Faktencheck: Kaum Österreicher bei deutschen Bauernprotesten
Die deutschen Bauernproteste gegen die Streichung von Subventionen, etwa eine Steuervergünstigung von Agrardiesel, erreichten am vergangenen Montag ihren vorläufigen Höhepunkt.
Vielerorts im ganzen Land organisierten Landwirte Protestaktionen. In mehreren Traktorkonvois sollen sich auch Kollegen aus Österreich und Ungarn auf den Weg gemacht haben, ist in sozialen Medien zu lesen.
Bild hat nichts mit aktuellen Demos zu tun
Einschätzung: Die Behauptung im Text, dass "zahlreiche Traktorkolonnen" auch aus Österreich unterwegs nach Deutschland waren, konnten Behörden und Interessensvertretungen nicht bestätigen. Die im betreffenden Sharepic gezeigten Traktoren nahmen kurz vor Weihnachten an einem Protest in Koblenz teil.
Überprüfung: Für eine groß angelegte Mobilisierung heimischer Landwirte, die sich laut Behauptung im Facebook-Posting in Traktorkolonnen auf den Weg nach Deutschland gemacht haben sollen, fand APA-Faktencheck keine stichhaltigen Belege.
Die Salzburger Polizei erklärte gegenüber der APA, von deutschen Kollegen im Vorfeld der Proteste informiert worden zu sein. Von einem tatsächlich erhöhten Traktoraufkommen an den Grenzübergängen war der Exekutive allerdings nichts bekannt.
Solidarität ja, aber keine Kolonnnen
Die für die an Salzburg grenzenden Landkreise Deutschlands zuständige Polizei-Pressestelle "Oberbayern Süd" wollte gegenüber der APA nicht ausschließen, dass österreichische Traktoren über die Grenze gefahren sein könnten. Zu größeren Solidaritätsfahrten oder gar "Traktorkolonnen" lagen ihr jedoch keinerlei Informationen vor.
Bei Demonstrationen von Landwirten in grenznahen Städten wie etwa Berchtesgaden (3) oder Rosenheim (4) konnten von APA-Faktencheck in Aufnahmen nur Nummernschildern aus Deutschland erkannt werden.
Keine organisierten Zusammenschlüsse
Der Österreichische Bauernbund informierte APA-Faktencheck, dass ihm "keine Proteste oder etwaige Zusammenschlüsse" heimischer Landwirte in Zusammenhang mit den Protesten in Deutschland bekannt seien. Auch in den vergangenen Jahren war demnach "ein selbstständiger, großflächiger Zusammenschluss von Bäuerinnen und Bauern zu Kundgebungen wie aktuell in Deutschland nicht üblich."
Auch der für ihre medienwirksamen Protestmaßnahmen bekannten IG-Milch war laut ihrem Obmann Ewald Grünzweil nichts von "österreichischen Traktoren" bekannt - "zumindest nicht von der IG-Milch".
Protest in Braunau
Von vereinzelten Demonstrationen mit österreichischer Beteiligung berichtete indes die "Krone". So nahm etwa ein bereits aus früheren Artikeln der Zeitung bekannter Bauer aus dem niederösterreichischen Weinviertel an einem Protest in Deutschland teil.
In Braunau am Inn solidarisierten sich zudem heimische Landwirte mit ihren deutschen Kollegen. Mehrere Traktoren sperrten von beiden Seiten die Staatsbrücke "Braunau-Simbach" für etwa eine halbe Stunde.
Die oberösterreichische Polizei bestätigte diese "gemeldete Versammlung am 8. Jänner 2024 um 8 Uhr mit mehreren landwirtschaftlichen Fahrzeugen" gegenüber der APA. Demnach fuhren von österreichischer Seite exakt sechs Traktoren bis zur Grenzbrücke.
Foto aus dem Posting ist älter
Das im Posting verwendete Foto ist ein Standbild aus einem Video, das bereits zu Weihnachten auf Facebook ohne Ortsangabe veröffentlicht wurde. Der Facebook-Beitrag eines weiteren landwirtschaftlichen Vereins aus Deutschland zeigt den Konvoi aus ähnlicher Perspektive und verortet die Proteste in Koblenz. Über Google Street View lässt sich schließlich der exakte Ort der Aufnahme finden.
Eine Presseaussendung der Polizei in Koblenz datiert den Protest auf 22. Dezember 2023 gegen 19.00 Uhr. Demnach hatten über 1.100 Fahrzeuge an dem angemeldeten Konvoi zu den Themen "Wegfall der Subventionen für Agrar-Dieselkraftstoff" sowie "Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft" teilgenommen.
Zusammenfassung
- Bei den Bauernprotesten in Deutschland wurde versucht, Straßen zu blockieren.
- Auslöser war die Kürzung von Agrardieselsubventionen.
- Österreichische Landwirt:innen haben an den Protesten kaum teilgenommen, zeigt ein Faktencheck.