auch wenig begeistert von der Zinsentscheidung der Fed. Er sei besorgt über die Folgen für die Wirtschaft, sagte der Demokrat.

ribbon Zusammenfassung
  • Die US-Notenbank Fed setzt trotz des jüngsten Bankenbebens ihre Serie an Zinserhöhungen fort.
  • Sie erhöhte den Schlüsselsatz am Mittwoch um einen Viertel-Prozentpunkt auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent.