Doskozil über "Kränkungen", SPÖ und "Andi"
190 Seiten lang ist der "Hausverstand" von Hans Peter Doskozil. Dass es in dem Buch um seinen Werdegang geht, ist sofort klar, die Kapitel sind in wichtige Daten aus seinem Leben eingeteilt. Und da holt Burgenlands Landeshauptmann weit aus: Er beginnt bei seiner Geburt und schildert sogar seinen Wechsel ins Gymnasium.
Die späteren Kapitel sind politischer geprägt, etwa der 9. Oktober 2008: "Der Tag, als mich Hans Niessl fragte, ob ich in sein Büro wechseln möchte". Und natürlich: "Der Tag, als ich - für 48 Stunden - SPÖ-Chef war".
Dabei beginnt letzterer Einblick gar nicht mit dem 3. Juni, sondern mit dem Sonntag danach, als Doskozil nach einer Abstimmung der SPÖ-Mitglieder zu ihrem vermeintlichen Parteivorsitzenden gewählt worden war. Der Tag startete gut für ihn, nicht nur war er Sieger, sondern sein Foto auf der Titelseite der "Kronen Zeitung" sei "endlich ein schönes" gewesen. Dabei sei er doch "teilweise nicht so fotogen", vertraut er seinen Leser:innen an.
"Andi, mach Du es!"
Doch dann das böse Erwachen: "Ich bin doch nicht der Sieger, bei der Auszählung ist etwas vertauscht worden, ein peinlicher Fehler", schreibt Doskozil. Trotz der Fassungslosigkeit rund um ihn sei er der "Ruhigste" gewesen. Pragmatisch dachte Doskozil, dass es "schon einen Sinn" haben würde, "dass es so gekommen ist".
Bevor es überhaupt zu einer Kampfabstimmung beim Sonderparteitag kam, habe Doskozil Andreas Babler außerdem gesagt: "Andi, mach Du es!"
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Der Grund: Doskozil habe die "Feindseligkeit" der SPÖ Wien und der Gewerkschaft gespürt. Schließlich hätten aber die Ländervertreter ihn überredet, sich dem Duell zu stellen.
Video: Doskozil kritisiert rotes Wien
Wer ist "die Partei"?
Lange widmet Doskozil seinem kurzen Sieg aber nicht, er nutzt das restliche Kapitel für eine Abrechnung mit der Partei, die ihn scheinbar gewählt, aber eigentlich doch verschmäht hat. Die SPÖ sei "längst nicht mehr die stolze Arbeiterpartei, die sie einst war". Die Kritik seiner Parteikolleg:innen, dass er "rechts" sei, wenn es um das Thema Migration geht, verstehe er zudem nicht.
Doch Doskozil will die Zerwürfnisse nicht als "Konflikt mit der Partei" sehen. Stattdessen wird er ein wenig philosophisch und fragt, wer denn die Partei überhaupt sei. "Ist es der oder die jeweilige Parteivorsitzende, sind es die Spitzenfunktionäre, zu denen ich mich auch zähle? Wohl nicht nur", überlegt der Landeshauptmann. Wichtig sei natürlich die Basis, die Mitglieder.
Dass er selbst die Partei - wie auch immer sie nun genau definiert ist -, oft kritisiert, sieht er dementsprechend auch nicht so. Er würde sich öffentlich melden, wenn er inhaltlich etwas zu sagen habe, nicht um jemanden etwas "auszurichten".
Doskozil vs. Rendi-Wagner
Das sah zumindest die ehemalige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sicher nicht so. Sie sprach im März 2023 davon, dass Doskozil "Drohungen" und "Einschüchterungen" gegen einzelne Abgeordnete verbreiten würde.
Auch diese Beziehung lässt Doskozil in seinem Buch Revue passieren. Es habe "Kränkungen von beiden Seiten" gegeben, er könne sich aber nicht erinnern, "die Ex-Parteivorsitzende jemals persönlich angegriffen oder ihr gar einen Rücktritt nahegelegt zu haben".
Auch mit dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig dürfte Doskozil es sich nach Differenzen rund um Corona-Lockdowns ein bisschen verscherzt haben. Die Stimmung zwischen ihnen sei "nicht mehr die allerbeste".
Kein Comeback im Bund
Der Traum vom Wechsel in die Bundespolitik sei für ihn ausgeträumt, bekräftigt er erneut. "Dieses Buch ist keine Vorlage für ein bundespolitisches Comeback. Das hat sich für mich erledigt", betont er.
Landeshauptmann zu sein, sei für ihn "die schönste Aufgabe überhaupt". Zumindest lässt diese Aufgabe offenbar zu, dass er nebenbei noch ein Buch schreiben kann.
Zusammenfassung
- Hans Peter Doskozil ist seit Mittwoch nicht nur Burgenlands Landeshauptmann, sondern auch Autor.
- In seinem Buch "Hausverstand" schwelgt er in Erinnerungen, wie es sich als SPÖ-Chef gelebt hat - wenn auch nur 48 Stunden lang.
- Gleichzeitig rechnet er mit der SPÖ ab, wird philosophisch und spricht über ein mögliches "bundespolitisches Comeback".
- Dass es in dem Buch um seinen Werdegang geht, ist sofort klar, die Kapitel sind in wichtige Daten aus seinem Leben eingeteilt.