Kontroverse Diskussion bei "Pro und Contra": Russland "halbherzig einmarschiert"?
Bei "Pro und Contra" auf PULS 24 diskutierten der Grüne Nationalratsabgeordnete Michel Reimon, die aus der Ukraine stammende Unternehmerin Oksana Stavrou, die Direktorin des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik, der frühere österreichische Botschafter in Moskau Emil Brix und der Geschäftsführer von InfraRot Medien, der davor beim russischen Staatssender "Russia Today" als Chief Strategy Officer tätig war.
"Tschetschenen-Szenario" mit totaler Zerstörung der Ukraine
Velina Tchakarova befürchtet im Gespräch, dass Russlands Präsident Wladimir Putin auch in der Ukraine ein "Tschetschenien-Szenario" planen könnte. Das liefe auf die totale Zerstörung der Ukraine hinaus, "um den Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer zu brechen". Sie und Oksana Stavrou sind allerdings der Meinung, dass selbst die Ermordung des ukrainischen Präsidenten den Willen der Zivilbevölkerung nicht brechen könne. "Die Ukrainer würden nicht aufgeben", ist sich Stavrou sicher. Man würde trotzdem weiterkämpfen.
Putins Strategiewechsel
Michel Reimon, Nationalratsabgeordneter der Grünen, ortet bei Russlands Präsidenten Putin im Lauf des Kriegs eine Strategieänderung. Statt die Kämpfe klein und regional begrenzt zu halten, "probiert er es jetzt wohl größer". Putin habe allerdings nicht mit "dem großen Aufschrei und der Reaktion" des Westens gerechnet.
Putin will instabile Verhältnisse ausnutzen
Emil Brix, der Direktor der diplomatischen Akademie und früherer österreichischer Botschafter in Moskau, sieht das anders: "Putin war immer so, er hat sich nicht verändert." Für Brix habe Putin aber erkannt, dass die Welt instabil sei und man diese Situation ausnutzen könne.
Russen "halbherzig einmarschiert"
Ivan Rodionov argumentiert ganz auf Russland-Linie. Er zweifelt an, dass es die in den westlichen Medien geschilderte russische Aggression überhaupt gebe. "Ist denn irgendwo belegt, dass das alles von russischer Seite kommt? Es gibt so viele Fakes, so viel wurde noch nie gelogen." Die Russen seien in der Ukraine – im Vergleich zu den US-Amerikanern in anderen Staaten – nur sehr "halbherzig einmarschiert". Auch seien die aktuellen Friedensverhandlungen seiner Meinung nach keine "Scheinverhandlungen", wie es so oft in Medien dargestellt werde.
Stavrou sieht in gewissen Handlungen der russischen Truppen - einer vollkommen Zerstörung von Städten - keinen "halbherzigen Einmarsch".
Für Rodionov hätten die Ukrainer schon viel früher – "vor der Eskalation" – mit Verhandlungen beginnen müssen. Insgesamt gibt er der Ukraine unter ihrem Präsidenten Selenskyj die Hauptschuld an dem Krieg. Immerhin habe "Selenskyj auch keines seiner Wahlversprechen gehalten", so Rodionov.
Sowohl Tchakarova, Stavrou als auch Brix korrigieren Rodionov und stellen fest, dass die Eskalation nicht von der Ukraine ausgegangen sei und nicht die Ukraine einen Angriffskrieg gestartet hätte, sondern die russische Seite.
Rodionov hält es auch für unwahrscheinlich, dass die Sanktionen gegen Russland Unruhe in die russische Bevölkerung bringen könnten. Er hält es eher für wahrscheinlich, dass sich Russland hinter Putin solidarisch versammeln werde. Putin repräsentiere für ihn "die Sicherheitsinteressen der Mehrheit der Russen" und diese würden sich von der NATO bedroht fühlen.
Brix: Putin fürchtet sich vor eigenem Volk
Grünen-Politiker Reimon und Ex-Botschafter Brix widersprechen dem heftig. Es gebe keine NATO-Angriffspläne. "Wovon hat sich Putin bitte bedroht gefühlt?", fragt Reimon. Brix meint, dass Putin sich vor allem vor der eigenen Bevölkerung fürchtet. Er ist zuversichtlich, dass die Wahrheit immer durchsickert und die russische Bevölkerung sich gegen Putin stellen wird.
Zusammenfassung
- In "Pro und Contra" bei Corinna Milborn diskutierten hochkarätige Gäste teils kontrovers über Putins Rolle im Ukraine-Krieg und seinen Rückhalt in der russischen Gesellschaft.
- Velina Tchakarova befürchtet im Gespräch, dass Russlands Präsident Wladimir Putin auch in der Ukraine ein "Tschetschenien-Szenario" planen könnte.
- Michel Reimon, Nationalratsabgeordneter der Grünen, ortet bei Russlands Präsidenten Putin im Lauf des Kriegs eine Strategieänderung.
- Ivan Rodionov argumentiert ganz auf Russland-Linie. Er zweifelt an, dass es die in den westlichen Medien geschilderte russische Aggression überhaupt gebe.
- Sowohl Tchakarova, Stavrou als auch Brix korrigieren Rodionov und stellen fest, dass die Eskalation nicht von der Ukraine ausgegangen sei und nicht die Ukraine einen Angriffskrieg gestartet hätte, sondern die russische Seite.