Immer mehr ÖVP-Landeshauptleute fordern Strompreisdeckelung
Niederösterreichs Landeschefin verlangte am Wochenende einen Preisdeckel und kritisierte fehlende Taten gegen die Teuerung und damit indirekt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der sich zuletzt im Nationalrat gegen einen Preisdeckel ausgesprochen hatte. Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) äußerte sich am Sonntag ablehnend.
Debatte um Strompreisdeckel
Drexler: "Preisdeckel könnte notwendig sein"
Aufgeschlossen zeigte sich hingegen Drexler. Auch in der Corona-Pandemie habe die Regierung zu Maßnahmen gegriffen, die sich zuvor niemand habe vorstellen können, meinte er am Montag gegenüber der Tageszeitung "Österreich". Die massiven Interventionen seien aber notwendig gewesen, argumentierte er: "So könnte auch ein Preisdeckel notwendig werden."
Ähnliche Töne kamen auch aus Oberösterreich: "Mit Experten sollte über einen Preisdeckel nachgedacht werden", erklärte Stelzer gegenüber der Tageszeitung "Österreich". Für ihn sei klar, dass es weitere Unterstützungen und Hilfen brauche.
Miki-Leitner: "Verantwortung der gesamten Bundesregierung"
Man müsse alles tun, um die hohe Belastung der Haushalte und der Wirtschaft abzufedern, betonte Mikl-Leitner am Montag am Rande einer Pressekonferenz am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg mit Blick auf hohe Stromrechnungen. "Da darf es keine Denkverbote geben. Da kann ich mir auch einen Deckel vorstellen", sagte die ÖVP-Politikerin. Eine europäische Lösung wäre "gut, wichtig und richtig", aber diese sei nicht so schnell realisierbar. "Wir wissen natürlich, dass der Staat nicht alles finanziell unterstützen kann, aber gerade hier braucht es eine finanzielle Unterstützung."
Die Landeshauptfrau erwartet "Verantwortung der gesamten Bundesregierung", die die Themenführerschaft übernehmen müsse. Sie forderte ein Zusammenhalten im gesamten Parlament. Es gehe angesichts der Herausforderungen nicht um Parteipolitik, sondern um Vernunft und darum, den Menschen Zukunftsängste zu nehmen, meinte sie zu unterschiedlichen Positionen in der ÖVP zum Thema Deckelung. Die FPÖ NÖ forderte indes in einer Aussendung, dass Mikl-Leitner als Vertreterin des Mehrheitseigentümers Land Niederösterreich einen Energie-Preisdeckel beim niederösterreichischen Versorger EVN sofort sicherstellen müsse.
Kickl bringt Volksbefragung ins Spiel
Kritik am "Richtungsstreit" in der ÖVP kam von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Während ÖVP-Landeshauptleute einen Preisdeckel für Strom einfordern, wolle das ÖVP-Team in der Bundesregierung nichts davon wissen, so Kickl: "Dieses Schattenboxen in der ÖVP-Blase hilft den Menschen leider nicht." Preisdeckel könnten als Sofortmaßnahmen nur der erste Schritt sein, folgen müsse ein "Ausstieg aus der Sanktions-Eskalationsspirale", meinte er und brachte eine Volksbefragung zu diesem Thema ins Spiel.
Als "längst überfällig" bezeichnete ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die aktuellen Forderungen in den Energiemarkt einzugreifen. Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich oder Norwegen hätten den Ernst der Lage schon vor Monaten erkannt und regulieren die Preise, so Katzian. Zur Finanzierung schwebt ihm eine Sondersteuer auf Übergewinne vor.
Wifo-Chef Felbermayr gegen Strompreisdeckel
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr spricht sich gegen einen Strompreisdeckel aus. Ein solcher würde die Notwendigkeit, Energie einzusparen, konterkarieren, wie er im "Standard" und in der ZIB2 am Sonntag sagte. "Hohe Preise führen dazu, dass das Angebot steigt und die Nachfrage sinkt", so der Wirtschaftsforscher. Eingriffe in den Markt kann sich Felbermayr aber sehr wohl vorstellen, etwa durch progressive Stromtarife oder eine europaweite Subvention von Gasstrom.
Felbermayr kann sich beispielsweise vorstellen, "dass die Haushalte alle ein gewisses Ausmaß an Strom als Freistrom bekommen, als eine Gutschrift". Das würde die Preisexplosion abschwächen, ohne dass Sparanreize verloren gehen. "Die Idee wäre, die Stromrechnungen zu deckeln, aber die Preissignale bei den Haushalten ankommen zu lassen", erklärte Felbermayr.
Helfen gegen die Strompreisexplosion würde auch, Gas für die Stromerzeugung zu subventionieren, wie es in Spanien und Portugal passiert. Dies gehe jedoch nur europaweit, so Felbermayr. "Wenn wir das in Österreich alleine machen würden, dann sinkt zunächst einmal der Strompreis bei uns zwar, aber der würde dann auch die Verbraucher, Industrie und Haushalte, zum Beispiel in Bayern oder in Italien erfreuen. Und am Ende würde der österreichische Steuerzahler diese Subvention leisten für andere."
Zusammenfassung
- Die Rufe nach einer Deckelung der Strompreise werden in der ÖVP lauter.
- Nach der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) redeten am Montag auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler und sein oberösterreichischer Amts- und Parteikollege, Thomas Stelzer, einer derartigen Maßnahme das Wort.
- Die FPÖ kritisierte indes das "Schattenboxen" in den türkisen Reihen.
- Wifo-Chef Gabriel Felbermayr spricht sich gegen einen Strompreisdeckel aus.
- Ein solcher würde die Notwendigkeit, Energie einzusparen, konterkarieren, wie er im "Standard" und in der ZIB2 am Sonntag sagte.