Kiew: Vier Tote nach Raketenbeschuss von Wohngebäuden
Laut Bürgermeister Vitali Klitschko gab es vier Todesopfer. Er verhängte eine 35-stündige Ausgangssperre. Die Evakuierungen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol wurden fortgesetzt, 2.000 Autos verließen die Stadt. Busse kamen offenbar nicht in die Stadt durch.
Zunächst hatten die Behörden von zwei Toten bei den Angriffen in Kiew gesprochen. Laut früheren Informationen des Zivilschutzes konnten 35 Bewohner gerettet werden. Berichten zufolge wurde auch der Eingang zu einer U-Bahn-Station beschossen. Es wird vermutet, dass dieser Angriff einer nahe gelegenen Munitionsfabrik galt.
Klitschko kündigt Ausgangsperre an
Als Reaktion auf die Angriffe kündigte Bürgermeister Klitschko eine 35-stündige Ausgangssperre in Kiew an. Von Dienstagabend, 19.00 Uhr (MEZ), bis Donnerstagfrüh, 6.00 Uhr (MEZ), dürften die Einwohner ihre Häuser nur verlassen, um sich in Schutzräumen und Bunkern in Sicherheit zu bringen, schrieb Klitschko am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram. Er sprach von einem "schwierigen und gefährlichen Moment" für die ukrainische Hauptstadt. Die russische Armee versucht derzeit, Kiew einzukesseln. In der Stadt befindet sich nach wie vor die Hälfte der einst drei Millionen Einwohner.
Häufung von zivilen Angriffszielen
Auch aus der ostukrainischen Stadt Ruischne wurden vier Tote bei russischen Angriffen gemeldet. Die Angriffe hätten eine Einrichtung für sehbehinderte Kinder, das städtische Krankenhaus und drei Schulen zerstört, meldete die Agentur Unian am Dienstag. Rubischne liegt nahe der Großstadt Sjewjerodonezk, um die sich prorussische Separatisten und ukrainische Truppen derzeit heftige Kämpfe liefern.
Unübersichtliche Lage
In mehreren Teilen des Landes warnten Sirenen am Dienstag vor neuen Luftangriffen, darunter in Odessa im Süden und Tschernihiw im Norden der Ukraine. Das Moskauer Verteidigungsministerium meldete laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, die volle Kontrolle über die gesamte Region Cherson im Süden erlangt zu haben. Die Flughafen der Industriestadt Dnipro wurde nach Angaben des Gouverneurs der Region bei russischen Angriffen weitgehend zerstört.
Ukrainische Truppen wiederum wehrten nach eigenen Angaben einen russischen Vorstoß in der umkämpften Hafenstadt Mariupol ab. Auch in der Hafenstadt Mykolajiw zwischen Odessa und Cherson wurden nach Angaben des Gouverneurs der gleichnamigen Region die russischen Truppen zurückgedrängt. Angaben zum Kampfgeschehen können nicht unabhängig überprüft werden.
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Paul Ronzheimer, stellvertretender Chefredakteur der deutschen "Bild"-Zeitung, spricht mit PULS 24 Anchorman Fabian Kissler über die kriegerischen Auseinandersetzung in der Ukraine, die Vorbereitungen auf einem möglichen Angriff auf Kiew und die Gefahren von Journalistinnen und Journalisten im Krieg.
Flucht aus Mariupol
Aus der umkämpften südostukrainischen Hafenstadt Mariupol haben sich unterdessen nach Behördenangaben Menschen in etwa 2.000 Autos in Sicherheit gebracht. Die Fahrzeuge folgten der Route in die zentralukrainische Großstadt Saporischschja, teilte der Stadtrat von Mariupol Dienstagmittag in seinem Telegram-Kanal mit. Weitere 2.000 Autos warteten am Stadtrand. Am Montag hatten 160 Autos die Stadt verlassen.
Ein Konvoi mit Dutzenden Tonnen Hilfsgütern und leeren Bussen für die Evakuierung von Mariupol steckte nach ukrainischen Angaben im nahe gelegenen Berdjanks fest. Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk warf der Moskauer Regierung vor, fälschlicherweise zu behaupten, sich an Vereinbarungen für Evakuierungen halten. Konvois von Privatwagen seien nicht ausreichend, um die Menschen in Sicherheit zu bringen. Vielmehr müssten Busse durchgelassen werden, betonte Wereschtschuk.
Weitere Fluchtkorridore
Die Ukraine plante nach eigenen Angaben am Dienstag die Öffnung von insgesamt neun Fluchtkorridoren aus belagerten Gebieten. Aus der Region Sumy an der russischen Grenze sollten möglicherweise mehr als 70 Busse mit Frauen und Kindern in Sicherheit eskortiert werden, berichtete ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf.
Drei Millionen Flüchtende
Seit der russischen Invasion am 24. Februar sind Tausende Menschen bei Kämpfen und Bombardements getötet worden. Laut den Vereinten Nationen (UN) sind inzwischen fast drei Millionen Menschen geflohen, darunter 1,4 Millionen Kinder. Russland bezeichnet sein Vorgehen in der Ukraine als "Spezialoperation zur Entnazifizierung" des Nachbarlandes. Die USA und ihre Verbündeten sehen darin einen Vorwand für einen ungerechtfertigten Angriff auf die Ex-Sowjetrepublik.
Zusammenfassung
- In der Ukraine gehen die russischen Angriffe auf wichtige Städte weiter.
- In der Hauptstadt Kiew wurden nach Angaben des Zivilschutzes Dienstagfrüh vier Wohngebäude in mehreren Stadtteilen von Raketen getroffen.
- Als Reaktion auf die Angriffe kündigte Bürgermeister Klitschko eine 35-stündige Ausgangssperre in Kiew an.