20 Jahre Tsunami: Überlebende erzählen von den Fluten

Bei dem verheerenden Tsunami am zweiten Weihnachtstag 2004 starb eine Viertel Millionen Menschen, unter ihnen 86 Österreicher:innen. Rudolf Rathbauer und Sophie Haßlinger haben die tödlichen Wellen damals miterlebt. Sie schildern, wie das Wasser rund um sie Menschen mitriss und sie auf Dächern ausharren mussten.

Kurz vor 8 Uhr Früh Ortszeit hob sich der Meeresgrund vor der indonesischen Insel Sumatra um rund zehn Meter an. Am 26. Dezember 2004 ereignete sich im Indischen Ozean das drittstärkste jemals aufgezeichnete Erdbeben.

Mit einer Stärke von 9,1 auf der Richterskala und der Energie von 15.000 Hiroshima-Bomben erschütterte es den Erdboden und löste eine mehr als 1.000 Kilometer lange Flutwelle aus.

Es war eine der verheerendsten Naturkatastrophen der jüngeren Geschichte. Die Welle traf gleich in mehreren Staaten auf die Küste, als Erstes in der Provinz Aceh im Norden Sumatras. Eine gigantische Welle türmte sich auf, binnen kürzester Zeit starben in dieser Region 160.000 Menschen. Allein in der Provinzhauptstadt Banda Aceh verloren 25.000 Menschen ihr Leben.

Viertel Million Tote

Insgesamt kamen etwa eine Viertel Millionen Menschen bei der Katastrophe ums Leben. Nach Sumatra erreichten Riesenwellen Malaysia, Indien, Sri Lanka und Thailand. Selbst bis zur afrikanischen Ostküste schafften es Ausläufer der durch das historische Erdbeben verursachten Wellen.

Beliebte Touristenziele wurden von bis zu zehn Meter hohen Wellen dem Erdboden gleichgemacht. Neben Einheimischen traf das Unglück Urlauber:innen aus etwa 50 Nationen. 

86 Österreicher:innen verloren ihr Leben, nahezu alle von ihnen in Thailand. 85 der Toten aus Österreich starben in den Urlaubsorten Phuket, Khao Lak und auf den Phi-Phi-Inseln. Insgesamt kamen dort mehr als 8.000 Menschen ums Leben.

Autos im Swimming Pool

Auch Rudolf Rathbauer machte damals mit seiner Frau Urlaub in Phuket. "Die erste Welle hat uns mit den Betten mit den Wagerln von den Verkaufsständen in das Hotel hinein geschwemmt, die Fenster, die Auslagen sind alle zerborsten. Ich habe an einer Palme Halt bekommen und bin auf zwei Meter Höhe flach auf dem Wasser geschwommen", erzählt er.

Er konnte sich danach auf ein Dach flüchten, seine Frau war verschollen. Es folgten zwei weitere Wellen, danach setzte eine gespenstische Stille ein. Man habe "kein Vogelgeräusch" gehört, Leichen lagen herum, so Rathbauer. Seine Frau fand er in einem höhergelegenen Hotel wieder. 

Von dem Hotel, in dem sie beide eigentlich nächtigten, "war nichts mehr da, im Swimming Pool sind Autos gelegen".

Von den Fluten mitgerissen

Ähnliches schildert auch Sophie Haßlinger. Mit 18 war sie in Thailand auf Urlaub, gemeinsam mit ihren Eltern und dem Zwillingsbruder, als die erste Welle kam, die zuerst noch harmlos schien.

"Es war ein kleines Rinnsal, das immer, immer stetig gestiegen ist und schlussendlich meine Eltern und meinen Bruder mitgerissen hat", sagt sie im PULS 24-Interview.

Sie rettete sich schließlich auch auf ein Dach, erst später stieß auch ihre Familie zu ihr. Ihr Bruder rettete selbst ein Kleinkind, bevor die beiden aus den Fluten gefischt wurden. Was die Wellen noch gefährlicher machte: Sie brachten nicht nur in kürzester Zeit enorme Wassermassen, sondern rissen auch Dächer und Autos mit sich. 

Verzweifelte Suche nach Vermissten

In Thailand hatten die Behörden zwar eine Gefahr erkannt, konkrete Warnungen blieben allerdings aus. Ein Tsunami-Frühwarnsystem gab es zum damaligen Zeitpunkt nicht, es wurde erst als Reaktion auf die Katastrophe geschaffen.

Einwohner:innen und Gäste aus aller Welt hatten daher kaum Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Mit bis zu 800 km/h breitete sich der Tsunami über die Küstenstreifen aus.

Rathbauer und seine Frau kamen schließlich im österreichischen Konsulat in Phuket unter. Dort wurde ihnen bewusst, wie viel Glück sie hatten. Im Konsulat traf der Überlebende etwa einen oberösterreichischen Landwirt, der auf dem ersten Auslandsurlaub mit seiner Frau war. Nach dieser habe er jedes Spital abgesucht: Sie wurde zuvor von den Fluten mitgerissen, ohne sie wollte er nicht abreisen.

Eine andere Österreicherin hingegen war mit ihren Kindern auf Urlaub. Während sie auf einem Tauchausflug war, hatte sie die Kinder bei Bekannten untergebracht. Sie ertranken im Schwimmbecken, erzählt Rathbauer sichtlich mitgenommen.

Heimreise, aber Tsunami bleibt unvergessen

Am 28. Dezember konnten Rathbauer und seine Frau schließlich auf dem ersten Flug nach Wien aus Bangkok abreisen. Zuhause angekommen, sperrten die zwei sich erstmal "eine Woche ein".

Auch Haßlinger und ihre Familie wurden am Tag nach dem Tsunami mit Booten in Sicherheit gebracht, bevor sie über Umwege heimkehrten. Dabei waren sie auf die Hilfe von Fremden angewiesen.

"Wir hatten keine Pässe, wir hatten kein Gewand, die Leute haben uns Geld geschenkt", sagt sie. Die Naturkatastrophe war prägend, so Haßlinger, in welchem Ausmaß sei allerdings schwer abzuschätzen. 

Klar ist jedoch, der Tag als sie mit ihrer Familie am Dach wiedervereint wurde, bleibt unvergessen: "Für uns ist der 26. Dezember aber immer ein gemeinsamer Geburtstag."

ribbon Zusammenfassung
  • Bei dem verheerenden Tsunami am zweiten Weihnachtstag 2004 starb eine Viertel Millionen Menschen, unter ihnen 86 Österreicher:innen.
  • Rudolf Rathbauer und Sophie Haßlinger haben die tödlichen Wellen damals miterlebt.
  • Sie schildern, wie das Wasser rund um sie Menschen mitriss und Massenpanik um sich griff.