Pinkelnig unter Tränen auf WM-Großschanze Sechste: "Will einfach heim"
Der Normalschanzen-Zweiten fehlten nach einem nervenaufreibenden Tag acht Punkte auf die Podestränge. Während die Mitfavoritin leer ausging, feierte Alexandria Loutitt einen Überraschungserfolg. Die 19-jährige Kanadierin gewann klar vor Titelverteidigerin Maren Lundby (NOR) und holte das erste Sprung-Gold für ihre Land in der WM-Geschichte.
Bronze ging an die in Planica dreimal vergoldete Deutsche Katharina Althaus. Zweitbeste Österreicherin in einem im ersten Durchgang von umstrittenen Jury-Entscheidungen mit beeinflussten Bewerb war Chiara Kreuzer auf Rang neun. Sara Marita Kramer wurde Zwölfte, Julia Mühlbacher 18.
Der erste Durchgang bot mit drehendem Wind große Weitenunterschiede inklusive vieler Kompensationspunkte. Lundby (139,5/133) hatte dabei nicht nur viel Wetterglück, zudem blieb ihr Griff mit einer Hand in den Schnee bei überlegener Höchstweite von den meisten Punkterichtern unbemerkt. Im Finale übertrumpfte Loutitt (134,5 m/136,5) die ex aequo mit ihr führende Norwegerin noch deutlich und triumphierte über zehn Punkte vor der Weltmeisterin von 2021.
"Fühlt sich sehr, sehr gut an"
"Ich habe mir das gewünscht, aber wenn es passiert, ist es phänomenal. Das fühlt sich sehr schön an", jubelte Loutitt. Mit der unlängst auch zu Junioren-WM-Gold gesprungenen Kanadierin freuten sich besonders ihr Freund und ÖSV-Skispringer Daniel Tschofenig sowie ihr Kärntner Trainer Janko Zwitter. Eine große Sensation ist Loutitts Titel nicht, hatte sie doch in der gesamten Saison bereits mehrfach geglänzt und im Jänner ihren ersten Weltcuperfolg gefeiert. "Das fühlt sich sehr, sehr unreal an, fühlt sich sehr, sehr gut an", betonte Zwitter und kritisierte den für viele Springerinnen unfairen ersten Durchgang.
Pinkelnig: Tränen schon zu Mittag
Die sechsfache Saisonsiegerin Pinkelnig (121/123) lag vor dem Finale noch in Punktereichweite der Medaillen, kam aber nicht mehr vom sechsten Rang weg. Ihr letzter WM Tag setzte der 34-Jährigen offenbar schwer zu. "Ich bin mittags im Hotelzimmer gesessen und habe geheult. Es ist mir nicht gut gegangen. Heute hat mir die Arbeit nicht viel Spaß gemacht beziehungsweise eher das ganze Drumherum. Da habe ich noch viel zu lernen und dementsprechend reicht die Leistung nicht zu einer Medaille. Es hat einfach ganz viel nicht zusammengepasst. Für das ist ein sechster Platz unglaublich cool."
"Will einfach heim"
Pinkelnig berichtete von nicht näher bezeichneten Sachen, die schiefgelaufen seien, auch deshalb werde sie sofort die Heimreise antreten. "Ich will einfach heim zu meinen Leuten, die nah an meinem Herzen sind. Es gibt einfach einige Dinge in diesem Jobprofil, die schwer für mich sind, die mich jetzt ein bisschen erdrückt haben, deshalb muss ich weg." Danke der zwei Silbermedaillen von der Normalschanze könne sie letztlich aber doch zufrieden abreisen. "Ich habe zwei Silbermedaillen, damit fahre ich heim und werde es genießen."
Kreuzer (122,5/126) schaffte im zweiten Durchgang hingegen eine Verbesserung um fünf Positionen. "Ich bin happy, dass es nochmal ein so gutes Ende genommen hat", erklärte die Salzburgerin. Ihre Einzelergebnisse seien insgesamt nicht berauschend, mit Team-Silber gehe sie aber mit einem lachenden Gesicht aus der WM.
Die im bisherigen Saisonverlauf mit Problemen kämpfende Weltcup-Titelverteidigerin Kramer (126,5/122,5) nutzte zunächst den für sie günstigen Wind. In der Entscheidung rutschte die Salzburgerin jedoch vom siebenten auf den zwölften Rang zurück. "Es waren gute Dinge dabei, die nehme ich mit, aber schlussendlich ist es zu wenig", sagte Kramer. Die WM sei für sie leider nicht wie erhofft verlaufen, ergänzte die ehemalige Seriensiegerin.
Trainer: Schlicht und einfach Fehler gemacht
ÖSV-Frauentrainer Harald Rodlauer nahm die vielen Lukenverschiebungen durch die Jury bei wechselnden Windbedingungen betont gelassen. "Es war schwierig, aber es hat für uns nicht die Rolle gespielt, weil wir einfach nicht gut genug waren", so Rodlauer. Er wolle keine Ausrede suchen, Pinkelnig und Co. hätten schlicht und einfach Fehler gemacht. "Die anderen haben es auch rübergebracht. Wir haben unsere Leistung nicht gebracht." Mit zwei Silbermedaillen durch Pinkelnig auf der kleinen Schanze und im Team könne man aber durchaus zufrieden bilanzieren.
Stecher schimpft Jury als "Zirkus"
Im Gegensatz zu Rodlauer war Mario Stecher, Sportlicher Leiter im ÖSV, erbost über die Abwicklung des ersten Durchgangs. "Wenn man ständig mit dem Anlauf auf und ab geht, und dem Wind hintennach springt, die Judges einen Sturz nicht als Sturz anerkennen, obwohl sie einen Videobildschirm haben - das ist dann schon fast ein bisschen ein Zirkus. Das ist schon schwer zu hinterfragen", ärgerte sich Stecher über eine "Glanzleistung" der Jury. Er gestand aber auch ein, dass sein Team nicht auf höchstem Level performt habe. "Man darf nicht vergessen, dass wir sicherlich nicht unser Bestleistung geboten haben, wir waren einfach nicht gut genug." Stechers WM-Fazit im Frauenbereich fiel aber positiv aus. "Mit zweimal Silber kann man schon zufrieden sein."
Zusammenfassung
- Die Vorarlbergerin Eva Pinkelnig hat als Sechste von der Großschanze ihre dritte Medaille bei der Nordischen WM in Planica deutlich verpasst.
- Der Normalschanzen-Zweiten fehlten am Mittwoch acht Punkte auf die Podestränge.
- Während die Mitfavoritin leer ausging, feierte Alexandria Loutitt einen Überraschungserfolg.
- Zweitbeste Österreicherin zum Abschluss der Frauen-Bewerbe auf den Schanzen war Chiara Kreuzer auf Rang neun.