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Chefin der EU-Asylagentur offen für Lager in Drittstaaten

Die Chefin der EU-Asylagentur EUAA, Nina Gregori, hat sich offen für Asylzentren in Drittstaaten gezeigt. "Wir sind nicht die Entscheider, die Politik wird in Brüssel gemacht. Aber ich bin wirklich sehr dafür, dass diese Diskussion stattfinden sollte", sagte Gregori im APA-Interview. "Es muss gut vorbereitet sein und unsere internationalen Verpflichtungen berücksichtigen." Zugleich betonte sie, dass nur ein Drittel der Asylanträge in der EU von illegalen Migranten stammt.

Mit Blick auf das italienische Asylzentrum in Albanien sagte Gregori, dass dort auch internationale Beobachter präsent seien. "Ich denke, dass das alles positiv ist. Wir müssen verschiedene Lösungen gemeinsam mit unseren Partnerländern diskutieren", betonte die Exekutivdirektorin der in der maltesischen Hauptstadt Valletta ansässigen EU-Agentur. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es jetzt schon Resettlement-Systeme gebe, um Asylbewerber ohne Integrationsaussichten in ein anderes Land zu bringen - etwa nach Kanada oder auch in europäische Länder.

Bei der Umsetzung müsse die geltende Gesetzgebung einschließlich der Genfer Flüchtlingskonvention berücksichtigt werden, betonte Gregori. "Wenn es um ein Abladen von Verantwortung gehen sollte, wird man sehr schwer darüber reden können", sagte sie zu Ideen für Rückkehrzentren. Sie habe diesbezüglich aber noch kein konkretes Konzept gesehen und könne dies daher schwer bewerten, fügte die slowenische Spitzenbeamtin in dem am Rande der "Vienna Migration Conference" des Internationalen Zentrums für Migrationsentwicklung (ICMPD) geführten Interview hinzu.

Gregori kritisierte "Vereinfachungen" in der Asyldebatte, etwa die jüngste Kritik an der Afghaninnen-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) oder Forderungen nach einem kompletten Migrationsstopp. Es gehe vielmehr darum, die Migration in Europa besser zu managen. "Im Vorjahr gab es 1,1 Millionen Asylbewerber in Europa, aber wir hatten 380.000 illegale Ankünfte. Für Europa mit seinen 500 Millionen Menschen ist das vielleicht nicht so eine hohe Zahl", sagte sie. Ein großer Teil der Asylbewerber sei legal nach Europa gekommen, etwa Lateinamerikaner über die visafreie Einreise nach Spanien. Insgesamt gehen 20 Prozent der Asylanträge auf das Konto von Personen, die ohne Visum legal in die EU gekommen seien. Die Familienzusammenführungen seien im Vergleich dazu ein geringeres Problem, sagte sie auf eine entsprechende Frage.

Man müsse den EU-Staaten die richtigen Werkzeuge dafür geben, "um in diesen gemischten Migrationsströmen schnell und effektiv zu entscheiden, wer wirklich Schutz braucht, was wir mit denen tun, die nicht dafür infrage kommen und wie wir jene Menschen nach Europa bringen, die wir wegen der Lücken in unseren Arbeitsmärkten wirklich brauchen", sagte die EUAA-Chefin. Sie brach diesbezüglich eine Lanze für noch mehr Einheitlichkeit in der Asylpraxis der EU-Staaten. Die unterschiedlichen Verfahrensdauern und Anerkennungsraten, etwa bei Asylbewerbern aus Afghanistan und Türkiye, seien ein "Pull-Faktor" und würden die sekundäre Migration innerhalb Europas begünstigen.

"Der neue Pakt ist ein Schritt zu mehr Einheitlichkeit", sagte Gregori mit Blick auf den heuer nach jahrelangem Tauziehen beschlossenen EU-Asyl- und Migrationspakt. Das Asylrecht wird nämlich erstmals europaweit einheitlich durch Verordnungen geregelt, und die Staaten müssten diese unmittelbar umsetzen. Die EUAA habe diesbezüglich eine zweifache Rolle. Einerseits unterstütze sie die Staaten bei der Umsetzung, andererseits werde sie diese auch überwachen. Die EUAA werde den Staaten dann sagen, "was sie tun müssen, um die Funktionsweise des Systems zu verbessern".

Schon jetzt sei EUAA in elf Mitgliedsstaaten präsent, wo sie "Hand in Hand mit den nationalen Behörden" arbeite. Mitarbeiter der Agentur würden Interviews mit Asylbewerbern führen und entwerfen Bescheide für die nationalen Behörden. Formell über Asylanträge entscheiden dürften die EUAA-Mitarbeiter nicht. Dies obliege weiterhin den nationalen Behörden, weil es um die jeweilige nationale Souveränität geht, so Gregori. Auf die Frage, ob ein einheitliches Asylsystem mit einer entscheidungsbefugten EU-Behörde wünschenswert wäre, verwies die EUAA-Chefin auf das Visasystem und den Grenzschutz. In beiden Bereichen gebe es gemeinsame europäische Regelwerke, doch würden die Visa weiterhin von den diplomatischen Vertretungen der einzelnen EU-Staaten erteilt, und auch die Grenzen würden von nationalen Beamten mit Unterstützung der EU-Agentur Frontex bewacht.

Gregori zeigte sich zuversichtlich, dass das neue EU-Regelwerk auch das Dublin-System zur Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU wiederbeleben könnte. Aufgrund von europäischen und nationalen Gerichtsentscheidungen, aber auch politischen Entscheidungen sei die Funktionalität dieses Systems derzeit nur "beschränkt". "Diese Nicht-Funktionalität war ziemlich relevant, und wir hoffen, dass sich dies durch den neuen Pakt verbessert", sagte sie mit Blick auf die Regel, wonach jener EU-Staat für Asylbewerber zuständig ist, in dem diese erstmals Unionsterritorium betreten haben.

(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Nina Gregori, Chefin der EU-Asylagentur, unterstützt die Diskussion über Asylzentren in Drittstaaten, betont jedoch die Einhaltung internationaler Verpflichtungen.
  • Im Jahr 2023 wurden 1,1 Millionen Asylanträge in Europa gestellt, wobei nur 380.000 illegale Ankünfte verzeichnet wurden.
  • 20 Prozent der Asylanträge stammen von Personen, die legal ohne Visum in die EU eingereist sind.
  • Gregori fordert mehr Einheitlichkeit in der Asylpraxis der EU-Staaten, um sekundäre Migration zu verringern.
  • Der neue EU-Asyl- und Migrationspakt soll das Dublin-System zur Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU verbessern.