NÖ wählt: Nicht mehr nur Schwarz mit roten Tupfen?
Ein wenig dürftig wirkt das FPÖ-Plakat, das auf einem maroden Straßenspiegel hängt. "Gerade Jetzt", steht auf dem hellblauen Plakat mit rot-weiß-rotem Daumen-Emoji. Es ist die einzige sichtbare blaue Wahlwerbung im Ortskern der Waldviertler Gemeinde Hofamt Priel (Bezirk Melk) - aber sie ist prominent platziert.
Es wurde unmittelbar vor dem Plakat des großen Gegners postiert: Dem 1,5 Meter hohen, auf einem Anhänger stehenden Aufsteller der "Liste JAschke", der ÖVP. Denn im 1.700-Seelen-Ort regiert eine absolute schwarze Mehrheit mit 67,99 Prozent.
Es wirkt fast so, als wolle das FPÖ-Plakat ein wenig vom Rampenlicht der Schwarzen mitnaschen. Etwas, das angesichts der blauen Zugewinne bei den vergangenen Wahlen - sei es zum Nationalrat oder bei diversen Landtagswahlen - nicht verwundert.
Rund 180 Kilometer weiter östlich sieht das Ganze anders aus. Statt vereinzelter Wahlplakate wie in Hofamt Priel färbt sich der Ortskern in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) in der grau-nebeligen Jahreszeit nahezu bunt. Rund um den Kreisverkehr bei der Hauptstraße, der das Stadtbild dominiert, befinden sich Plakate sowohl von SPÖ, NEOS, Grünen und ÖVP.
Doch eine Partei fehlt bei dem Polit-Spektakel: die FPÖ. Haben die Freiheitlichen in Ternitz also keinen Wahlkampf nötig?
"So wird es bleiben"
Prinzipiell gab es in der Vergangenheit im Gemeinderat der Ternitzer Gemeinde wenig Platz für die Blauen. "Ternitz war schon immer rot und so wird des bleiben", sagt eine ältere Dame voller Überzeugung gegenüber PULS 24.
Auch in Hofamt Priel sagt eine Pensionistin - die ja immerhin das politische Gemeindegeschehen seit Jahrzehnten verfolgt - zuversichtlich: "Bei uns gibt's nur Schwoaze".
Dennoch: Die "blaue Welle" auf Bundesebene ist im Wahlkampf zu den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen am 26. Jänner präsent. In 568 Gemeinden wird gewählt, 1,3 Millionen Niederösterreicher:innen sind wahlberechtigt.
"Die Freiheitlichen haben in meiner Gemeinde im Vergleich zum Bund nicht viel zu melden gehabt", sagt ein älterer Herr, der in der lokalen Bäckerei "Schlief" in Ternitz an seinem Kaffee schlürft. Aber das muss nicht so bleiben, meint selbst der SPÖ-Bürgermeister von Ternitz, Christian Samwald, vorsichtig.
"In der Gemeinde wähl i eh di, Sami"
"Natürlich, man muss ganz ehrlich der politischen Realität ins Auge sehen, es ist ein gewisser politischer Trend in der Bundespolitik gegeben, der auch andere politische Ebenen betrifft", sagt er in seinem Bürgermeister-Büro im dritten Stock des Gemeindeamtes.
Trotzdem ist er sich sicher, dass die Bürger:innen in Ternitz zwischen Kommunal- und Bundespolitik unterscheiden können. "Im Bund hab i blau gewählt, aber in der Gemeinde wähl i eh di, Sami", hört er von seinen Bürger:innen. Er wirkt stolz, worauf auch sein Bücherregal mit der Aufschrift "Bürgermeister" hindeutet. Bei den vergangenen Gemeinderatswahlen sicherte sich die SPÖ 66,76 Prozent.
Ein Blick in die Geschichte der Ternitzer Gemeinde zeigt, dass die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen seit über 25 Jahren die Nase ganz klar vorne hat.
