EU und Green Deal: Warum die Finanzmärkte sich ums Klima sorgen
Klimakrise, Mobilitätswende, Umweltschutz - all diese Dinge sind große Diskussionspunkte im Rahmen der aktuellen EU-Wahlkampagnen. Ein wenig beachteter Aspekt sind aber die realen Auswirkungen der immer häufigeren Umweltkatastrophen und die damit verbundenen Kosten. Schäden durch Fluten, Feuer oder Schädlinge können ganze Staaten in die Knie zwingen - und Geld und Reparaturen beseitigen die Risiken nicht.
Unter anderem für die Landwirtschaft kommt die Klimakatastrophe sehr teuer: Allein in Österreich entstanden laut Hagelversicherung 2023 250 Millionen Euro Schaden. Das sind 70 Millionen Euro mehr also noch 2022.
Das größte Risiko in Österreich besteht bei Überschwemmungen: Hier ist die Deckung durch Versicherungen am geringsten.
Durch den Klimawandel nehmen Risiken zu und die Schäden werden immer größer. Das führt dazu, dass die Versicherungsprämien steigen. Diese "Faktoren können dazu führen, dass die Versicherungsprämien so hoch sind, dass normale Leute sagen, das geht sich nicht mehr aus - und dann gibt es Unterversicherung", so Wolfgang Pointner.
Er ist Advisor bei der Österreichischen Nationalbank mit Fokus auf Geldpolitik, Klimawandel und dessen finanzielle Risiken.
In den USA gibt es für Katastrophenfälle sogenannte Catastrophe-Bonds. Die erzielten auch in den letzten 0-Zins-Jahren zwischen 7 und 8 Prozent Zinsen. Tritt keine Katastrophe ein, wird samt Prämie ausbezahlt; kommt es zum Notfall, dann wird das investierte Geld von der Versicherung verwendet, um Schäden zu bearbeiten.
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Damit kann finanzielles Risiko durch Umweltkatastrophen auf den Finanzmärkten aufgegriffen werden, aber: In Österreich würden viele bei einem Hochwasser damit rechnen, dass der Staat für Schäden aufkommt; daher ist der Anreiz für eine private Naturkatastrophenversicherung geringer. Langfristig sei aber durch den Klimawandel für rein staatliche Entschädigungen auch das öffentliche Geld zu knapp, so Pointner.
Nur ein Viertel der Schäden durch Umweltkatastrophen sind in Europa versichert, das stellt ein großes Risiko für Betroffene dar.
Unwetter in Slowenien: "Die Menschen haben zum ganz großen Teil alles verloren"
Schäden in Höhe von 11 Prozent des BIPs
Die Auswirkungen von Wetterkatastrophen treffen nicht nur Einzelpersonen: Die Kosten für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe in Slowenien im August 2023 betrugen 6,7 Milliarden Euro - das sind elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Rating-Agentur Fitch sah die Schäden sogar in der Höhe von 10 Milliarden - also 16 Prozent der Gesamtwirtschaft. Ein Großteil der Gelder wurde von der EU zur Verfügung gestellt.
Warum Finanzwirtschaft und Energiewende?
In Österreich hat auch die Österreichische Nationalbank Interesse daran, dass Risiken, wie durch die Klimakrise, minimiert werden, denn sie soll für Preis- und Finanzstabilität sorgen.
Das treffe auch die Umstellung des Produktionssektors auf Grüne Energien - denn der Ausstieg aus fossilen Energien kann zu großen Preisschwankungen führen, weil diese Energien auch durch geopolitische Spannungen immer teurer kommen können. Wind- und Photovoltaiktechnologien stellen mittlerweile kostengünstige Alternativen dar.
Österreichs Banken müssen Risiken, wie durch Katastrophen und Kriege, bereits jetzt berechnen und ausweisen.
Österreich zukunftsfit machen
Was in der Bepreisung von fossilen Energien nicht einberechnet ist, seien die Schäden für Menschen, so Pointner. Es würden langfristig Kosten verursacht. Das sei Marktversagen, so der Nationalbank-Advisor. Normalerweise wäre das das "sogenannte Verursacherprinzip, dass der, der einen Schaden verursacht, auch die Kosten dafür tragen soll".
Außerdem können Investitionen in fossile Energien zu sogenannten "Stranded Assets" werden - zum Beispiel, wenn ein Öl- oder Gasfeld in einem Kriegsgebiet wegen ebendiesem oder der Energiewende nichts mehr wert ist. Auch mit derartigen Investitionen, also Risikos, könnten sich Unternehmen langfristig schädigen, so Pointner.
15 Prozent von Österreichs gesamten Treibhausemissionen gehen aktuell auf die Stahlindustrie zurück - und diese Betriebe wissen, dass sie auf grüne Technologien umstellen müssen. Hier sei nun die Politik am Zug, um die Umstellung auch möglich zu machen, so Pointner. Oftmals wird hier - von anderen Experten - kritisiert, dass Umweltprüfungsverfahren viel zu lange dauern.
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Finanzmärkte als EU-Thema
Auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) lässt auf Anfrage von PULS 24 wissen, dass Nachhaltigkeit für die Finanzwirtschaft eine große Rolle spielt. So würden auch Fonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit in Österreich am stärksten wachsen.
Reguliert wird dieser Bereich zu 90 Prozent über die EU - das heißt, sie ist hier eine treibende Kraft. "Ein gemeinsamer grenzenloser Wirtschaftsraum braucht auch - nicht zuletzt aus Wettbewerbsgründen - gemeinsame Regeln", so die FMA gegenüber PULS 24.
Den Green Deal gibt es, um Europa und die Welt vor der Zerstörung durch die Klimakrise zu schützen. Ein Hauptziel ist es, die Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Bis 2050 sollen in Europa keine Netto-Treibhausgase ausgestoßen werden und Wirtschaftswachstum soll von Ressourcennutzung abgekoppelt werden.
Bis 2030 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen bis mindestens 55 Prozent gegenüber 2030 gesenkt werden. In Österreich sieht es aktuell mit dem Erreichen dieser Ziele schlecht aus, denn: Im Vergleich zu 1990 sind die Emissionen Österreichs um 3 Prozent gestiegen.
Ganz anders sieht das Erreichen diese Ziele zum Beispiel in Schweden aus: Hier wurden die Emissionen bis 2022 um drei Viertel reduziert.
Wie Österreich das schaffen will, ist unklar, als einziges EU-Land hat Österreich keinen Nationalen Energie- und Klimaplan.
Zusammenfassung
- Die Klimakrise hat direkte Auswirkungen auf die Finanzmärkte und bedroht den Wohlstand in Österreich.
- Umweltkatastrophen wie Fluten, Feuer und Schädlinge nehmen zu und stellen große Risiken dar.
- In der Landwirtschaft sind Schäden teilweise nicht mehr versicherbar.
- Deshalb ist es auch Österreichs Finanzwirtschaft ein Anliegen, Risikos in diesem Bereich zu minimieren.