Sänger Julian Le Play: "Ich finde mich gerade neu"
Dorthin begleitete er seine Schwester bei einem Surfurlaub. "Wir haben uns in ein Resort namens Holistica gebucht, in dem es von Kondalini-Yoga über Ecstatic-Dance bis zu Schamanenzermonien alles gab. Irgendwie witzig, aber es hatte einen sehr ehrlichen Vibe", erinnerte sich Le Play. "Die Crew war sehr hippiesk." Er selbst wollte zunächst eigentlich an keinem der Kurse teilnehmen. "Aber dann hat es zehn Tage durchgeregnet", schmunzelte der Musiker, der sich am dritten Tag dann doch überwunden hat - und zu seinem Erstaunen positiv überrascht wurde.
"Ich bin eigentlich sehr kontrolliert und halte meine Emotionen manchmal auch sehr zurück. Im Musiksein hatte ich ein beinahe abgebrühtes Feeling", betonte Le Play. In Mexiko habe er sich in dieser Hinsicht herausfordern können. "Alles mit dem Ziel, mich zu öffnen. Irgendwann sind wir mit Schamanen in einem Steiniglu bei gefühlt 100 Grad gesessen." Dort ging es um die inneren Wünsche, die man am Schluss in ein Wort gießen musste. Bei ihm sei das "Pícaro" gewesen. "Das bedeutet eben Spitzbub. Einfach alles nicht so ernst nehmen, locker lassen, die Dinge weniger zerdenken."
Wieder zurück in Wien, habe sich das nicht nur in seiner Musik, sondern auch in seinen Outfits ausgedrückt. "Ich habe tatsächlich an meinem Äußeren geschraubt, was mir viel Spaß gemacht hat. Glockenhosen statt graue Indie-Jeans", lachte der Musiker im Garten des von ihm mitbetriebenen Kreativhotspots Villa Lala. Direkt im Anschluss fand im Frühjahr 2022 die mehrfach verschobene Tour zum Vorgängeralbum "Tandem" statt, die wie ein "Urknall" gewirkt habe. "Irgendwas ist da passiert", erinnerte sich Le Play, "ich finde mich gerade neu".
Diese Energie und das kreative Feuer habe er sofort nutzen wollen, weshalb er sich in die Arbeit gestürzt habe. Wie erwähnt wieder mit befreundeten Kolleginnen und Kollegen wie Johannes Römer, Severin von Sydow oder Florance Arman. "Im Sommer bin ich viel rausgegangen, war megaviel unterwegs in der Nacht. Was mache ich für mich, worauf habe ich Bock? Darum ging es. Als Nebeneffekt sind mir die ganze Zeit Songs geschossen." In den Studios und Räumlichkeiten der Villa habe man daran getüftelt, und zwar mit "kindlicher Leichtigkeit und Neugier. In der Villa sind eigentlich alles Menschen, die spielen. Wir werfen Instrumente an, als wären es Nintendos, und surfen uns durch die Soundbänke. Wir sind Forscher."
Inhaltlich drehen sich die Songs, die mal im reduzierten Klavierkleid wie beim Opener "Schlafwandler" daherkommen, aber auch knackig und tanzbar ausgefallen sind ("Woodstock"), um die "Sucht nach dem guten, schnellen Leben. Nach einem Menschen, nach Liebe beziehungsweise nach den High-Momenten", erklärte der mehrfache Amadeus-Gewinner. In solchen Situationen würde man "komplett mit der Welt verschmelzen". Stellvertretend dafür stünden auch die vier Songs, zu denen Musikvideos gedreht wurden: "Porzellan" als Kennenlernmoment, "Schlafwandler" als Phase des Verliebens, "Woodstock" als Liebe und schließlich "das wahnsinnig nacheinander Sein" in "Tabacco".
Im Sommer und Herbst geht Julian Le Play, der mit seiner Band jüngst auch beim Donauinselfest aufgespielt hat, auf große Tournee. Für ihn beginne nach vier Alben in knapp zehn Jahren eine neue Dekade. "Es hat ein Newcomer-Feeling, weil wir wieder eher Indie veröffentlichen. Das trifft es auch live. Es ist ein bisschen rougher, weil auch die E-Gitarren stärker da sind." Was man sich von den Konzerten erwarten dürfe? "Es wird eine recht expressive, ausgelassene Show, die immer wieder von sehr intimen, kleinen Momenten unterbrochen wird", machte Le Play Lust darauf.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - Sämtliche Tourtermine unter https://julianleplay.com)
Zusammenfassung
- Beim Vorgängeralbum wurde er zum Teamplayer, nun hat sich Julian Le Play weiter geöffnet: Für das am Freitag erscheinende "Tabacco" hatte der Wiener Musiker "Lust, noch mehr loszulassen".
- Das drückt sich einerseits in einem sehr spielerischen Gestus der zwölf neuen Stücke aus, aber auch bei Le Play selbst.
- "Ich habe an meinem Künstlersein geschraubt", meinte er im APA-Interview.
- In solchen Situationen würde man "komplett mit der Welt verschmelzen".