Hamilton vermeidet vorzeitiges Brasilien-Desaster im Sprint
"Das ist noch nicht vorbei", funkte Hamilton angriffslustig nach erfolgreicher Aufholjagd. Während er seinen Silberpfeil einparkte, legte man aus der Box mit einem süffisanten Hinweis nach: "Lewis pass auf, dass du keine anderen Autos angreifst." Hamilton hatte zuvor einen weiteren Tiefschlag in Interlagos zu verdauen gehabt. Die Rennkommissare stuften seinen am Freitag zum Einsatz gekommenen Heckflügel als illegal ein. Die Folge war der Verlust des ersten Startplatzes für den Sprint, und die Versetzung ans Ende des Feldes.
Mercedes entschied sich gegen eine Beeinspruchung der Strafe, die 18 Stunden nach dem Vergehen ausgesprochen wurde. Hamilton pflügte dann im Eiltempo durchs Feld, lag zur Halbzeit der 24 Runden schon in den Top Ten und wurde einigermaßen sensationell sogar Fünfter. Dies entspricht wiederum nicht dem Startplatz des siebenfachen Weltmeisters für Sonntag. Mercedes hatte schon vor dem Qualifying einen Motorwechsel in Hamiltons Wagen und damit eine Strafversetzung um fünf Plätze in Kauf genommen - oder nehmen müssen.
Verstappen erlebte zunächst einen Katastrophen-Start. Bottas (zweiter Sprint-Sieg nach Monza) luchste ihm die Führung ab, der Dritte Carlos Sainz zog kurz darauf - ebenfalls mit Softreifen - vorbei. Verstappen, der Medium-Pneus aufgezogen hatte, haderte mit der Synchronisierung der Gänge, schnappte sich dann aber Sainz und ging mit langsamer abbauenden Reifen auf Bottas-Jagd. Der Mercedes aber war schnell, Verstappen steckte zurück und ließ sich weitere zwei Punkte aufs WM-Konto gutschreiben.
Neunmal konnte der RB-Star heuer schon gewinnen, die Chancen auf seinen insgesamt 20. Sieg stehen gut. In den wärmeren Temperaturen um 14 Uhr Ortszeit erhoffte sich der britisch-österreichische Rennstall einen weiteren Vorteil. Mahnend winken die zwei bisherigen Sprint-Wochenenden aus der Vergangenheit: In Silverstone war Verstappen nach einer Kollision mit Hamilton bei höchster Geschwindigkeit ausgeschieden, in Monza crashten sich Verstappen und Hamilton sogar beide spektakulär ins Aus.
Gegen den Niederländer hatten die Stewards ebenfalls ermittelt, beließen es aber bei einer Geldstrafe in der Höhe von 50.000 Euro. "Die Entscheidung ist harsch, aber es trifft keinen Armen", sagte Helmut Marko im ORF. Verstappen hatte nach dem Qualifying den Heckflügel an seinem Red Bull begutachtet und diesen auch berührt, dies wiederholte er anschließend an Hamiltons Mercedes. Damit verstieß der 24-Jährige gegen Regeln im Parc ferme. Er habe bei seiner Aktion aber eine unerhebliche Kraft auf den Flügel ausgeübt, urteilten die Kommissare.
Als wesentlich schwerwiegender bewertet wurde Hamiltons Vergehen. Beim Einsatz des Drag Reduction Systems (DRS) öffnete sich der verstellbare Heckflügel weiter, als es das Reglement vorsieht. Die FIA akzeptierte die Erklärung von Mercedes, dass dies eher auf ein "Missgeschick" als eine vorsätzliche Handlung zurückzuführen war. Den Piloten aber bewahrte dies nicht vor der schweren Bestrafung, deren volle Tragweite möglicherweise erst nach dem allerletzten Rennen am 12. Dezember in Abu Dhabi klar wird. Nach Interlagos kann ein Fahrer noch höchstens 78 WM-Punkte holen.
Zusammenfassung
- Mercedes-Star Lewis Hamilton hat mit einem wütenden Sprint auf seine Strafe reagiert und mit Platz fünf Schadensbegrenzung vor dem Formel-1-Grand-Prix von Brasilien am Sonntag betrieben.
- Der Niederländer geht nach dem unerlaubten Motorwechsel im Wagen von Hamilton acht Plätze vor seinem WM-Rivalen ins Rennen von Sao Paulo.
- Der Mercedes aber war schnell, Verstappen steckte zurück und ließ sich weitere zwei Punkte aufs WM-Konto gutschreiben.