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Bauernproteste in Frankreich: "Belagerung" von Paris beginnt

Frankreichs Landwirte haben mit der geplanten "Belagerung" der Hauptstadt Paris begonnen. 15.000 Polizeibeamte sowie gepanzerte Fahrzeuge und Hubschrauber sollen mobilisiert werden.

Trotz Zugeständnissen der Regierung sind französische Bauern wieder mit massiven Protesten in die Woche gestartet. Die Landwirte kämpfen unter anderem gegen Bürokratie, sinkende Einnahmen und europäische Umweltauflagen.

Zufahrtsstraßen nach Paris sollen für "unbegrenzte Zeit" blockiert, alle Hauptachsen unterbrochen werden, hieß es im Vorfeld. Bauernverbände haben eine "Belagerung" der Metropole angekündigt. Acht Sperrpunkte rund um Paris sind geplant, blockiert werden soll bereits in einer Entfernung von etwa 30 bis 40 Kilometer zur Hauptstadt.

Auf rund zehn Autobahnen kommt es aktuell zu Behinderungen des Verkehrs. Die Blockaden der Pariser Il-de-France waren ab 14 Uhr angesetzt und haben bereits begonnen. Neben dem Großraum Paris wird für den Nachmittag auch zu einer Sperre des Großraums Lyon aufgerufen, schildert "Le Monde". 

Neben Landwirten blockierten laut französischen Medien am Montag auch Taxis mehrere wichtige Strecken in ganz Frankreich, sie waren in Paris, Marseille und Bordeaux  im Schneckentempo unterwegs.

"Druck ausüben"

"Unser Ziel ist es nicht, zu verärgern oder das Leben der Franzosen zu verschlechtern", sagte der Präsident der FNSEA, Arnaud Rousseau, am Montagmorgen im französischen Fernsehsender RTL.

"Unser Ziel ist es, Druck auf die Regierung auszuüben, um sicherzustellen, dass wir schnell Lösungen für einen Weg aus der Krise finden." Die FNSEA (Fédération nationale des syndicats d'exploitants agricoles) ist der größte Bauernverband in Frankreich.

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Am Montagvormittag hat sich laut französischen Medien ein Bauern-Konvoi zum Großmarkt Rungis aufgemacht - einem gigantischen Umschlagplatz für Fisch, Fleisch, Geflügel, Milch- und Feinkostprodukte. Die Ankunft in Rungis sei für "Dienstagabend oder Mittwochmorgen" geplant, so Serge Bousquet-Cassagne, Präsident der Landwirtschaftskammer von Lot-et-Garonne, gegenüber der "AFP".

Die Blockade des Großmarktes sei keine "Option" der FNSEA oder der Jungen Landwirte (Jeunes Agriculteurs), betonte FNSEA-Präsident Rousseau im französischen Fernsehen.

Unter den Protestierenden gibt es erhebliche Unterschiede. Der größte Bauernverband hatte eine Liste mit 140 Forderungen vorgelegt. Er enthält unter anderem den Verzicht auf gewisse Umweltauflagen. Biobäuerinnen und Biobauern hingegen fordern eher mehr staatliche Hilfen, um sich gegen ausländische Billigkonkurrenz zu wehren.

Großaufgebot der Polizei

Frankreichs Polizei will die vorab angekündigte Blockade von Paris mit einem Großaufgebot verhindern. Wie Innenminister Gérald Darmanin am Sonntagabend sagte, sollen 15.000 Beamte sowie gepanzerte Fahrzeuge und Hubschrauber mobilisiert werden.

Sie sollen sicherstellen, dass die Hauptstadt sowie die zwei Pariser Flughäfen und der Großmarkt Rungis erreichbar bleiben.

