U-Ausschuss hat sich 2021 noch einiges vorgenommen
Der vor einem Jahr von SPÖ und NEOS initiierte Ibiza-Untersuchungsausschuss hat die erste Halbzeit absolviert. In mehr als 20 Befragungstagen gingen die Abgeordneten der mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung nach - wie effektiv darin variieren die Einschätzungen. Während SPÖ und NEOS die Arbeit als Erfolg werten, ortet die ÖVP eine "Politshow". Am 12. Jänner ist es mit der Pause vorüber, bis Mitte April sind knapp 20 weitere Termine anberaumt.
Wie 2020 wird wohl auch im kommenden Jahr das Coronavirus seinen Schatten auf die Ausschuss-Arbeit werfen, wenn auch in geringerem Umfang als noch zu Beginn der Pandemie. Setzte der U-Ausschuss doch zuletzt trotz Lockdowns seine Arbeit fort, im Gegensatz zum Frühjahr. Damals wurde die Tätigkeit nämlich im Einvernehmen der Fraktionen ausgesetzt, und die Monate März bis Mai fielen aus der Gesamtrechnung heraus.
Für das neue Jahr haben sich die Abgeordneten noch einiges vorgenommen. Stehen doch mit zwei verschiedenen Ladungslisten - eine gemeinsame von SPÖ und NEOS sowie eine von der ÖVP - eine Reihe von Auskunftspersonen am Programm.
Die Fraktionen haben sich vorerst bis Mitte Februar auf die Ladungen geeinigt, darunter etwa der burgenländische Landeschef Hans Peter Doskozil, Ex-SPÖ-Stiftungsrat Niko Pelinka, Casinos-Austria-Prokurist Peter Erlacher, Markus Braun, Vorstand der Sigma Investment AG oder auch der aktuelle Kabinettschef von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Bernhard Bonelli. Kathrin Glock, Frau des Waffenproduzenten Gaston Glock, will den Abgeordneten nun ebenfalls Rede und Antwort stehen, nachdem sie sich eine Beugestrafe eingehandelt hatte.
Für die weiteren Termine gibt es unter den Fraktionen hingegen noch keine Einigung, wer wann konkret kommen soll. Dem Vernehmen nach ist man aber übereingekommen, welche Fraktion an den jeweiligen Tagen die Auskunftspersonen nominiert. Die Aufteilung lautet zwei Drittel der Tage werden von SPÖ und NEOS, ein Drittel von der ÖVP bestimmt. Für das Frühjahr als Auskunftspersonen geplant sind des Weiteren beispielsweise der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos, Julian H, der ehemalige SPÖ-Kanzler Christian Kern sowie dessen damaliger ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner oder auch die ehemalige Ex-Außenministerin Karin Kneissl.
Blümel, Strache und Gudenus sollen erneut aussagen
Zudem wollen die Abgeordneten neben den beiden unfreiwilligen Hauptdarstellern des Ibiza-Videos, Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus, nochmals Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hören. Gestaltete sich dessen Befragung doch zu Beginn des Ausschusses äußerst zäh. Blümel hatte sich über 80 Mal auf mangelnde Erinnerungsfähigkeit berufen. Wenig Glauben schenkten die Abgeordneten auch der Aussage Blümels, wonach er die Geschäfte als Kanzleramtsminister und Regierungskoordinator ohne Laptop geführt haben will. Vor allem weil in Sozialen Medien verschiedene Fotos aus der türkis-blauen Regierungszeit kursieren, die ihn jeweils mit einem Notebook zeigten. Etwas gesprächiger hatte sich hingegen der freiheitliche Ex-Infrastrukturminister Norbert Hofer gezeigt, verriet er doch etwa, dass man unter Türkis-Blau zum Vorschlagsrecht bei Aufsichtsräten einen 2:1-Schlüssel vereinbart habe. Demnach musste immer mindestens ein Aufsichtsrat der jeweils anderen Fraktion im Verhältnis 2:1 eingesetzt werden.
Postenschacher rund um Casag
Beim Hauptthema der angeblichen Postenschacherei und dem mutmaßlichen Gesetzeskauf rund um die Casinos Austria sowie dem Glücksspielkonzern Novomatic erschwerten zum Teil die laufenden Ermittlungen die politische Aufklärungsarbeit. So machten doch etliche Auskunftspersonen, die zugleich in diversen Verfahren als Beschuldigte geführt werden, von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch. Rauchende Pistole fanden die Abgeordneten bisher keine. Ein mögliches Corpus Delicti orteten SPÖ und NEOS jedenfalls in der geplanten umfassenden Liberalisierung des heimischen Glücksspiels. Neben der Versteigerung von Onlinelizenzen hätten die Pläne eine bundeseinheitliche Regelung für das sogenannte kleine Glücksspiel sowie die Ausschreibung von drei Casino-Lizenzen vorgesehen. Der Realisierung kam letztlich aber das Platzen von Türkis-Blau zuvor.
Beim Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) haben SPÖ und NEOS hingegen ihrem Dafürhalten nach die rauchende Pistole gefunden. Sowohl FPÖ als auch ÖVP erhielten Spenden von Privatklinikbetreibern. Gemeinsam beschlossen die beiden Parteien dann auch eine Reform der Privatkrankenanstalten-Finanzierung, von der die Spender profitierten. Aus Sicht der Klinikbetreiber sei die Neuregelung des Prikraf aber längst überfällig gewesen.
Ins Visier der Abgeordneten geriet auch das "Projekt Edelstein". So nannte das ÖVP-geführte Finanzministerium intern die angedachte Teilprivatisierung des Bundesrechenzentrums, die vorsah, das staatseigene IT-Zentrum an die Post zu verkaufen. Dafür wurden Gutachten in Auftrag gegeben und Gesetzesänderungen vorbereitet. Gewälzt wurden die Pläne bereits seit 2018, der Koalitionspartner FPÖ dürfte aber nicht informiert gewesen sein.
Spaltpilz Sobotka
Stets für Aufregung sorgte aber auch das Alois-Mock-Institut, respektive dessen Präsident, Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP), der - geht es nach SPÖ und NEOS - selbst Teil eines vermuteten Netzwerks rund um Korruption und Gesetzeskauf sein könnte. Schließlich habe das Alois-Mock-Institut in den vergangenen Jahren Geld vom Glücksspielkonzern Novomatic erhalten. Sobotka wiederum hatte die Kooperation des Instituts mit dem Glücksspielkonzern mehrfach verteidigt. Dieses sei ein "bürgerlicher Thinktank" und kein parteinaher Verein. Zudem habe man die Kooperation mit der Novomatic stets auf der Homepage ausgewiesen. Der Glückspielkonzern habe Interesse an dieser gehabt, weil das Alois-Mock-Institut "interessante Themen" geboten habe.
Und auch die Vorsitzführung Sobotkas wurde von SPÖ und NEOS wiederholt bekrittelt. Diese sei keinesfalls unparteiisch, Sobotka versuche immer wieder Einfluss zu nehmen, lauten die Vorwürfe. Und diese werden auch 2021 nicht so schnell abklingen.
Zusammenfassung
- Der vor einem Jahr von SPÖ und NEOS initiierte Ibiza-Untersuchungsausschuss hat die erste Halbzeit absolviert.
- In mehr als 20 Befragungstagen gingen die Abgeordneten der mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung nach - wie effektiv darin variieren die Einschätzungen.
- Schließlich habe das Alois-Mock-Institut in den vergangenen Jahren Geld vom Glücksspielkonzern Novomatic erhalten.