FPÖ mobilisierte nur Mini-Bauern-Protest in Wien

Die FPÖ wollte Bauern für einen Protest nach deutschem Vorbild nach Wien holen. PULS 24 zählte etwa ein Dutzend Traktoren am Ballhausplatz. Mobilisiert hatten auch bekannte Personen aus dem Umfeld der Anti-Corona-Maßnahmen-Demos.

Rund 200 bis 300 Landwirte erhoffte sich die blaue Bauernschaft am Freitag ab 13 Uhr vor dem Bundeskanzleramt in Wien. Von bis zu 100 Traktoren war die Rede. Die FPÖ versuchte wohl, Wünschen aus diversen Telegram-Gruppen nachzukommen, wo seit Wochen den teils massiven Bauern-Proteste in Deutschland nachgeeifert wird.

Tatsächlich folgten dem Aufruf viel weniger Personen. PULS 24 Reporter Lukas Kimeswenger zählte rund ein Dutzend Traktoren am Ballhausplatz. Organisiert hatte die Demo die FPÖ, mobilisiert hatten auch bekannte Persönlichkeiten aus dem Lager der Corona-Maßnahmen-Gegner - und teils auch aus der rechtsextremen Szene. 

Verschwörungsphantasien

Dementsprechend waren bei der Demo auch einschlägige Plakate zu sehen, eine Russland-Fahne wurde geschwenkt. Ein bekannter Organisator von sogenannten Corona-Demos postete noch am Weg in die Innenstadt ein Video, in dem er in verschwörungsideologischer Manier meinte, dass Fleisch verboten werden und durch "künstliches Plastikfleisch" von Bill Gates ersetzt werden würde. 

PULS 24 Reporter Lukas Kimeswenger hat FPÖ-Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner beim Bauern-Protest interviewt

FPÖ-Agrarsprecher und Nationalratsabgeordneter Peter Schmiedlechner kritisierte im PULS 24 Interview vor Ort, die Regierung würde die Landwirtschaft "an die Wand fahren", Bauern würden "kaum noch wirtschaften können", es gebe zu viel Bürokratie und der EU-Green-Deal würde noch mehr "praxisfremde Maßnahmen" mit sich bringen. Er fürchtet, dass zukünftig mehr Lebensmittel importiert werden würden und man sich "von Lieferketten abhängig" mache. 

Präventiv-Protest gegen Ampel

Angesprochen auf eine mögliche Vereinnahmung der Bauernproteste durch Rechtsextreme, meinte Schmiedlechner, die Frage nicht verstanden zu haben. Er habe aber "nichts Illegales" bemerkt und sei "über jede Hilfe froh". Generell werde aber Regierungskritik gerne unterstellt, rechtsextrem zu sein, so der FPÖ-Landwirt. 

Wie davor schon Parteichef Herbert Kickl bei einer Pressekonferenz meinte auch Schmiedlechner, dass in Österreich "durchaus die Gefahr" bestehe, "dass eine Ampelregierung kommt". In Deutschland richteten sich die Proteste vor allem gegen die Regierung aus SPD, Grünen und FDP. Auslöser war schlussendlich die Kürzung der Dieselsubventionen.

In Deutschland hatten die bundesweiten Bauernproteste mit tausenden Traktoren auch für eine Diskussion darüber gesorgt, inwiefern die Landwirte für Interessen weit rechts stehender Parteien instrumentalisiert werden. Die rechtspopulistische AfD hatte die Demos mehrfach unterstützt. 

Bauern eher bei ÖVP angesiedelt

Schmiedlechner selbst war kürzlich bei einer Demo ist Berlin. Dort habe er sich "vernetzt", meinte er. Auf der Bühne in Wien holte er schließlich gegen Getreide aus der Ukraine, Laborfleisch, Insekten und Würmer als Fleischersatz, das Freihandelsabkommen Mercosur und die EU aus. Die Teilnehmer goutierten die Rede mit "Die Regierung muss weg"-Rufen.

Politische Analyse zum Bauern-Protest

Die Situation der österreichischen Landwirte ist mit der von deutschen Bauern nicht vergleichbar - sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Viele Landwirte sind im Bauernbund organisiert, der Teil der ÖVP ist - und damit einer langjährigen Regierungspartei. Der Bauernbund hatte der FPÖ-Kundgebung eine Absage erteilt.

Totschnig sieht Instrumentalisierung

Am Freitag war auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) in Berlin - allerdings nicht bei einer Demo, sondern auf einer Agrarmesse. Von dort richtete er aus: "In Deutschland wird Dialog gefordert, in Österreich ist das gelebte Realität."

In der Kundgebung in Wien sieht der Minister den Versuch der Freiheitlichen, bäuerliche Probleme für parteipolitische Zwecke zu instrumentalisieren. "Das ist sehr schade, denn die Situation in Österreich ist eine völlig andere". Auch er übte Kritik am EU-Green-Deal, der noch praxistauglicher gestaltet werden müsse. 

Der Vorsitzende der SPÖ-Bäuerinnen und -Bauern, Michael Schwarzlmüller, zeigte Verständnis für die Anliegen der Landwirte, warnte aber vor rechtsextremer Unterwanderung der Proteste. Der NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter sieht für Österreichs Bauern hingegen keine Notwendigkeit, auf die Straße zu gehen. "Sie machen einen sehr guten Job und werden in Österreich sehr gut behandelt", sagte er. 

Gegen 14.30 Uhr wurde die Kundgebung dann für beendet erklärt. Die wenigen Teilnehmer:innen zogen ab, auch die Traktoren rollten vom Ballhausplatz. Der Verkehr in Wien wurde - entgegen mancher Ankündigung in Telegram-Gruppen - nicht blockiert. Im Gegenteil: Bei der Kundgebung wurde durchgesagt: "Wir sind ja keine Klimakleber". 

ribbon Zusammenfassung
  • Die FPÖ wollte Bauern für einen Protest nach deutschem Vorbild nach Wien holen. PULS 24 zählte etwa ein Dutzend Traktoren am Ballhausplatz.
  • Mobilisiert hatten auch bekannte Personen aus dem Umfeld der Anti-Corona-Maßnahmen-Demos.
  • Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) sieht den Versuch der Freiheitlichen, bäuerliche Probleme für parteipolitische Zwecke zu instrumentalisieren.