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Tiroler Spionageprozess: Verhandlung fortgesetzt

Am Landesgericht Innsbruck ist am Mittwoch der Prozess gegen drei in Tirol lebende Türken fortgesetzt worden. Sie sollen den türkischen Geheimdienst MIT von Tirol aus mit Informationen über hierzulande aufhältige Landsleute versorgt haben. Zwei von ihnen wurde vorgeworfen, Männer mit einer List in die Türkei gelockt zu haben, wo diese vom Geheimdienst verhört wurden. Die Angeklagten hatten am ersten Verhandlungstag am Montag auf "nicht schuldig" plädiert.

Außerdem sollen die drei mutmaßlichen Spione - zwei Männer und eine Frau - laut Anklage dem türkischen Nachrichtendienst Milli Istihbarat Teskilati ein kompromittierendes Video eines in Österreich tätigen Religionslehrers übermittelt haben. Die weitergeleiteten Informationen betrafen solche über Mitglieder der oppositionellen Gülen-Bewegung sowie über der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nahestehende Personen. Die vorgeworfene Liste betraf das angeblichem Versprechen eines Goldgeschäftes, mit dem zwei Angeklagte Männer in die Türkei gelockt, die dort vom Geheimdienst verhört worden sein sollen. Den drei Angeklagten droht im Falle einer Verurteilung eine bis zu zehnjährige Haftstrafe.

In seinem Schlussplädoyer am Mittwoch betonte der Staatsanwalt, dass man aus der "Lebensweise" der Angeklagten klar Verbindungen zum MIT ableiten könne. "Es gibt, anders als von den Angeklagten betont, sehr wohl noch einen Bezug zur Türkei und dort zu rechtsextremen Bewegungen", führte der öffentliche Ankläger aus. Gerade weil die Angeklagten unauffällig wirkten und - im Falle der Erst- und des Zweitangeklagten - eher wenig gebildet seien, liege der Spionageverdacht nahe. "Um flächendeckend zu bespitzeln, braucht es eben die Putzfrau und den normalen Arbeiter", argumentierte er. Dass die Geschichte "nebulös" sei, sei im Sinne der Sache: "Geheimdienste arbeiten verdeckt und eben nebulös und schwer greifbar."

Die Verteidiger der Angeklagten widersprachen den Ausführungen des öffentlichen Anklägers vehement. "Wir haben es hier definitiv nicht mit dem Geheimdienst und mit Spionen zu tun", sagte die Verteidigerin des Erstangeklagten. Alle Zeugen hinsichtlich des "Goldgeschäftes" hätten nämlich verdeutlicht, dass sie es mit "Betrüger zu tun hatten", sicher aber nicht mit dem MIT. Dem schloss sich auch der Verteidiger des Zweitangeklagten an: "Es gibt keine Hinweise darauf, dass irgendwer hier Mitglied des MIT ist oder damit zu hat", sagte er. Der Verteidiger des Drittangeklagten spitzte diese Feststellung zu: "Es bleibt überhaupt nichts von der Anklage übrig". Am späten Vormittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück.

Die drei Angeklagten hatten am Montag am ersten Verhandlungstag alle Schuld weit von sich gewiesen. "Ich habe nichts mit dem MIT zu tun, weiß nichts von Goldgeschäften und habe auch kein einschlägiges dreihundertseitiges Dossier mit Namen verfasst", sagte die Erstangeklagte vor dem Geschworenengericht. In dem gegenständlichen Dossier - in dem laut Anklageschrift vor allem Namen von Anhängern der Gülen-Bewegung standen - sei in Wahrheit etwas gänzlich Anderes zu finden.

Auch der Zweitangeklagte - der Ehemann der Erstangeklagten - wollte das Goldgeschäft, mit dem man zwei Männer in die Türkei lockte - nicht wirklich kommentieren. Er habe zwar mit einer Person darüber gesprochen, mit der MIT habe aber all das nichts zu tun auch. Das Video habe er zwar "tatsächlich weitergeleitet", jedoch nicht an den MIT, sondern mit der Intention, dass der darauf zu sehende Moschee-Vorbeter "seines Amtes enthoben wird".

Der Drittangeklagte leugnete ebenfalls jegliche MIT-Verbindung und argumentierte, dass es im 300-seitigen Dossier lediglich um "Vereinsstreitigkeiten" in der Moschee gehe. Das Video habe zwar gesehen, jedoch "nicht weitergeleitet". Dieses sei jedenfalls unabhängig von ihm "skandalöses Stadtgespräch" gewesen. "Danach hat der Vorbeter einfach seine Koffer gepackt und war weg", so der Mann.

Die drei einvernommene Zeugen - die beiden Männer rund um den versprochenen Golddeal und der Vorbeter, der auf dem Video zu sehen ist - konnten ebenfalls nichts zum Geheimdienst und etwaigen Verbindungen der Angeklagten mit diesem sagen. Beide Männer waren sich einig, dass es sich bei den Männern vor Ort in der Türkei "viel eher um Betrüger denn um den MIT gehandelt hat". Der Vorbeter betonte zudem, dass er wegen "Scham" seine Koffer gepackt und es keinen Druck aus der Türkei gegeben habe.

ribbon Zusammenfassung
  • Am Landesgericht Innsbruck wird gegen drei türkische Staatsbürger verhandelt, die beschuldigt werden, für den türkischen Geheimdienst MIT Informationen über in Österreich lebende Landsleute gesammelt zu haben.
  • Den Angeklagten droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, während sie alle Vorwürfe zurückweisen und behaupten, dass es sich um Betrug und nicht um Spionage handelt.
  • Die Geschworenen zogen sich nach den Schlussplädoyers zur Beratung zurück, nachdem die Verteidigung die Anschuldigungen vehement bestritt.