Bootsunglück: Asylzentren allein nicht die Lösung, meint Knaus
Migrationsexperte Gerald Knaus von der European Stability Initiative spricht im PULS 24 Interview von "einer der größten Katastrophen im letzten Jahrzehnt", die sich vergangene Woche vor Griechenland abspielte. Ein Boot mit hunderten Flüchtlingen an Bord sank, Zweifel bleiben an der Rettung durch die griechische Küstenwache. Laut Knaus müsse man mit den Vorwürfen "aufpassen", weil viele Details noch unklar sind.
Boot "vom ersten Moment an seeuntüchtig"
Klar ist jedoch: Das Boot war "vom ersten Moment an seeuntüchtig", weil es völlig überfüllt war, so Knaus. Außerdem steht fest, dass Frontex das Boot schon am Montag bemerkt hatte, es sank erst in der Nacht zum Mittwoch. Das Boot wollte nach Italien und habe deshalb eine Rettung durch die griechische Küstenwache abgelehnt, wie griechische Behörden sagten.
Es sei laut dem Migrationsexperten durchaus möglich, dass die Schlepper eine Rettung und einen Notruf abgelehnt hätten. Doch ab einem gewissen Zeitpunkt sei es klar gewesen, dass das Boot nicht weiterkommt. Eigentlich hätte die Rettung da schon eingeleitet werden müssen.
"Was ist in den Minuten passiert, kurz bevor das Schiff wirklich gesunken ist? Da gibt es viele Vorwürfe" Deshalb brauche es jetzt eine "unabhängige Untersuchung". Einige Angaben der griechischen Behörden bewertet Knaus als "nicht ganz überzeugend", deshalb müsste die Tragödie genau aufgearbeitet werden.
"Das Prinzip ist schon falsch", meinte Knaus in Bezug auf die Arbeit der Küstenwache. So sei es fatal, einem völlig überladenen Boot zuzusehen - nur in der Hoffnung, dass das Boot es aus den eigenen Gewässern weiter nach Italien schafft. "Man kann doch nicht zusehen, wie die Schlepper ihr Geschäft machen".
Warum schnelle Asylverfahren alleine nichts bringen
"Es werden in diesem Jahr mehr solche Schiffe kommen und untergehen. Wenn wir das stoppen wollen, brauchen wir eine Politik, die verhindert, dass sich Menschen in diese Boote setzen". Dafür brauche es eine funktionierende Seenotrettung, legale Wege nach Europa, aber auch ein "klares Signal" an die Menschen, die über diese Wege "nicht nach Europa kommen können".
Als Beispiele nennt Knaus etwa Pakistani, Tunesier und Ägypter, die in ihrer Heimat nicht verfolgt werden. Knaus sieht aber nicht Pushbacks als Lösung, sondern Seenotrettung und im Anschluss auch konsequente Rückführungen. Dafür müsse man mit den Regierungen in den Ursprungsländern verhandeln.
Es brauche "Anreize", damit sich Migrant:innen nicht mehr in die Hände der Schlepper begeben - die viel diskutierten Asylzentren an den Außengrenzen sind für Knaus keine Lösung. Am Beispiel von Italien rechnet Knaus vor, dass damit nicht geholfen sei, weil die Rückführungsquote sehr gering ist: "Man könnte dann zwar Schnellverfahren machen, dann hält man sie monatelang fest, aber dann bleiben sie trotzdem in Italien".
Migrationsdiplomatie sei deshalb viel wichtiger. "Schnelle, faire Verfahren sind nur dann sinnvoll, wenn wir auch eine Strategie haben, was danach mit den Leuten passiert. Sonst bringen sie überhaupt nichts", sagte Knaus.
Zusammenfassung
- Migrationsexperte Gerald Knaus von der European Stability Initiative spricht im PULS 24 Interview von "einer der größten Katastrophen im letzten Jahrzehnt", die sich vergangene Woche vor Griechenland abspielte.
- "Das Prinzip ist schon falsch", meinte Knaus in Bezug auf die Arbeit der Küstenwache. So sei es fatal, einem völlig überladenen Boot einfach zuzusehen. "Man kann doch nicht zusehen, wie die Schlepper ihr Geschäft machen".
- Was es laut Knaus nun braucht: Eine funktionierende Seenotrettung, legale Wege nach Europa, aber auch ein "klares Signal" an die Menschen, die über diese Wege "nicht nach Europa kommen können".
- Migrationsdiplomatie sei deshalb viel wichtiger als Asylzentren. "Schnelle, faire Verfahren sind nur dann sinnvoll, wenn wir auch eine Strategie haben, was danach mit den Leuten passiert. Sonst bringen sie überhaupt nichts", sagte Knaus.