Bilder der Pariser Polizeipräfektur zeigten am Sonntagabend, wie gepanzerte Fahrzeuge bereits Stellung bezogen. Der Innenminister betonte, es gehe nicht um ein Kräftemessen, sondern einen geordneten Ablauf der Proteste. Die Polizei werde nicht an Blockadeposten selber einschreiten. Verhindert werden sollte, dass, wie bereits vereinzelt geschehen, Lastzüge etwa aus Spanien oder Portugal von Landwirten gestoppt und geplündert werden.

Bereits Ende der Vorwoche hatten die Blockaden in Frankreich immer größere Ausmaße angenommen. Alleine im Süden des Landes waren 400 Kilometer Autobahn gesperrt. Im Großraum Paris wurden erstmals Autobahnen blockiert, die Richtung Hauptstadt führen. Am Rande eines Protests in Perpignan im Süden Frankreichs brannte ein leerstehendes Gebäude einer landwirtschaftlichen Sozialkasse. 

Zusagen der Regierung

Frankreichs Regierung hat den Landwirten angesichts sich ausweitender Proteste weitreichende Hilfszusagen gemacht. Während Bauern ihre landesweiten Blockaden am Freitag auf den Großraum Paris ausdehnten, legte Premierminister Gabriel Attal am Freitag ein umfassendes Paket an Hilfsmaßnahmen vor.

Die Erhöhung der Besteuerung von Agrardiesel werde zurückgenommen, Nothilfen von 100 Millionen Euro für von Unwettern getroffene Landwirte und den Biosektor bereitgestellt und Hilfen für den unter Überproduktion leidenden Weinbau mobilisiert, sagte Attal. 

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Etliche Vorschriften und Verfahren würden mit sofortiger Wirkung vereinfacht. Weitere Maßnahmen sollten in den kommenden Tagen folgen, sagte Landwirtschaftsminister Marc Fesneau am Montag dem Sender "France 2".

Frankreich fordert Lockerung von EU-Auflagen

Frankreich will außerdem auf eine Lockerung von EU-Umweltauflagen drängen. In den kommenden 48 Stunden werde die Regierung dazu bestimmte Vorschläge zur Unterstützung der Landwirte auf den Tisch legen, so Agrarminister Fesneau.

Dabei gehe es auch um eine Änderung an den EU-Umweltvorschriften für landwirtschaftliche Flächen, die nach den neuen Biodiversitätsregeln brach liegen müssen, die im vergangenen Jahr vom Europäischen Parlament im Rahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur beschlossen wurden. Viele Bauern beklagen, dass dies ihren Betrieb erheblich beeinträchtigt.

Proteste in Europa weiten sich aus

Ihren Anfang nahmen die Bauernproteste in Europa in Deutschland. Am Montag haben sich die Protestaktionen schließlich auch in Italien ausgeweitet. Etwa 70 Traktoren und verschiedene landwirtschaftliche Fahrzeuge versammelten sich auf dem Parkplatz des Stadions von Udine. Die Demonstranten organisierten sich spontan und zogen dann in einem Umzug durch die Innenstadt. Sie protestierten gegen die europäische Agrarpolitik.

In Spanien haben verschiedene spanische Bauernverbände für den 6. Februar landesweit Protestaktionen angekündigt. Man geht davon aus, dass die Landwirte unter anderem auch wichtige Autobahnen, Grenzübergänge zu Frankreich und Häfen blockieren werden, aus denen Agrarprodukte aus dem Nachbarland Marokko importiert werden. Am 21. Februar soll dann eine Großdemonstration vor dem Landwirtschaftsministerium in Madrid stattfinden. 

ribbon Zusammenfassung
  • Die französische Bauern sind wieder mit massiven Protesten in die Woche gestartet.
  • Zufahrtsstraßen nach Paris sollen für "unbegrenzte Zeit" blockiert, alle Hauptachsen unterbrochen werden, hieß es im Vorfeld.
  • Am Montagvormittag hat sich laut französischen Medien ein Bauern-Konvoi zum Großmarkt Rungis aufgemacht - einem gigantischen Umschlagplatz für Lebensmittel.
  • Diesen wollen sie am Dienstagabend oder Mittwochmorgen erreichen.