Salzburger Festspiel-Symposium mit Ukrainekrieg im Zentrum
"Die Festspiel-Dialoge wurden vor fast genau 30 Jahren von Michael Fischer und Gerard Mortier als eine intellektuelle Unterfütterung der Salzburger Festspiele initiiert. Sie haben uns um viele wunderbare Vorträge bereichert und daran erinnert, was das Wort Dialog auch bedeutet: einander zuhören", umreißt Margarethe Lasinger die Geschichte der gemeinsam mit den Freunden der Salzburger Festspiele ausgerichteten Veranstaltung. Lasinger ist seit 1997 den Salzburger Festspielen verbunden und leitet Dramaturgie, Publikationen und Archiv. Das Symposium wurde heuer von ihr und Intendant Markus Hinterhäuser konzipiert.
"Ursprünglich wollten wir uns anhand des dramaturgischen Fadens des heurigen Programms mit Dantes 'Göttlicher Komödie' beschäftigen", sagt Lasinger im Gespräch mit der APA. "Auch, dass viele der heuer programmierten Bühnenwerke kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs entstanden, wäre thematisiert worden. Dann begann der Ukrainekrieg, und uns war klar: Wir müssen und wollen darauf reagieren."
Das betont auch Hinterhäuser: "Wir erleben gerade eine Welt, in der gewaltige tektonische Verschiebungen stattfinden, deren Folgen unabsehbar sind", so der Intendant in der Ankündigung der zweitägigen Veranstaltung, die - nach vorheriger Anmeldung - in der Aula der Universität Salzburg kostenlos besucht werden kann. "Ich glaube daran, dass Kunst und Kultur Gedanken- und Reflexionsräume öffnen können, Zwischentöne möglich machen. Und dass die Festspiele zur Verfeinerung des Denkens beitragen, indem sie Begegnungen möglich machen."
Rasch wurde also umgeplant und eine Reihe von Vorträgen, Lesungen und Diskussionen auf die Beine gestellt, die von Michael Kerbler moderiert werden. Am ersten Tag versuchen unter dem Titel "Mythen & Realitäten, Europa-Projektionen und das Ende des Westens" Schlögel ("Entscheidung in Kiew", "Das sowjetische Jahrhundert" u.a.), Brix, Scholl, Davydova und die in der Ukraine geborene und seit 2011 in Wien lebende Bachmann-Preisträgerin Tanja Maljartschuk eine historische und geopolitische Einordnung des Ukrainekriegs zu geben.
Am zweiten Tag steht unter dem Titel "Gegen den Krieg anschreiben - Eine Schulung der Menschlichkeit" die künstlerische Auseinandersetzung mit Krieg, Flucht, Emigration und Exil im Mittelpunkt. Neben Marina Davydova und Katja Petrowskaja (zuletzt: "Das Foto schaute mich an") werden der in Kiew geborene und in Deutschland lebende Journalist und Autor Dmitrij Kapitelman sowie der in Leningrad geborene und seit 1993 in Österreich lebende Autor Vladimir Vertlib erwartet. Vertlibs jüngster Roman, "Zebra im Krieg", über eine "erweiterte Polizeiaktion" in einer namenlosen osteuropäischen Hafenstadt in der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre, erschien wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine.
Lasinger verweist aber auch auf viele weitere Anknüpfungspunkte im Festspielprogramm, in denen gezeigt werde, in welcher seismografischen Weise Kunst die Verwerfungen der Zeit aufzuzeigen imstande sei. Schrecken und Leid hätten furchtbare Aktualität bekommen: "Es gibt im Moment nichts Unpolitisches."
(S E R V I C E - "Die Göttliche Komödie - oder ein Spiel vom Ende der Zeiten. Ein Festspiel-Dialog in zwei Teilen", 12. und 26. August, jeweils ab 11 Uhr, in der Universitätsaula, Hofstallgasse 2-4, 5020 Salzburg. Vorherige Anmeldung unter office@festspielfreunde.at notwendig.)
Zusammenfassung
- Die Themen sind heuer so aktuell und politisch wie selten zuvor, die Termine der 12. und der 26. August.
- Lasinger ist seit 1997 den Salzburger Festspielen verbunden und leitet Dramaturgie, Publikationen und Archiv.
- Das Symposium wurde heuer von ihr und Intendant Markus Hinterhäuser konzipiert.
- Schrecken und Leid hätten furchtbare Aktualität bekommen: "Es gibt im Moment nichts Unpolitisches."