Corona-Hilfen: EU-Kommission billigt 3.5 Milliarden Euro für Österreich
Knapp ein Jahr nach dem EU-Beschluss für ein Corona-Aufbauprogramm hat die EU-Kommission den österreichischen Plan gebilligt. EU-Kommissionschefin übergab den genehmigten Plan am Montag in Wien an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Österreich erhält damit 3,5 Milliarden Euro an EU-Zuschüssen für Projekte, deren Schwerpunkt im Bahn- und Breitbandausbau sowie in Öko-Investitionen liegen. Der Start der Auszahlungen wird für Juli erwartet.
"Der Plan ist ehrgeizig, er hat Weitblick. Er wird dazu beitragen, dass Österreich stärker aus der Krise hervorgeht", sagte von der Leyen bei einer Pressekonferenz mit Kurz im Liechtensteinpark. Vor der Auszahlung der Hilfen muss noch der Rat der EU-Staaten zustimmen. Die Genehmigung des Plans durch den Rat würde die Auszahlung von 450 Mio. Euro an Österreich als Vorfinanzierung ermöglichen. Nach dem Erreichen von sogenannten "Meilensteinen" werden weitere Mittel ausgezahlt.
Österreich reichte 4.5 Milliarden Euro ein
Insgesamt reichte Österreich für den "Aufbau und Resilienzplan" Projekte in einem Gesamtvolumen von 4,5 Mrd. Euro ein. Nach Berechnungen der EU-Kommission, deren Grundlage die 3,5 Mrd. bildeten, erfüllen 59 Prozent der Investitionen und Reformen Klimaschutzzwecke und 53 Prozent treiben die Digitalisierung voran. Die von der EU für diese Bereiche geforderten Anteile werden damit deutlich übertroffen. Die EU-Kommissionschefin sagte, Österreich sei damit Vorreiter in der EU. Von der Leyen lobte insbesondere die geplante Steuerreform für mehr Nachhaltigkeit und mit Einführung eines CO2-Preises.
Von der Leyen hatte zuvor dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) einen Besuch abgestattet. Auch diesbezüglich zeigte sich die EU-Kommissionspräsidentin "beeindruckt", es zeige, dass Österreich im Bereich Quantenkommunikation weltweit führend sei.
Der Fonds ist das Herzstück des im Sommer 2020 vereinbarten Corona-Aufbauprogramms "Next Generation EU" im Umfang von 750 Milliarden Euro - angepasst an die Inflation beträgt die Summe sogar rund 800 Milliarden Euro. Damit sei "Next Generation EU" das größte Konjunkturprogramm in Europa seit dem Marshallplan nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Geld soll helfen, die Wirtschaft nach der Pandemie wieder flott zu bekommen und gleichzeitig zu modernisieren. Einen Teil des Geldes gibt es als Zuschuss, einen weiteren Teil als Kredit. Finanziert wird das Programm über gemeinsame Schuldenaufnahme der EU.
Kurz: EU-Hilfe kein "Geschenk"
Kurz betonte, man könne Österreich zu den Spitzenreitern zählen, "wir übererfüllen die Anforderungen". Dabei wolle er die EU-Hilfe nicht als "Geschenk" darstellen, "wir sind als Republik Österreich Nettozahler", betonte der Kanzler. Er sei aber mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden, auch wenn sich die "Frugalen" nicht beliebt gemacht hätten, sagte er. Kurz sprach von der Leyen großen Dank für die Zusammenarbeit in der Krisenbewältigung aus, diese sei "eine Mammutaufgabe".
Zu den Differenzen und zur Kritik von Kurz an der EU bei der Verteilung von Impfdosen befragt, sagte von der Leyen, es habe Ungleichgewichte und Probleme gegeben, die aber durch Kommunikation gelöst worden seien. Kurz verlangte, es dürfe "keine Geschichtsfälschung" geben, er habe in diesem Zusammenhang keine Kritik an der EU-Kommissionspräsidentin geübt, Kritik sei eher an die Mitgliedstaaten zu richten. Von der Leyen habe es geschafft, dass Impfdosen früher und nach Bevölkerungsanteil geliefert worden seien. "Das hat dazu geführt, dass wir aufgeholt haben." Er sei dankbar dafür, wie von der Leyen die EU-Kommission leite.
