Für FWF-Chef internationale Forschungskooperation zentral
Die Abhängigkeit Österreichs von internationaler institutioneller Kooperation zeigt sich laut dem FWF-Chef beispielsweise klar beim Vergleich mit Deutschland: Der Anteil der von der "FWF-Schwesterorganisation", der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, geförderten Einzelprojekte, die eine oder mehr internationale, monetär "substanziell beitragende" Partnerinstitutionen an Bord haben, ist wesentlich niedriger als jener beim FWF: Im Nachbarland sind es knapp über drei Prozent, hierzulande fast 18, erzählte Gattringer. Die grenzüberschreitenden Kollaborationen auf individueller Ebene liegen natürlich viel höher. Aber: "In einem so großen Forschungsökosystem, wie es in Deutschland existiert, findet man zu jedem Thema Expertise im eigenen Land - man findet finanziell unterstützende Partnerinstitutionen oder auch Einrichtungen, die z.B. Teile der Experimente übernehmen können. In Österreich sind wir stärker auf internationale Kooperationen angewiesen."
Beim "FWF Think Beyond Summit" am Donnerstagabend steht auch die Frage im Raum, wie sich Österreich bei der Spitzenforschung breiter aufstellen kann. Im Zuge der Initiative "excellent=austria" wurden bisher neun Exzellenzcluster eingerichtet - zu unterschiedlichsten Forschungsthemen. "Über weitere Bewilligungen können wir erst ab 2027 reden", sagte Gattringer. Wie viel neue Cluster dann gegründet werden könnten, hänge von den im kommenden Jahr startenden Budget-Verhandlungen mit dem Ministerium ab. Der FWF-Chef sieht aber noch entsprechendes Potenzial: "In manchen Bereichen gibt es wichtige neue Entwicklungen, und man kann stellvertretend für mehrere ähnliche Bereiche die neu gegründeten Institute der ÖAW (Akademie der Wissenschaften, Anm.) nennen, die als Nukleus für zukünftige Cluster dienen können."
"Wir haben punktuell sehr gute Disziplinen", meint der gebürtige Wiener u.a. unter Verweis auf die mit Nobelpreisen geehrten und in Österreich entstandenen Beiträge aus der Physik von Anton Zeilinger und Ferenc Krausz. "Aber die volle Breite ist noch nicht erreicht." Ob das im vollen Umfang gelingen könne, sei fraglich. Aber es gebe "jedenfalls Verbesserungsmöglichkeiten". So sei es sinnvoll, etwa das Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) - als eines von vielen - "aus strategischen Gründen gut weiter auszubauen: Wir haben ja alle verfolgt, wie rasend schnell sich das Thema entwickelt und wie viel Geld die Privatindustrie hier in die Hände nimmt, um Grundlagenforschung zu betreiben".
40 Jahre Schrödinger-Stipendien mit Corona-Knick
Seit 40 Jahren fördert der FWF bereits Auslandsaufenthalte von Nachwuchsforschenden mit "Erwin Schrödinger Stipendien". Seit 1985 wurden darüber rund 3.500 Forschende unterstützt. Doch im Zuge der Corona-Pandemie gab es einen gut nachvollziehbaren Antragsknick. "Wir sind noch immer nicht ganz zurück auf dem Vor-Corona-Niveau", so Gattringer. Der internationale Austausch für den Nachwuchs sei wichtig. Gattringer hat als Teilchenphysiker selbst elf Jahre im Ausland verbracht: "Das sind sehr prägende Jahre. Man knüpft Kontakte, gewinnt neue Ideen gewinnt und bringt diese wieder mit." Aber auch das Anziehen von internationalen Spitzenforschenden sei wichtig: "Das gelingt derzeit eigentlich ganz gut."
Heuer erstmals vom FWF vergebenen werden "ASTRA"-Preise als Förderung von Nachwuchs-Spitzenforschung, die gemeinsam mit dem Wittgenstein-Preis im Juni überreicht werden. Mit 222 erhaltenen Anträgen für die neue Förderschiene - ein Nachfolgeprogramm der bisherigen START-Preise sowie der Elise-Richter-Förderungen für Frauen - gab es mehr Nachfrage als erwartet. Bei den START-Preisen hatte sich die Zahl der Bewerbungen zuletzt im Schnitt bei 120 pro Jahr eingependelt, so Gattringer, nur ein Drittel davon stammte von Wissenschafterinnen - nun in der aktuellen Ausschreibung liege der Frauenanteil bei knapp über 50 Prozent. Man sei daher "guter Hoffnung", nun auch tatsächlich die Hälfte der 18 ASTRA-Auszeichnungen an Forscherinnen vergeben zu können.
"Es rumort im System"
Was eine auf Einsparungen abzielende US-Forschungspolitik unter Präsident Donald Trump für Europas und auch Österreichs Forschung bedeutet, sei noch zu früh einzuschätzen, so Gattringer. Eine Leseart sei, dass Europa von US-Forschenden mit Vorsicht behandelt werde, weil Europa eventuell auch wirtschaftlich unter Druck komme und dann auch hier weniger Forschungsmittel zur Verfügung stünden. Andere würden aber auch schon von vermehrten Anfragen von jungen Personen aus den USA berichten, die gerne nach Europa kommen würden. "Mir ist noch nicht ganz klar, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Aber dass es etwas im System rumort, ist unbestritten." So liegt derzeit auch ein zwischen dem FWF sowie weiteren europäischen Partnern und der US-National Science Foundation ausverhandeltes "Memorandum of Understanding", u.a. zu gemeinsamen Ausschreibungen, auf Eis.
Angesichts der andauernden Koalitionsverhandlungen im Inland stellt sich auch die Frage, wie es um anstehende forschungspolitische Aufgaben bestellt ist, etwa die Neuerstellung des "FTI-Paktes" 2027-2029 - eine mehrjährige Finanzierungsvereinbarung für die zentralen Forschungsförderagenturen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen des Landes. Oder um einen Beschluss zur Zukunft des heuer auslaufenden Fonds Zukunft Österreich (FZÖ). "Man muss beides schnell angehen", so Gattringer hoffnungsvoll.
Zusammenfassung
- FWF-Präsident Christof Gattringer betont die Notwendigkeit internationaler Forschungskooperationen für Österreich, da fast 18 % der Projekte international gefördert werden.
- Im Rahmen der Initiative 'excellent=austria' wurden neun Exzellenzcluster eingerichtet, wobei weitere Entscheidungen ab 2027 erwartet werden.
- Seit 1985 fördert das Erwin Schrödinger Stipendium Auslandsaufenthalte, mit einem Rückgang der Anträge während der Corona-Pandemie.
- Die neuen ASTRA-Preise für Nachwuchs-Spitzenforschung verzeichneten 222 Anträge, mit einem Frauenanteil von über 50 %.
- Ein Memorandum zwischen FWF und der US-National Science Foundation liegt derzeit auf Eis, während Koalitionsverhandlungen die zukünftige Forschungsfinanzierung beeinflussen.