APA/GEORG HOCHMUTH

Karmasin-Verteidiger und WKStA überlegen Berufung

Am Dienstag wurde Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zu 15 Monaten bedingter Haft wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen verurteilt. Gegen den Vorwurf des schweren Betruges im Zusammenhang mit dem Weiterbezug ihres Ministergehalts wurde sie freigesprochen. Offen ist, ob gegen die Urteile Rechtsmittel eingelegt werden.

Die Verteidiger haben diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen, teilte Philipp Wolm, einer der Rechtsvertreter Karmasins, mit. Seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hieß es am Mittwoch auf APA-Anfrage, man befinde sich hinsichtlich allfälliger Rechtsmittel bereits "in Abstimmung mit den Oberbehörden".

Es handle sich um einen berichtspflichtigen Akt, das weitere Vorgehen werde nun mit den vorgesetzten Behörden - der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium - geklärt, erläuterte eine WKStA-Sprecherin. Für das Einbringen von Rechtsmitteln haben Verteidigung und Anklagebehörde drei Tage und somit bis kommenden Freitag Zeit.

Tätige Reue rettete Karmasin

An sich käme es nicht überraschend, würde die WKStA zumindest den Freispruch Karmasins vom Betrugsvorwurf bekämpfen. Denn im Unterschied zur Anklagebehörde billigte der Schöffensenat der Ex-Politikerin tätige Reue im Sinne des § 167 Abs 2 StGB zu. Für das Gericht war es zwar "zweifellos erwiesen" und "eindeutig dokumentiert", dass sich Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit Anfang Dezember 2017 ungeachtet der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit "mit voller Absicht" ihre Fortbezüge bis Ende Mai 2018 erschlichen hatte.

Die erste Instanz kam aber zum Schluss, dass die Strafbarkeit des Betrugs aufgehoben war, weil der Ex-Ministerin zugebilligt werden musste, den angerichteten Schaden vollständig, rechtzeitig und freiwillig gut gemacht zu haben, bevor die Strafverfolgungsbehörden von Karmasins Verschulden Kenntnis erlangt hatten.

Thür: "Hätte ich eine Anzeige gemacht, wäre Karmasin wohl schuldig gewesen"

Der ORF-Journalist Martin Thür, der für die "ZiB 2" zu Karmasins Bezügeproblematik recherchiert und diese erstmals publik gemacht hatte, gab indes auf Twitter zu bedenken: "Um das rechtliche Spannungsfeld der tätigen Reue deutlich zu machen: Hätte ich eine Anzeige gemacht, wäre Karmasin wohl schuldig gewesen. Dadurch, dass ich berichtet und beim Anwalt angefragt habe, konnte Karmasin rechtzeitig zurückzahlen und geht beim Faktum Betrug straffrei aus." Und weiter merkte Thür an: "Wenn Journalisten Betrug öffentlich machen, bevor Behörden ermitteln, können sich die Beschuldigten einfach freikaufen, in dem sie die Schadenssumme zurückzahlen."

ribbon Zusammenfassung
  • Am Dienstag wurde Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) zu 15 Monaten bedingter Haft wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen verurteilt.
  • Gegen den Vorwurf des schweren Betruges im Zusammenhang mit dem Weiterbezug ihres Ministergehalts wurde sie freigesprochen.
  • Offen ist, ob gegen die Urteile Rechtsmittel eingelegt werden.
  • Die Verteidiger haben diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen, teilte Philipp Wolm, einer der Rechtsvertreter Karmasins, mit.
  • Seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hieß es am Mittwoch, man befinde sich hinsichtlich allfälliger Rechtsmittel bereits "in Abstimmung mit den Oberbehörden".