Die EU-Kommissionschefin versicherte überdies, dass alle Kriterien für die nationalen Wiederaufbaupläne strikt und gesetzlich verankert seien. Zum Konflikt mit dem EU-Parlament über die Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus sagte sie, dieser "wird angewendet werden, wo es notwendig ist". Im Gegensatz zu früheren EU-Budgets könnten die Empfänger der Hilfen nunmehr rückverfolgt werden. Dies sei "ein großer Fortschritt für die Transparenz".
Österreich sei Vorreiter bei Klimaschutzinvestitionen
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) reagierte auf die Billigung des österreichischen Plans erfreut. Österreich sei europaweit Vorreiter bei Klimaschutzinvestitionen im Aufbaufonds RRF. "Wir gehen am Weg zur Klimaneutralität in der EU voran und nützen die Gelder aus dem RRF, um unser Klima und die Umwelt zu schützen. 59 Prozent unserer Mittel fließen in den Klimaschutz - damit sind wir europaweit an der Spitze", betonte Gewessler in einer Aussendung. Der österreichische Plan lege dabei einen Schwerpunkt auf emissionsfreien Öffentlichen Verkehr, die klimaneutrale Transformation der Industrie und den Erhalt der Artenvielfalt. So wird der Umstieg auf klimaneutrale Busse genauso gefördert wie die Errichtung des Biodiversitätsfonds.
Die Wirtschaftskammer jubelte über den "Startschuss für ein Comeback der österreichischen Wirtschaft" nach der Coronakrise. "Das ist eine ausgezeichnete Nachricht", betonten Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung. Sie hoben insbesondere als positiv hervor, dass rund 40 Prozent der vorgesehenen Mittel für Projekte rund um das Thema Digitalisierung eingesetzt werden sollen, darunter für Breitbandausbau, KMU.Digital, digitale Investitionen in Unternehmen und nachhaltige Mobilität. Auch der Fokus auf Forschung und Innovation, u.a. im Bereich der Wasserstofftechnologie und der Mikroelektronik, wird von der WKÖ ausdrücklich begrüßt.
ÖGB: "Enormes Nachbesserungspotenzial"
Der ÖGB begrüßte die Zusage der EU-Mittel, sah jedoch noch "enormes Nachbesserungspotenzial", wie ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Montag erklärte. "Es fehlt ein sozial- und wirtschaftliches Gesamtpaket zur Bewältigung der Corona-Krise und insbesondere zur Bewältigung der Transformation im Hinblick auf die Klimaziele", bekräftigte Katzian die Kritik der Gewerkschaften: "Arbeitsmarkt, Gesundheit, Pflege, der Ausbau von Kinderbetreuung und Elementarbildung, Just Transition kommen viel zu kurz."
Kritisch sah das Corona-Aufbauprogramm die FPÖ. Es sei ein "unverantwortlicher Deal, den ÖVP-Kanzler Kurz mit der EU hier abgeschlossen hat. Auf alle Fälle wird das für die österreichischen Steuerzahler sehr teuer", erklärte FPÖ-Europasprecherin Petra Steger. "Der EU-Wiederaufbaufonds ist aus österreichischer Sicht ein ziemlich schlechter Deal", meinte auch der freiheitliche Delegationsleiter im Europaparlament, Harald Vilimsky. "Mit dem 750-Milliarden-Programm wird die EU zur Schuldenunion, weil mit der erstmaligen gemeinsamen Aufnahme von Krediten auch entsprechende Haftungen verbunden sind", so Vilimsky.
Zusammenfassung
- Die EU-Kommission billigt 3.5 Milliarden Euro für Österreich zur Corona-Hilfe. Das sagt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Österreich-Besuch.
- Insgesamt reichte Österreich für den "Aufbau und Resilienzplan" Projekte von 4.5 Milliarden Euro ein.