Radwege-Pilotprojekt auf Linzer Nibelungenbrücke ausgebremst
Wer zu Stoßzeiten über die Nibelungenbrücke im Zentrum von Linz fährt, muss sich seit jeher auf Stau einstellen. Insgesamt führen sechs - enge - Kfz-Fahrstreifen über die Donau, während Fußgänger und Radfahrer die erhöhten Bereiche am Rand gemeinsam nutzen müssen, was öfter zu Konflikten führt - soweit die Ausgangssituation. Entlastung erhoffte man sich u.a. durch die im November für den Verkehr freigegebene, nahe gelegene Donautalbrücke, die ein Teil des künftigen Westrings ist.
Im März wurde ein Pilotversuch gestartet. Es wurden testweise provisorische Radfahrstreifen auf beiden Seiten angelegt, die durch Leitwände von der Fahrbahn getrennt sind. Der Radweg auf dem erhöhten Gehsteig blieb unverändert, sodass auf beiden Seiten der Brücke Radspuren in beide Richtungen verfügbar sind, die Radfahrer also mehr Platz hatten und es weniger Überschneidungen mit den Fußgängern gab. Für die Autos standen nur mehr je zwei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung, diese waren allerdings breiter als zuvor.
Es habe sich aber gezeigt, dass die Leistungsfähigkeit der Brücke im morgendlichen Pendlerverkehr auf der oberen Flussseite nicht ausreichend gegeben gewesen sei, befand Steinkellner nach kurzer Testphase. Verkehrsreferent Hajart verwies auf eine Stellungnahme der Linz Linien, wonach es seit Projektstart zu 97 dokumentierten brenzligen Situationen zwischen Straßenbahnen und Fahrzeugen auf der Brücke gekommen sei. Auch laut Polizei sei es im Früh-Stau zu engen Verhältnissen und gefährlichen Situationen gekommen. Deshalb habe man reagieren müssen, das Pilotprojekt sei ohnehin bewusst nur als Versuch angelegt worden. Nun soll nur das Provisorium auf der Flussabwärts-Seite erhalten bleiben, auf der anderen jedoch wieder rückgebaut werden.
Kritik von vielen Seiten
"Das derzeitige Provisorium auf der Nibelungenbrücke funktioniert nachweislich nicht - weder für den Radverkehr noch für den Kfz-Verkehr", so SPÖ-Fraktionsobmann Stefan Giegler. Es sei aber "rückschrittlich und unverantwortlich", dass der "Radverkehr wieder einmal als erstes geopfert" werde. Die Entflechtung der Verkehrsströme hätte man unmittelbar nach der Eröffnung der neuen Donautalbrücke in Angriff nehmen müssen, was Hajart aber aus wahltaktischen Gründen - im Dezember waren Bürgermeisterwahlen - zu lange hinausgezögert, habe, so Giegler. "Stattdessen haben wir jetzt ein Chaos, das völlig vermeidbar gewesen wäre."
Stadträtin Eva Schobesberger und Klubchef Helge Langer von den Grünen werfen dem persönlich sehr radaffinen Hajart vor, eingeknickt zu sei, während Steinkellner das Projekt ohnehin "schon vor der Testphase einstellen wollte". Sie sehen Fehler bei der Umsetzung, weil die Neuaufteilung der Fahrspuren "über Nacht" und ohne entsprechende Information geschehen sei. In den vergangenen Jahren seien insgesamt sechs neue Fahrspuren über die Donau geschaffen worden, während Radfahrer und Fußgänger "jetzt wieder einen Rückschlag hinnehmen, um das Nadelöhr Nibelungenbrücke in beide Richtungen sicher überqueren zu können", nennen sie das Vorgehen "mutlos und unambitioniert".
FPÖ zufrieden
Erfreut ist man nur bei der FPÖ. Es habe "unzählige Beschwerden von Autofahrern und Unternehmern" gegeben, so der freiheitliche Stadtrat Michael Raml. Er findet, dass die "unverhältnismäßige Verkehrspolitik von SPÖ, ÖVP und Grünen beendet werden muss" und will auch den verbleibenden Radfahrstreifen noch evaluieren. Viele Angestellte hatten massive Schwierigkeiten, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Dass diese realen Probleme einfach ignoriert wurden, zeigt, wie wirtschaftsfeindlich diese Politik von SPÖ und ÖVP ist", so Raml. Die MFG hätte am liebsten alle sechs Fahrstreifen zurück und Radfahrern die eine und Fußgängern die andere Brückenseite zugewiesen.
NEOS-Gemeinderat Georg Redlhammer forderte zwar, dass man die staugeplagten Pendler bei der Verkehrsplanung mitbedenken müsse, sieht aber gleichzeitig die Entscheidung, den Testlauf zu beenden, als zu früh an. Dieser hätte zumindest zwei Monate Zeit verdient.
"Die Rücknahme der Radspuren ist einfach nur zum Schreien", so Linz-plus-Gemeinderat Lorenz Pozocnik. Linz brauche endlich eine sichere Radinfrastruktur. Er kritisiert auch, dass Bürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ), sich zu wenig für das Projekt eingesetzt habe. "Die Alltagsradlerinnen und -radler sollten sich das bis zur Wahl 2027 gut merken." "Wenn das Land Rückschritte macht, muss die Stadt umso entschlossener vorangehen", findet auch KPÖ-Gemeinderat Michael Roth-Schmida. "Linz braucht an den Stadteinfahrten endlich Busspuren, Pförtnerampeln und eine klare Priorisierung des öffentlichen Verkehrs. Wer mit Bus und Bahn in die Stadt kommt, ist willkommen. Wer jedoch weiterhin meint, mit dem eigenen Auto nach Linz fahren zu müssen, soll künftig länger warten. Das wäre ein deutliches Zeichen."
Zusammenfassung
- Die Verbreiterung der Radwege auf der Linzer Nibelungenbrücke wird teilweise rückgängig gemacht, da es zu 97 brenzligen Situationen kam.
- Das Pilotprojekt sah provisorische Radfahrstreifen auf beiden Seiten der Brücke vor, doch nur einer bleibt erhalten.
- Verkehrslandesrat Steinkellner und Vizebürgermeister Hajart führen Sicherheitsbedenken an und beenden den Testlauf nach drei Wochen.
- Kritik kommt von der SPÖ und den Grünen, die die Rücknahme der Radspuren als rückschrittlich und unverantwortlich bezeichnen.
- Die FPÖ begrüßt die Entscheidung, während NEOS und Linz-plus die vorzeitige Beendigung des Testlaufs kritisieren.