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Schrammelsound und mehr: Hellers "Remassuri"-Revue in Wien

Heute, 09:58 · Lesedauer 4 min

"Remassuri" - dieser wienerische Ausdruck steht Pate für André Hellers neues Projekt, das er mit Ernst Molden und Ursula Strauss im wiederbelebten Stadttheater Walfischgasse auf die Beine stellte. Vergnügliches Durcheinander bedeutet der Begriff. Und derart gestaltete sich auch die Premiere am Donnerstag. Das Wienerlied in diversen Facetten von Augustin bis Ambros, von Moser bis Molden wurde mit allerlei darstellerischem Beiwerk gefeiert - Kasperl und Pezi inklusive.

Was gleich auffällt: Der Rahmen für das Geschehen fällt gerade für Heller'sche Verhältnisse mehr als spartanisch aus. Schwarzer Bühnenraum, keine Requisiten, ein paar weiße Lampions im Hintergrund. Kaum ist der Vorhang aufgegangen, legen auch schon die Neuen Wiener Concert Schrammeln los. Mit zwei Violinen, Knöpferlharmonika und Kontragitarre besorgt das seit drei Jahrzehnten bestehende Quartett - Mitbegründer Peter Havlicek zeichnet auch für die musikalische Leitung der Produktion verantwortlich - die schunkelig-schmachtende Schrammelstimmung, die dem kurzweiligen 75-minütigen Abend seinen Grundton gibt.

Zwischen Augustin und Ambros

"Eine ungewöhnliche Reise in die Vielfalt wienerischer Musik" - eine solche verspricht das "Remassuri"-Erfindertrio im Untertitel. Tatsächlich wird das Wienerlied in all seinen Ausformungen zelebriert, wobei der Begriff zeitlich und stilistisch sehr weit gefasst wird. Es sind also eher Wiener Lieder als Wienerlieder. "Wien, Wien, nur Du allein" trifft da auf Wolfgang Ambros' "Es lebe der Zentralfriedhof" - beides freilich auf Schrammelklang gebürstet und damit anfangs kaum zu erkennen. Tini Kainrath, Maria Stippich und Marlene Janschütz sind die tragenden Stimmen dieser Revue, die ohne Conférencier auskommt. Sie führen die Kunst des Dudelns - dieser Wiener Version des Jodelns - vor, lassen das "Fiakerlied" eine Fiakerin singen und intonieren "Awarakadawara" aus der Feder von Ernst Molden, das selbiger vor einigen Jahren mit Willi Resetarits, Hannes Wirth und Walther Soyka aufgenommen hat.

Molden ist einer jener heutigen Musikerinnen und Musiker, die das Wienerlied auf ihre Art neu interpretieren. Auf der Bühne ist er bei "Remassuri" nicht zu sehen, genauso wenig wie Ursula Strauss oder Heller selbst. Sie stehen als Kreativteam lediglich im Hintergrund, wobei der Impresario am Premierenabend sich zwecks Begrüßung dann doch kurz das Mikro schnappte und eine Schnurre zum Besten gab: 1959 sei er das erste Mal hier gewesen, als Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger im damaligen "Neuen Theater am Kärntnertor" spielten. Auf die Bitte nach einem Autogramm hin, habe Qualtinger dem jungen Fan damals ins Heft geschrieben: "In ewiger Liebe, Deine Annie Rosar".

Kasperl und Pezi mit Gastauftritt

Ausgelassenheit, Heurigenseligkeit und die überschwängliche wie augenzwinkernde Huldigung des Lokalkolorits sind der Kitt dieses Abends, der ungleich weniger durch einen dramaturgischen Bogen zusammengehalten wird. Und es wäre nicht Heller, gebe es nicht allerlei zusätzliches Brimborium auf der Bühne. Also gibt ein Werklmann den "Lieben Augustin" zum Besten, präsentiert die Truppe Mummenschanz kurze Sequenzen ihres Maskentheaters zwischen Pantomime, Ausdruckstanz und Slapstick - übergroße goldene Hände drehen Däumchen, zwei Geigen suchen die klangliche Harmonie - und Kasperl und Pezi aus der Urania, die Heller vor einigen Jahren aus finanziellen Nöten gerettet hat, dürfen auch kurz vorbeischauen. Erkenntnis: Das "Kinder, seid ihr alle da?"-Ritual funktioniert auch hier tadellos.

Ein bisschen gar nostalgisch wird es, als auf einer von zwei lebensgroßen Raben entrollten Leinwand eine Filmsequenz mit dem dudelnden Hans Moser projiziert wird und dann der Hausherr selbst doch noch einen Auftritt bekommt - in Form eines Mitschnitts, in dem er als junger Lockenkopf mit dem schon etwas gezeichneten Qualtinger "Wean, du bist a Taschenfeitl", den herrlich-bösen Abgesang auf diese Stadt von Hellers Album "A Musi! A Musi" aus 1974, in ironisch überhöhter Rührseligkeit anstimmt.

Schmackhaft wie ein Schmalzbrot

Alles in allem ist "Remassuri" durchaus a Hetz, die schmackhaft ist wie ein Schmalzbrot und ein Viertel Weiß beim Heurigen. Ob das reicht, um asiatische Touristinnen und Touristen weg von den Ticketverkäufern in Mozartperücken und hin in die Walfischgasse zu locken, wie es Heller vorschwebt, steht auf einem anderen Blatt.

(Von Thomas Rieder/APA)

(S E R V I C E - "Remassuri" im Stadttheater Walfischgasse, 1., Walfischgasse 4, nach einer Idee von André Heller, Ernst Molden und Ursula Strauss, musikalische Leitung: Peter Havlicek, nächste Termine: 21., 22., 23., 27., 28., 29. März, jeweils 20 Uhr, https://remassuri.at/)

Zusammenfassung
  • André Heller hat mit Ernst Molden und Ursula Strauss die 'Remassuri'-Revue im Stadttheater Walfischgasse inszeniert, die am Donnerstag Premiere feierte.
  • Die musikalische Leitung lag bei den Neuen Wiener Concert Schrammeln, die mit Schrammelklang die 75-minütige Vorstellung begleiteten.
  • Die Revue, die ohne Conférencier auskommt, bietet eine vielfältige Hommage an das Wiener Liedgut und das Lokalkolorit, unterstützt von darstellerischen Einlagen wie Kasperl und Pezi.