Thailands Parlament verwehrt Wahlsieger Amt des Premiers
Pita war der einzige Kandidat. Seine Partei hatte die Parlamentswahl Mitte Mai deutlich gewonnen und danach eine Koalition aus acht Parteien gebildet. Im Abgeordnetenhaus verfügt er damit über eine deutliche Mehrheit - wegen einer besonderen Verfassungsklausel reichten diese Stimmen aber nicht aus.
Das mächtige Militär, das bis jetzt an der Macht war, hat die Verfassung nach dem Putsch von 2014 zu seinen Gunsten verändert. Nicht mit der Armee verbundene Kandidaten haben es seither schwer, ins Amt zu kommen: Neben den 500 neu gewählten Abgeordneten bestimmen nämlich auch 250 nicht gewählte, vom Militär ernannte Senatoren den Ministerpräsidenten. Es war bis zuletzt unklar, wie viele Senatoren dem Harvard-Absolventen ihre Stimme geben würden.
Der Abstimmung vorausgegangen war eine sechsstündige Debatte, in deren Zentrum vor allem das Vorhaben der Move Forward Party stand, das kontroverse Lèse-Majesté-Gesetz zu ändern: Das beliebte Urlaubsland bestraft Majestätsbeleidigung so hart wie kaum ein anderes Land der Welt. Das Gesetz sieht lange Haftstrafen vor, immer wieder kommt es zu Festnahmen auch sehr junger Thais. Dagegen gibt es in der Bevölkerung schon lange Proteste. Viele konservative Politiker wollen aber an dem Gesetz festhalten - und verweigerten Pita deshalb ihre Stimme.
Im Zuge der Debatte versuchte Pita ein weiteres Mal, möglichst viele Abgeordnete von sich zu überzeugen. "Dies ist keine Stimme für mich oder für den Ministerpräsidenten Thailands, sondern eine historische Chance, in Thailand zur Normalität zurückzukehren", sagte er. Der Move-Forward-Generalsekretär, Chaithawat Tulathon, sagte: "Millionen von Wählern fragen sich: Wenn wir nicht den Regierungschef und die Regierung bekommen, für die eine Mehrheit gestimmt hat - wofür halten wir dann überhaupt Wahlen ab?"
Vor dem Parlament hatten sich zahlreiche Anhänger von Pita versammelt, die die Abstimmung verfolgten. In dem beliebten Urlaubsland werden Proteste befürchtet. Die Polizei richtete eine Protestverbotszone rund um das Parlamentsgebäude ein.
Am nächsten Mittwoch und möglicherweise auch am Donnerstag soll nun erneut abgestimmt werden. Dabei könnte Medien zufolge auch ein anderer Kandidat als Pita nominiert werden - oder aber Pita wird erneut aufgestellt. Dann müsste er Beobachtern zufolge allerdings seinen Gegnern Zugeständnisse machen, etwa beim Thema Lèse Majesté.
Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass Pita seine Parlamentsmitgliedschaft verlieren könnte. Die Wahlkommission gab formal der Bitte statt, beim Verfassungsgericht seine sofortige Suspendierung anzufragen. Hintergrund sind Ermittlungen über angebliche Aktienanteile an einem Medienunternehmen, die er während seiner Kandidatur besessen haben soll - was in Thailand Teilnehmern an einer Wahl verboten ist.
Pita könnte aber trotzdem zum Regierungschef gewählt werden. Die "Bangkok Post" zitierte ihn mit den Worten: "Das betreffende Medienunternehmen ist schon seit Ewigkeiten geschlossen, und ich hielt die Anteile nur als Testamentsvollstrecker des Nachlasses meines Vaters."
Zusammenfassung
- Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thailand hat der pro-demokratische Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat die einfache Mehrheit im Parlament klar verpasst.
- Der 42-Jährige von der progressiven Oppositionspartei Move Forward Party bekam 324 Stimmen von insgesamt 749. Für eine einfache Mehrheit wären 375 Stimmen nötig gewesen.
- Normalerweise hat das Parlament im Königreich 750 Sitze, ein Senator war jedoch kurz vor dem Votum zurückgetreten.