Worum es beim Streit zwischen Ungarn, Polen und der EU geht
Die Fronten im EU-Budgetstreit scheinen verhärtet. Polen und Ungarn blockieren die Finanzplanung, weil sie nicht damit einverstanden sind, dass bei einem Verstoß gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit Gelder gekürzt werden. Das europäische Parlament will aber nicht von seinem Standpunkt abweichen und hat angekündigt, keine weiteren Zugeständnisse machen zu wollen.
Sowohl Polen als auch Ungarn werden Defizite im Umgang mit der Justiz, den Medien und der Wissenschaft vorgeworfen.
Coronahilfen werden dringend benötigt
Am Donnerstag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs um die aktuelle Corona-Situation in Europa zu besprechen. Mit einer Einigung zum 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket wird allerdings nicht gerechnet.
Der Druck ist groß. Die zweite Corona-Welle trifft Europa hart und viele Länder warten auf die Auszahlung der dringend benötigten Corona-Hilfen. Die Mittel sollen vor allem Spanien und Italien vor einem wirtschaftlichen Absturz bewahren.
Das Problem: Bei sensiblen Themen gilt Einstimmigkeit im europäischen Rat, dazu zählen auch die EU-Finanzen. Der Haushalt und die Corona-Hilfen werden also nur beschlossen, wenn Polen und Ungarn zustimmen.
Karas droht mit Ausschluss
Othmar Karas (ÖVP), Vizepräsident des EU-Parlaments, droht nun mit dem Ausschluss von Viktor Orbans nationalkonservativer Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP).
"Wenn Orbán beim morgigen EU-Gipfel weiter blockiert, ist der Ausschluss von #FIDESZ aus der EVP die logische Konsequenz", schrieb Karas am Mittwoch auf Twitter.
https://twitter.com/othmar_karas/status/1329006105196965888
Die EVP dürfe "es nicht zulassen, dass die EU mit dem Instrument der Einstimmigkeit (das sowieso abgeschafft gehört) erpresst wird".
Auch Donald Tusk, Präsident EVP und Ex-Premier von Polen, hatte am Montag einen Ausschluss nahegelegt. "Wer auch immer gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ist, ist gegen Europa", schrieb er auf Twitter.
Erstmals Gelder an Rechtsstaatlichkeit geknüpft
Erstmals in der Geschichte der Europäischen Union sollen Gelder wegen Rechtsstaatlichkeitsverstößen gekürzt werden. Konkret soll dies zum Beispiel dann der Fall sein, wenn im Empfängerstaat für mögliche Prüfungen der Mittelvergabe zuständige Gerichte nicht vollständig unabhängig agieren können.
Sowohl in Ungarn als auch in Polen bemängelt die EU-Kommission seit längerem einen zu großen Einfluss der Politik auf Gerichte. Diese Kritik wird von den Regierungen in Warschau und Budapest allerdings kategorisch zurückgewiesen.
Historisches Finanzpaket
Die EU hatte sich im Sommer auf ein historisches Finanzpaket geeinigt - 750 Milliarden Euro für den Corona-Aufbaufonds und noch einmal knapp 1,1 Billionen für das mittelfristige EU-Budget.
Kann das Finanzpaket nicht auf den Weg gebracht werden, wird der EU ab dem kommenden Jahr nur noch ein Nothaushalt zur Verfügung stehen. Zudem könnten die Corona-Hilfen nicht fließen. Die Auszahlung der ersten Mittel sollte eigentlich im Laufe des zweiten Quartals 2021 möglich gemacht werden. Dafür ist neben den am Montag blockierten Beschlüssen aber auch noch ein aufwendiger Ratifizierungsprozess notwendig.
Zusammenfassung
- Die Fronten im EU-Budgetstreit scheinen verhärtet. Polen und Ungarn blockieren die Finanzplanung, weil sie nicht damit einverstanden sind, dass bei einem Verstoß gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit Gelder gekürzt werden.
- Das europäische Parlament will aber nicht von seinem Standpunkt abweichen und hat angekündigt, keine weiteren Zugeständnisse machen zu wollen.
- Der Druck ist groß. Die zweite Corona-Welle trifft Europa hart und viele Länder warten auf die Auszahlung der dringend benötigten Corona-Hilfen.