Kogler: Ultimatum an Kurz war richtig, Nehammer: "Volle Aufklärung"
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fühlt sich nach den Aussagen von Ex-Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in seinem Vorgehen im letzten Jahr bestätigt. Mit dem Ultimatum an den damaligen Kanzler und ÖVP-Chef Kurz zum Rückzug vergangenen Herbst habe man die richtigen Konsequenzen gezogen.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und er hätten immer gesagt, dass die Justiz in Ruhe arbeiten können müsse, so Kogler. Das habe diese nun akribisch getan. Fragen nach der Bedeutung der Aussagen Schmids für die aktuelle Koalition beantwortete er vor dem Ministerrat am Mittwoch nicht.
Die Grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss, Nina Tomaselli, sah das zuvor anders: "Selbstverständlich" sei dadurch auch die Koalition der Grünen mit der ÖVP belastet, sagte sie. Man befinde sich die letzten zwei Jahre in einem "Dauerfeuer" mit neuen Vorwürfen. Der Koalitionspartner sei dadurch "sehr, sehr viel mit sich selbst beschäftigt".
Auch Tomaselli betonte aber, dass man der unabhängigen Justiz nicht vorgreifen wolle und dass gegen den amtierenden Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) "noch keine" Vorwürfe bekannt seien. Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) müsse aber "schon einmal in sich gehen, ob das Bild, das er hier zeigt", dem entspreche, das sich die Menschen von einer verantwortungsvollen Politik erwarten. Tomaselli hätte den Vorsitz an seiner Stelle nicht angenommen und würde ihn jetzt zurücklegen.
Tomaselli: Koalition "selbstverständlich belastet"
Nehammer sieht keinen Handlungsbedarf
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) selbst sieht aktuell offenbar keinen Handlungsbedarf: Die Vorwürfe von Thomas Schmid gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und andere würden "die Vergangenheit betreffen", meinte Nehammer in einer knappen schriftlichen Stellungnahme. "Wenn diese Vorwürfe stimmen, dann ist das nicht in Ordnung."
Es stünden "jetzt viele konkrete und unkonkrete Aussagen von Thomas Schmid gegen viele Personen im Raum, deren Wahrheitsgehalt niemand von uns überprüfen kann", betonte der ÖVP-Chef, der unter Kurz in die Spitzenpolitik kam, aber gleichzeitig. "Es braucht nun volle Aufklärung, die von den Ermittlungsbehörden zu leisten ist", so Nehammer. "Die Justiz soll diese Ermittlungen sorgfältig führen, ich habe das Land durch eine Krise zu führen." Für seine eigene politische Arbeit seien "Transparenz, Klarheit und Aufklärung die Grundlage", verwies Nehammer auf bereits gesetzte Reformschritte wie das neue Parteiengesetz oder die Vorlage eines neuen Medientransparenzgesetzes.
Sowohl Kogler als auch Tomaselli appellierten an die NEOS, den U-Ausschuss nun doch zu verlängern. Die NEOS bleiben aber bei ihrer Entscheidung, den U-Ausschuss nicht verlängern zu wollen. Auch in Schmids Aussagen hätten sich keine neuen Sachverhalte, keine "neuen Spielarten der Korruption" gezeigt. Der U-Ausschuss habe die politische Verantwortung geklärt, so Krisper: "Das Bild ist klar, die ÖVP hat ein Korruptionsproblem". Es gebe aber keinen Verlängerungsbedarf, weil alle Schlupflöcher klar identifiziert seien und damit auch, welche Reformen es braucht.
Auch NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos reagierte: "Ein Untersuchungsausschuss ist mehr als ein grünes Feigenblatt, um diese Regierung künstlich am Leben zu erhalten", meinte er in einer Aussendung. Die Grünen sollten jetzt die schon längst überfällige Konsequenz ziehen und endlich Reformen umsetzen.
Sobotkas Rücktritt gefordert
Die Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ fordern nun aber den Rücktritt von Wolfgang Sobotka: SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried bezeichnete Sobotka in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Mittwoch als "untragbar im zweithöchsten Amt der Republik". Er attestierte der Regierung, "nicht handlungsfähig" und "am Ende" zu sein.
Auch die FPÖ verlangte Sobotkas Abgang. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl forderte den Nationalratspräsidenten zum sofortigen Rücktritt auf: "Wolfgang Sobotka wird bereits seit März von der WKStA als Beschuldigter wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs rund um die Besetzung des Wiener Vize-Landespolizeidirektors geführt. All das fügt dem Amt des Nationalratspräsidenten, immerhin das Zweithöchste dieser Republik, und dem Ansehen unserer Republik größten Schaden zu.
Karner zweifelt nicht an Fortbestehen der Koalition
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) meinte nach dem Ministerrat, er äußere sich zu laufenden Ermittlungsverfahren nicht. Außerdem könne er den Wahrheitsgehalt der Aussagen Schmids nicht überprüfen. Am Fortbestehen der Koalition zweifelt er nicht. Man habe schon vieles erfolgreich umgesetzt, zuletzt das Budget, und werde noch vieles erfolgreich umsetzen.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) äußerte sich ähnlich: "Ich bin zu sehr Juristin, als dass ich ein laufendes Strafverfahren hier kommentieren möchte." Sie verwies allerdings daraufhin, dass ein Beschuldigter (wie Schmid, Anm.) nicht unter Wahrheitspflicht aussage: "In seinem Fall kommt dazu: er möchte auch den Kronzeugenstatus bekommen und damit straffrei ausgehen."
Mehr dazu:
Dass Schmid zwar etliche Male bei der WKStA ausgesagt hat, aber dennoch nicht im U-Ausschuss erschienen ist, sieht Innenminister Karner indes nicht in seiner Verantwortung. Die Staatsanwaltschaft informiere die Landespolizeidirektion, die den Auftrag habe, alles Mögliche beizutragen, um Schmid zu einer Aussage zu bringen, nämlich über diese Befragungen nicht. Auch er wisse von diesen aus den Medien.
Zusammenfassung
- Die Grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss sagte, die Koalition mit der ÖVP sei nun "selbstverständlich belastet".
- Doch Kanzler Karl Nehammer und Werner Kogler sehen nicht viel Handlungsbedarf.
- Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fühlt sich nach den Aussagen von Ex-Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in seinem Vorgehen im letzten Jahr bestätigt.
- Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) fordert Aufklärung. Die Opposition den Rücktritt von Wolfgang Sobotka (ÖVP).