WKStA-Ermittlungen gegen ÖVP: So rechtfertig Kurz die Chats
"Selbstverständlich" bleibe er Kanzler, beteuerte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im "ORF". In der "ZiB2" wies Kurz die Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zurück. Es gehe um Vorwürfe gegen Mitarbeiter des Finanzministeriums, er habe "keine Ahnung warum ich schon wieder an allem schuld sein soll", sagt Kurz.
Die Verdachtslagen in Richtung Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit haben Mittwochfrüh zu mehreren Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium geführt. Zehn Verdächtige werden darin genannt, darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der ehemalige Generalsekretär und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner. PULS 24 betont, dass für alle Genannten die Unschuldsvermutung gilt.
Der Überblick stellt die Aussagen des Kanzlers mit den belastenden Chats gegenüber:
Thomas Schmid an Kurz' Pressesprecher
Seinen jetzigen Pressespreche habe er "damals kaum gekannt", rechtfertigt sich Kurz im ZIB-Interview. Dieser habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht für ihn gearbeitet. Sein Team habe sich "selbstverständlich" nicht die Umfrage gewünscht, die Thomas Schmid und Kurz' Pressesprecher in diesen Chats beredeten. "Die SMS habe ich weder geschrieben, noch erhalten", kommentierte Kurz den Zusammenhang. Diese SMS würden auch nicht von seinem Pressesprecher kommen, meint Kurz. "Die sind innerhalb des Finanzministeriums geschrieben worden", meint der Kanzler.
Die Frage, der Gegenleistungen für die Inserate "sollte man aufklären", so Kurz. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass er in die Inseratenvergabe des Finanzministeriums im Jahr 2016 involviert gewesen sei. Er sei damals weder ÖVP-Obmann noch Bundeskanzler, sondern Außenminister gewesen.
Sebastian Kurz an Thomas Schmid
Schmid: Politico Ist der Hammer" Große Ehre" VP 18, SP 26 und FP 35 laut B.
Kurz: Danke Dir! Gute Umfrage, gute Umfrage
Diesem Chat hält Sebastian Kurz entgegen, dass es überhaupt kein Vergehen sei, "sich mit Journalisten, Pressesprechern, Meinungsforschungsinstituten über Umfragen auszutauschen. Das findet täglich statt". Er sehe hier keinen strafrechtlichen Tatbestand, denn: "Dass ich informiert wurde vor fünf Jahren über ein Umfrageergebnis vorab, dass ist alles andere als strafrechtlich relevant".
Kurz stellte auch in Abrede, dass die Umfragen 2016 manipuliert gewesen seien. Einerseits hätten andere Umfragen ähnliche Ergebnisse geliefert und andererseits habe die ÖVP danach beide Wahlen gewonnen, wobei sich die Meinungsforschung dabei als ziemlich treffsicher erwiesen haben, so Kurz.
Dass er Scheinrechnungen für Umfragen gestellt oder erhalten oder sonstwie darin involviert sein könnte, könne er "zu 1.000 Prozent ausschließen", sagte der Bundeskanzler. Man solle aufklären, ob es Scheinrechnungen überhaupt gegeben habe, er glaube das nicht. Und wieso er das wissen hätte sollen, könne er nicht nachvollziehen, meinte Kurz.
Thomas Schmid an Sebastian Kurz
Für Sebastian Kurz sei es "nicht leicht jedes Detail" nach fünf Jahren zu rekonstruieren, wie er im Interview erklärt. "Natürlich" hätte man allerdings als Partei und auch Politiker das Interesse daran, "dass Umfrageinstitute, die für Zeitungen tätig sind, nicht unbedingt SPÖ nahe sind." Kurz gebe zu, dass Schmid ihn zu dieser Zeit informiert habe. Er sehe dies jedoch "alles andere als problematisch, wenn man so eine Information erhält".
"Es gibt zahlreiche SMS von mir, die da eingemengt werden, alle fünf Jahre alt." Und in keiner einzigen SMS sei eine Anweisung von ihm zu finden, das werde nun in andere Nachrichten eingemischt, so Kurz. "Anscheinend gab es ein Meinungsforschungsinstitut, das gleichzeitig für die Tageszeitung Österreich und unter anderem für das Finanzministerium gearbeitet hat. Für mich übrigens nicht, ich habe diesem Meinungsforschungsinstitut noch nie einen Auftrag gegeben. Das ist nicht unüblich. (...) Wenn das der Vorwurf ist, dann müssen Sie alle Meinungsforschungsinstitute in Österreich verklagen", erklärt Kurz. ZIB2-Anchor Martin Thür erwiderte, dass diese Meinungsforschungsinstitute nicht vom Steuerzahler bezahlt werden. Darauf konterte Kurz: "Selbstverständlich werden diese vom Steuerzahler bezahlt, wenn sie von Ministerien beauftragt werden".
Schmid und Kurz über Sophie Karmasin
Kurz: "kann ich mit ihr reden?"
Schmid: "Ja bitte! Sie ist so angefressen wegen Mitterlehner, weil er ihr in den Rücken gefallen ist. Habe jetzt 3 Stunden mit ihr gesprochen. Und spindi (Spitzname von Ex-ÖVP-Chef und Kurz-Förderer Michael Spindelegger, Anm.) auf sie angesetzt. Wenn du ihr sagst dass jetzt nicht die Welt untergeht. Und das (sic!) Mitterlehner eben ein arsch (sic!) war usw. Hilft das sicher".
Kurz: "passt mach ich".
Um zu belegen, dass Kurz selbst von den Plänen gewusst haben soll, verweist die Staatsanwaltschaft auf einen Chatverlauf zwischen ihm und Schmid vom 15. März 2016. Schmid war sich demnach nicht sicher, ob die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin dabei ist. Laut Kurz sei es "total ok, sich als Minister mit einer Ministerkollegin zu treffen. Das haben wir alle paar Wochen gemacht. (...) Ich weiß beim besten Willen aber nicht, wo hier der strafrechtliche Vorwurf sein soll", meint Kurz.
Inseraten-Vorwurf
Angesprochen auf Inserate von Ministerien und gewogener Berichterstattung wollte Kurz mehrmals auf die SPÖ ablenken. Thür blieb harnäckig und fragte: "Können Sie zu hundert Prozent ausschließen, dass es mit anderen Boulevardmedien ähnliche Deals gibt?"
Es gebe natürlich immer Kooperationen mit Medien, antwortete Kurz. Er könne aber "zu tausend Prozent" versichern, "dass ich mich nie bereichert habe und nie eine Scheinrechnung ausgestellt, geschrieben oder eingereicht habe", sagte er.
Zusammenfassung
- Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weist die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. PULS 24 hat seine Aussagen mit den belastenden Chats gegenübergestellt.