Persönlichkeiten statt Parteien
Es ist nicht unüblich, dass auf Gemeindeebene mit Köpfen geworben wird. Aber in diesem Wahlkampf habe man ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, erzählt Franz Jaschke (ÖVP), der Bürgermeister von Hofamt Priel.
Denn ein weiteres bundespolitisches Thema sitzt auch in den Gemeinden tief - die Hinwendung der ÖVP zur FPÖ im Bund. Die Blauen stellen in keiner niederösterreichischen Gemeinde den Bürgermeister. Die ÖVP in 414 von 568.
Nur keine Bundespolitik in der Gemeinde
"Wenn jemand davon anfängt, schwenke ich gleich um", so Jaschke. So wie er das sagt, erscheint das fast wie eine Art Routine. Auch im Wahlkampf setzten die ÖVP-Gemeindepolitiker auf "Listen". Der Parteiname ist auf dem 1,5-Meter-Plakat im Ortszentrum kaum ersichtlich. Auch von den Farben Türkis oder Schwarz fehlt auf den Plakaten jede Spur.
Man habe sich bewusst von der Bundespolitik abgegrenzt, denn "man nicht weiß, was im Bund passiert", erklärt der Bürgermeister.
Beide Bürgermeister, Jaschke wie Samwald, wollen den Fokus auf lokale Themen legen. Die Wähler:innen unterscheiden laut Samwald zwischen: "In welche Richtung bringe ich meine Gemeinde" und: "Bin ich mit etwas in der Bundespolitik zufrieden oder nicht".
Vor der blauen Trendwelle fürchte man sich sowohl in Ternitz als auch in Hofamt Priel nicht - und das nicht nur, weil die freiheitliche Wahlwerbung eher unterrepräsentiert ist.
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Jene, die etwa für die FPÖ in Hofamt Priel antreten, seien in der Gemeinde eher unbekannt, meint Jaschke. Er scheint erleichtert. Ein Mandat könnten sie allerdings schon bekommen. Auch Samwald ist überzeugt, dass sich die bisher geleistete Arbeit der SPÖ im Wahlergebnis äußern wird.
Rote und schwarze "Ortskaiser" bremsen
Dass die "blaue Welle" auf Bundesebene ungebremst in die Gemeindeämter rauscht, ist also kein Naturgesetz. Die FPÖ kandidiert zwar in 448 von 568 Gemeinden, die am Sonntag wählen, aber ÖVP und teilweise die SPÖ regieren in der Regel mit großen Mehrheiten.
Dass bei Kommunalwahlen Köpfe über Gesinnung stehen, kann aber durchaus bedeuten, dass sich "blaue Köpfe" in vormals schwarzen oder roten Gemeinden durchsetzen könnten. Im aktuell ÖVP regierten Waidhofen an der Thaya hofft darauf etwa der frühere FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl.
Dieser ist nicht nur im Waldviertel, sondern österreichweit bekannt. Seine Prominenz verdankt er unter anderem diversen Aussagen, für die er in der Vergangenheit Kritik erntete. Etwa sein rassistischer Sager gegenüber einer Schülerin 2023, die für eine Welle der Empörung und den Unspruch des Jahres sorgte.
Oder 2019, als er die "Zehn Gebote der Zuwanderung", die Verhaltensregeln für Asylwerber in der Grundversorgung präsentierte. Nicht zu vergessen: Der Stacheldrahtzaun rund um ein Asyl-Quartier in Niederösterreich, das für heftige Kritik sorgte. Ob Waldhäusl in der Waidhofner Kommunalpolitik eine Überraschung gelingen wird?
Zusammenfassung
- Mehr Schwarz als Rot findet sich aktuell in den rund 568 niederösterreichischen Gemeinderäten, in denen am Sonntag gewählt wird.
- Ob die aktuelle "blaue Stimmung" in der Bundespolitik auch die Kommunalpolitik durcheinanderwirbeln kann?
- Mehr denn je sind auch die Freiheitlichen Gesprächsthema.
- PULS 24 hat sich in zwei Gemeinden umgehört.