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Gemeindebund-Pressl: Gemeinden mehr auf EU-Ebene einbinden

Mehr Aufmerksamkeit für die Gemeinden und ihre Leistungen: Das forderte Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl bei einem zweitägigen Brüssel-Aufenthalt diesen Mittwoch und Donnerstag von der EU. Pressl traf unter anderem mit elf österreichischen EU-Abgeordneten aller Fraktionen sowie Österreichs EU-Botschafter Thomas Oberreiter zusammen, um eine frühere Einbindung der Gemeinden in EU-Entscheidungen zu erreichen, unter anderem durch einen eigenen EU-Kommunalkommissar.

"In Brüssel stellt man sich oft die Frage: Wie können wir mit den Menschen kommunizieren, wie können wir die Basis einbinden?", so der Bürgermeister von Ardagger (Bezirk Amstetten), der seit Anfang des Jahres Präsident des Österreichischen Gemeindebundes ist, im Gespräch mit der APA. Es sei ihm "wichtig, dass wir auf europäischer Ebene die kleinste demokratiepolitische Einheit" wahrnehmen: Die Ebene der Gemeinden. Gerade in Österreich gebe es hier ein "über Jahrzehnte, teils Jahrhunderte erprobtes demokratiepolitisches System".

"Wir könnten gerade in den Gemeinden stärker den Diskurs über Auswirkungen von EU-Entscheidungen führen, wenn wir früher eingebunden wären", ist Pressl überzeugt. Er setzt sich darum neben einem eigenen Kommissarsposten für Gemeinden auch für ein "Rural Proofing" ein: Das bedeute, Gesetzesinitiativen der EU durch Expertinnen und Experten in Brüssel frühzeitig auch auf ihre lokale Umsetzbarkeit und Durchsetzbarkeit zu prüfen. Als Beispiel nennt er die Gebäude-Richtlinie. Ihr Ziel ist, Gebäude in der EU energieeffizienter zu machen. Für bestimmte Gebäude gibt es Sanierungsvorgaben.

Aber: "Wie wir das machen, hat keiner überlegt, und welche Kosten wir haben, hat auch keiner überlegt", kritisiert er die EU-Gesetzgebenden. "Wenn sie frühzeitig eingebunden würden, könnten die Gemeinden einbringen, dass sie sowieso planen zu sanieren." Dies wäre viel motivierender, um es auch zu schaffen, ist der Agrarökonom überzeugt. Nun sei es so: "Ihr müsst das machen als Gemeinden." Auch seine Amtskolleginnen und -kollegen in anderen EU-Ländern würden darunter "leiden, dass die kommunale Ebene zu wenig in den EU-Politiken berücksichtigt" werde. Er stehe mit diesen in regelmäßigem Austausch. Gefordert werden u.a. Vereinfachungen für die Gemeinden im EU-Wettbewerbsrecht und bei Auftragsvergaben an lokale Unternehmen.

Die elf EU-Abgeordneten, die er bei seinem Brüssel-Aufenthalt getroffen hat, hätten alle die "Gemeinden als wichtige Partner anerkannt". Durch alle Gespräche gezogen habe sich das Thema Wohnbau. Die EU soll ja erstmals einen eigenen Kommissarsposten dafür erhalten. Das Wohnbauthema sei "sehr spannend", denn es wurde immer "national bewältigt". Pressl sieht hier zwei Möglichkeiten: "Europa möchte nationale Entwicklungen überstimmen, weil sie nicht gepasst haben, oder zweitens man stärkt sogar die nationalen Bemühungen - so könnten wir es auch unterstützen." Der Gemeindebund verfolge immer das Prinzip der Subsidiarität: Entscheidungen sollten nicht über Ebenen getroffen werden, die selbst entscheidungsfähig und näher bei den Menschen seien.

Der Österreichische Gemeindebund vertritt laut eigenen Angaben 2.082 der insgesamt 2.093 österreichischen Gemeinden und Städte auf Bundesebene und repräsentiert damit insgesamt rund 70 Prozent der österreichischen Bevölkerung. In der EU gibt es laut Gemeindebund-Schätzung rund 80.000 gemeindeähnliche Kommunen, also unterste Verwaltungseinheiten.

ribbon Zusammenfassung
  • Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl fordert mehr Aufmerksamkeit für Gemeinden auf EU-Ebene und plädiert für die Einführung eines EU-Kommunalkommissars.
  • Pressl kritisiert die unzureichende Berücksichtigung der lokalen Umsetzbarkeit von EU-Gesetzen und nennt die EU-Gebäude-Richtlinie als Beispiel.
  • Der Österreichische Gemeindebund vertritt 2.082 von 2.093 österreichischen Gemeinden und repräsentiert rund 70 Prozent der Bevölkerung.