UN-Vollversammlung 2021 fast wieder "as usual"
Allerdings werden zahlreiche Staats- und Regierungschefs nicht selbst anreisen, sondern erneut nur online dabei sein, wenn am Dienstag auch die Generaldebatte eröffnet wird. Die 76. Sitzungsperiode der UNO-Vollversammlung wurde bereits am vergangenen Dienstag offiziell eingeläutet. "Wir kommen zusammen zu einer Zeit großer Herausforderungen und Spaltungen", sagte UNO-Generalsekretär António Guterres zum Auftakt. Dabei nannte er insbesondere den Klimawandel und die Coronavirus-Pandemie - und forderte mehr Engagement im Kampf dagegen.
Der neue Präsident der Vollversammlung, der frühere Außenminister der Malediven, Abdulla Shahid, trat ebenfalls am Dienstag offiziell sein Amt an. Er war im Juni gewählt worden und hat den hauptsächlich zeremoniellen Posten für ein Jahr inne. Die Vollversammlung ist das Parlament der Vereinten Nationen, in dem jedes Mitgliedsland eine Stimme hat. Die Sitzungsperioden dauern rund ein Jahr. Höhepunkt ist jeden September die Generaldebatte der Vollversammlung, zu der Staats- und Regierungschefs aus aller Welt anreisen.
Wegen der nach wie vor nicht ausgestandenen Pandemie findet die Veranstaltung in deutlich kleinerem Rahmen stattfinden. Auch Medien dürfen bei den Terminen im UNO-Hauptquartier meist nicht direkt dabei sein. Am Eröffnungstag wird auch Joe Biden erstmals als US-Präsident bei einer General Assembly eine Rede halten.
Dem Demokraten werde wohl von den meisten Teilnehmern ein "warmer Empfang" bereitet werden, meinen UNO-Insider. "Einfach, weil er nicht Trump ist." Schließlich seien "die stressigen Auftritte" von Bidens republikanischem Vorgänger Donald Trump "sehr mühsam gewesen", wird konstatiert. Mit Biden sei zudem der "Multilateralismus" zurück.
Allerdings kommt mit dem 78-Jährigen keineswegs die heile Welt an den East River zurück. Neben der Corona-Pandemie werden auch heiße Eisen wie die Situation in Afghanistan oder die Klimakrise zur Sprache kommen. Es wird erwartet, dass Biden auch versuchen wird, den wachsenden Einfluss Chinas in der Weltgemeinschaft zu bremsen. Bereits im Vorfeld wurden Spins lanciert, wonach Peking nicht vertrauenswürdig genug für ein "leadership in the world" sei.
Van der Bellen reist bereits am Sonntag in den Big Apple, Kurz und Schallenberg folgen am Montag. An diesem Tag wird der Bundespräsident bereits in der Früh an einer Gedenkveranstaltung des "9/11 Memorial Museums" anlässlich der verheerenden islamistischen Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington mit rund 3.000 Toten teilnehmen.
"Mit der österreichischen Teilnahme unterstützen wir auch die Bedeutung der UNO als Weltbühne der Außenpolitik. Die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen der UNO ist gerade für ein neutrales und vergleichsweise kleines Land wie Österreich von besonderer Bedeutung", betonte das Büro des Bundespräsidenten im Vorfeld der Reise." Die UNO-Generalversammlung sei die Gelegenheit Staatsoberhäupter und andere politische Vertreterinnen und Vertreter aus aller Welt zu treffen. "Mit der - dank Covid-Impfungen möglichen - physischen Abhaltung der Generaldebatte setzt die UNO ein starkes Zeichen der Rückkehr in Richtung Normalität. Das gibt der Weltgemeinschaft insgesamt Hoffnung, dass wir die Pandemie bald überwinden werden."
Im Zuge des Aufenthalts in New York wird Van der Bellen mit den Staatsoberhäuptern von Costa Rica (Carlos Alvarado Quesada), Guyana (Mohamed Irfaan Ali), Sambia (Hakainde Hichilema), Senegal (Macky Sall), Vietnam (Nguyễn Xuân Phúc) und Sierra Leone (Julius Maada) zusammentreffen. Im Fokus der Gespräche soll die Überwindung der Covid-Krise in allen Ländern stehen. Ein weiterer Schwerpunkt gelte der Bekämpfung der Klimakrise. "Österreich hat insbesondere zu den Themen Klima und Umwelt, aber auch zu zahlreichen anderen Themen viel beizutragen", so Van der Bellen .
