ÖEHV-Team liefert sensationellen WM-Fight gegen Kanada
Die ÖEHV-Auswahl lag am Dienstag in Prag gegen Weltmeister Kanada nach zwei Dritteln mit 1:6 zurück, spielte sich im letzten Abschnitt in einen Spielrausch und schenkte dem Rekordweltmeister mit gnadenloser Effizienz fünf Tore ein. In der Verlängerung schoss Superstar John Tavares den haushohen Favoriten schließlich zu einem 7:6-(3:1,3:0,0:5,1:0)-Sieg.
"Nach dem zweiten Drittel hat keine Mensch auf der Welt mehr an uns geglaubt. Wahnsinn, ich krieg das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Geil", meinte Dominic Zwerger. Auch Marco Rossi konnte es kaum fassen.
Stolzer Rossi
"Nach zwei Dritteln war es schwer, noch daran zu glauben - eigentlich unmöglich. Auf einmal haben wir angefangen, Tore zu schießen, beim 6:3, 6:4 ist der Glaube gekommen. Natürlich hatten wir dann auch das Glück auf unserer Seite. Dieses Spiel werden wir nie vergessen", erklärte der Stürmer, der das Spiel 49 Sekunden vor Schluss in die Verlängerung geschossen hatte.
Noch nie hatte Österreich gegen den Rekordweltmeister in einem Bewerbspiel mehr als zwei Tore erzielt, am Dienstag brachen bei den mit vielen NHL-Stars angereisten Kanadiern aber im Finish alle Dämme.
Nach dem 1:2 von Benjamin Nissner (11.) sorgten Benjamin Baumgartner (44.), Peter Schneider (45., 56.), Zwerger (51.) und Rossi (60.) für ein Comeback, das in die österreichische Eishockey-Geschichte eingeht. Österreich holte damit nach 2004 ebenfalls in Prag (2:2) zum zweiten Mal in der Geschichte einen Punkt gegen Kanada.
Verrücktes WM-Spiel
"Ich bin seit 30 Jahren Coach und habe schon crazy games [verrückte Spiele, Anm.] erlebt. Ich habe ab dem 6:4 überlegt, den Torhüter rauszunehmen. Da war so eine Euphorie, wir sind auf einer Wolke geflogen. Im letzten Drittel fünf Tore gegen Kanada aufholen, kann man kaum toppen", sagte Teamchef Roger Bader nach dem denkwürdigen Abend vor 14.700 Fans in der O2-Arena.
Bader gab wie im Auftaktmatch David Madlener den Vorzug im Tor, der am Vortag aus Nordamerika angekommene Thimo Nickl kam in der Verteidigung statt Kilian Zündel zum Einsatz. Auch zwei Sturmreihen stellte er um, trennte die Salzburger Linie und ließ Schneider anstelle von Mario Huber mit Rossi und Zwerger stürmen.
Zwei Drittel lang entwickelte sich ein Match, wie es zu erwarten war. Die mit vielen NHL-Stars angereisten Kanadier spielten ihre Klasse aus und setzten sich laufend im Angriffsdrittel fest, der rot-weiß-rote Außenseiter wehrte sich mit viel Kampfgeist. Dylan Cozens (7.) und Kaiden Guhle (10.) brachten den Titelverteidiger rasch in Führung.
Nissner mit Anschlusstreffer
Mit der ersten Chance holten sich aber auch die Österreicher ein Erfolgserlebnis. Nach Vorarbeit von Mario Huber staubte Nissner zum 1:2 ab (11.). Eine unglückliche Aktion brachte den dritten Gegentreffer, ein Schuss von Bowen Byram weit neben das Tor sprang von der Hüfte von Paul Huber ins Tor (14.).
Nach einem Tor von Jared McCann (23.) schlug auch Connor Bedard (30.) zu. Der Jungstar erzielte seinen fünften Turniertreffer, liegt damit ex aequo an der Spitze der Torschützenliste und ist der erste 18-Jährige seit Sidney Crosby 2006, der in seinen ersten drei WM-Spielen traf. Madlener, der viele starke Paraden zeigte, sah dabei nicht gut aus.
Pierre-Luc Dubois erzielte den sechsten kanadischen Treffer (38.), im Schlussdrittel aber drehten die Österreicher auf. Zunächst schloss Baumgartner einen Konter über Schneider sicher ab, 54 Sekunden später traf Schneider selbst, und schließlich knallte Zwerger den Puck ins Netz. Damit kehrte auch der Glaube an eine Sensation zurück.
Spannendes Finale
Schneider verkürzte auf 5:6 und 49 Sekunden vor der Schlusssirene vollendete Rossi das Comeback. In der Verlängerung machte Kanadas Kapitän Tavares aber nach 15 Sekunden Schluss. Österreich jubelte dennoch über den ersten Punkt im Kampf um den Klassenerhalt und tankte mit viel Moral Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben.
Nach einem Tag Pause geht es für das ÖEHV-Team am Donnerstag (16.20 Uhr) gegen Olympiasieger Finnland weiter, am Freitag (20.20 Uhr/ORF Sport Plus & JOYN) wartet WM-Gastgeber Tschechien.
"Gegen Kanada und dann gegen Finnland und Tschechien holt Österreich normalerweise keine Punkte. Aber wenn in einem Spiel Punkte daliegen, sind das Bonuspunkte, die uns auf dem Weg zum großen Ziel Klassenerhalt helfen können. Der Extrapunkt kann noch sehr wertvoll sein", sagte Bader.
Zusammenfassung
- Österreichs Eishockeyteam erkämpfte sich bei der WM in Prag ein sensationelles Unentschieden gegen Kanada, nachdem sie einen Rückstand von 1:6 aufholten.
- Marco Rossi schoss 49 Sekunden vor Schluss das Ausgleichstor zum 6:6, was die Verlängerung erzwang, in der John Tavares den 7:6-Siegtreffer für Kanada erzielte.
- Das Spiel, das vor 14.700 Fans stattfand, wird als eines der denkwürdigsten in die Geschichte des österreichischen Eishockeys eingehen.