Am Mittwoch kommt das Trio Van der Bellen/Kurz/Schallenberg mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres zusammen. Zudem besucht der Bundespräsident die "Icahn School of Medicine" am renommierten Mount Sinai Hospital in New York. Dort führt er Gespräche zur Pandemie mit den österreichischen Wissenschaftern Florian Krammer und Peter Palese. Ein weiteres Hauptaugenmerk des Bundespräsidenten gilt der Bekämpfung der Klimakrise. Geplant sind unter anderem Treffen mit dem UN-Sonderbeauftragten für Klimaschutz, Mark Carney, sowie dem an der New York University tätigen österreichischen Klimaforscher Gernot Wagner.
Als inhaltliche Schwerpunkte des Bundeskanzlers wurden "die Bekämpfung der Covid-19 Pandemie sowie die Situation in Afghanistan" genannt. Dazu ließ Kurz über seinen Sprecher wissen: "Die UNO spielt eine führende Rolle bei der Bewältigung der größten Herausforderungen unserer Zeit, seien es der Kampf gegen den Hunger, Pandemie, den Klimawandel sowie die Stabilisierung von Krisenherden wie Afghanistan. Die Impfung ist unsere Antwort auf das Virus und schützt vor schweren Erkrankungen sowie dem Tod. Österreich stellt daher weltweit Impfstoffspenden zur Verfügung, bilateral wie auch über die COVAX-Initiative."
Angesichts der dramatischen Ereignisse in Afghanistan betonte Kurz im Vorfeld neuerlich die Notwendigkeit von "Hilfe vor Ort, damit eine humanitäre Katastrophe verhindert wird." Es gelte nun voranging, "Frauen- und Menschenrechte so gut wie möglich zu schützen". Kurz skizzierte in Folge ein drohendes Erstarken des Migrationsdrucks. "In Afghanistan benötigen laut internationalen Schätzungen 18 Millionen Menschen bereits humanitäre Hilfe, zudem gibt es rund 3,5 Millionen Binnenvertriebene. Es ist davon auszugehen, dass die Situation während der Wintermonate noch dramatischer wird. "Österreich unterstütze daher die Appelle von UN-Generalsekretär Guterres, einen Kollaps Afghanistans zu verhindern und leiste 20 Millionen Euro Soforthilfe für die Nachbarländer Afghanistans und UN-Organisationen."
Kurz wird am Ende seines Besuchs online am "High Level Dialogue on Energy" teilnehmen. Zudem seien während der Woche "auch bilaterale Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs sowie Vertretern internationaler Organisationen geplant", hieß es in einer Presseaussendung des Bundeskanzleramtes. Konkrete Gesprächspartner wurden freilich nicht genannt.
Außerdem wird der ÖVP-Bundeskanzler - wie bei seinen Besuchen in New York üblich - Vertreter großer jüdischer Organisationen treffen: Rabbi Arthur Schneier und Ronald Lauder vom World Jewish Congress/WJC sowie David Harris vom American Jewish Committes/AJC) sowie gemeinsam mit Außenminister Schallenberg im Generalkonsulat die österreichische Staatsbürgerschaft an Nachfahren von Holocaust-Überlebenden überreichen.
Schallenberg nützt die hochrangige Woche seinem Büro zufolge auch für eine Vielzahl bilateraler Gespräche. So trifft er in New York zwei neue Amtskollegen, den Iraner Hossein Amir-Abdollahian und den Armenier Ararat Mirzoyan. Weitere Meinungsaustausche sind mit den Amtskollegen aus Pakistan (Shah Mehmood Qureshi), Tunesien (Othman Jerandi) und mit der libyschen Ressortchefin Najla El Mangoush geplant. Am Rande des Besuchs der UNO-Generalversammlung wird Schallenberg im Rahmen des vom Außenministerium propagierten Post-Corona-Wiederaufbauprojekts "ReFocus Austria" auch an einem Roundtable mit österreichischen und US-amerikanischen Unternehmen zum Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz teilnehmen.
Van der Bellen und Kurz kehren New York am Freitag wieder den Rücken. Für Schallenberg steht an diesem Tag noch seine Rede vor der Vollversammlung an, eher er am Samstag auch nach Wien zurückkehrt.
Zusammenfassung
- Im Vorjahr mutierte ausgerechnet die "runde" 75. Generalversammlung der Vereinten Nationen wegen Corona zu einem virtuellen Event, heuer findet das diplomatisch-politische Stelldichein in New York fast wieder "as usual" statt.
- Sowohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen als auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg nehmen an der 76. Auflage teil.
- Konkrete Gesprächspartner wurden freilich nicht genannt.