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Zumtobel für Luftgrenzwert-Senkung und Dieselprivileg-Aus

13. Apr. 2025 · Lesedauer 6 min

Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) hat sich angesichts des hiesigen Anti-Transit-Kampfes für eine rasche Umsetzung der EU-Vorgaben für strengere Luftschadstoff-Grenzwerte durch die neue Bundesregierung ausgesprochen. "Es braucht diese Senkung, auch um unsere Transitmaßnahmen in Tirol abzusichern", sagte Zumtobel im APA-Interview. Zudem trat der Landesrat für eine Abschaffung des Dieselprivilegs ein, die von der Regierungskoalition nicht paktiert wurde.

Bei der Luftgüte geht es um das Implementieren der auf EU-Ebene beschlossenen strengeren Luftschadstoff-Grenzwerte in das heimische Immissionsschutzgesetz-Luft, besser bekannt als "IG-L". Die Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS hätten im Koalitionsübereinkommen einen "Fahrplan" für die Umsetzung bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2030 vereinbart, betonte Zumtobel, der das Verkehrskapitel mitverhandelte, zwar wohlwollend. Vor allem auch im Sinne der Tiroler Anliegen plädierte der Verkehrslandesrat jedoch für Tempo: "Je früher die Absenkung der Werte, desto besser und hilfreicher für Tirol. Die neuen EU-Vorgaben wären eine wichtige Absicherung unserer Anti-Transitmaßnahmen."

Denn ebenjene Maßnahmen gegen den überbordenden Transitverkehr auf der Brennerstrecke - wie das Lkw-Nachtfahrverbot oder das Sektorale Fahrverbot - würden mit der aus dem IG-Luft resultierenden 100 km/h-Beschränkung auf der Autobahn zusammenhängen. Tirol habe hier eine Sondersituation. Vehement sprach sich Zumtobel daher auch gegen ein Aus für den "Lufthunderter" hierzulande, wie in der Steiermark oder Salzburg, aus. "Abgesehen davon, dass die Situationen nicht vergleichbar sind: Wer den Lufthunderter aufhebt, bekommt die Aufhebung sämtlicher IG-L-Schwerverkehrsmaßnahmen dazu."

Nicht sehr erfreut zeigte sich Zumtobel, dass sich die Bundeskoalitionäre nicht auf die Abschaffung des Dieselprivilegs, die geringere Besteuerung auf Diesel als auf Benzin, verständigen konnten. Wenngleich die Koalition nun einmal aus drei Parteien mit unterschiedlichen Vorstellungen bestehe:"Das Dieselprivileg ist nicht notwendig", machte der SPÖ-Politiker seinen Standpunkt deutlich. Vielmehr: "Ich sehe es als Beitrag dazu, auf der Brennerachse den Schwerverkehr anzuziehen. Es hat eine Auswirkung. Die Lkw tanken bei uns viel Diesel, weil es billiger ist als in Deutschland oder Italien. Mit dem Dieselprivileg unterstützt man die ohnehin 'billige Straße' und schwächt die Schiene."

Zumtobel bezeichnete das Dieselprivileg als "Mitgrund" für die äußerst prekäre Transit-Situation auf der Brennerstrecke. Er wolle jedenfalls auch in Zukunft - "wo immer ich gefragt werde" - für ein Aus eintreten. Sollte man sich irgendwann doch für eine Abschaffung entscheiden, müsse man aber auch eine Lösung für jene Menschen finden, die "keine Möglichkeit haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren" und auf das Auto angewiesen sind, betonte der Sozialdemokrat. Und es solle auch Ausnahmen für die Landwirtschaft geben.

"Gehe davon aus, dass Maßnahmen vollständig halten"

Zuversichtlich zeigte sich der Verkehrslandesrat, was die eingebrachte Klage Italiens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Österreich wegen der Tiroler Anti-Transitmaßnahmen betrifft: "Ich gehe davon aus, dass sie vollständig halten werden. Sie sind nachvollziehbar, gesetzlich geregelt sowie verhältnismäßig und nicht überschießend. Wenn man wie die EU will, dass die Luftgüte verbessert wird, müssen sie bleiben." Für ihn werde die Gesundheit immer über dem freien Warenverkehr stehen.

Eine solche Klage "eines Nachbarn" erschwere natürlich zusätzlich die ohnehin komplizierte Lage. Dabei sei Tirol, entgegen mancher Kritik, sehr wohl kompromissbereit, unterstrich Zumtobel. Der Kompromiss und damit der Einstieg in weitergehende Verhandlungen laute folgendermaßen: Sollte das von Tirol, Südtirol und Bayern paktierte Verkehrsmanagement- bzw. "Slot-System" mit buchbaren Lkw-Fahrten über den Brenner, etwa von München bis Verona, installiert werden können, "dann braucht es keine Lkw-Dosierung bei Kufstein mehr." Die anderen (Fahrverbots)-Maßnahmen müsste aber aufrecht bleiben. Der Haken an der Sache: Für ein solches "Slot-System" braucht es die Zustimmung der Nationalstaaten Österreich, Italien und Deutschland bzw. laut Experten einen Staatsvertrag. Italien mit Verkehrsminister Matteo Salvini sagte aber bisher ausdrücklich "Nein", auch Deutschland war skeptisch bis ablehnend. Zumtobel will trotzdem nicht locker lassen. "Es gibt bereits einen Bericht zum Slot-System. Tirol, Bayern und Südtirol sollten jetzt in konkrete Gespräche gehen und, etwa mit den drei Autobahnbetreibern, an der Umsetzung arbeiten." Er wisse, dass man die "Zustimmung der Nationalstaaten braucht, in welcher Form auch immer", aber: Wenn sich die drei Regionen einig seien und ein konkretes Konzept vorlegen könnten, glaube er, dass "die Staaten sagen werden: 'Machts es'." Er zähle dabei auch auf den neuen SPÖ-Verkehrsminister Peter Hanke: "Ich habe ihn gebeten, für das Slot-System zu werben."

Brauchen endlich Kostenwahrheit, Stärkung der Bahninfrastruktur und mehr Kontrollen

Um die rund 2,4 Millionen Lkw pro Jahr über den Brenner signifikant zu senken und dem Transitproblem nachhaltig Herr zu werden, brauche es natürlich eine Verlagerung des Warentransports von der Straße auf die Schiene, so Zumtobel. Die Schweiz zeige es mit ihren Alpenübergängen bzw. dem Gotthard-Tunnel vor, sah er quasi einen notwendigen "Dreiklang": "Es braucht ein funktionierendes Bahnsystem, einen hohen Kontrolldruck auf der Straße plus endlich Kostenwahrheit: Bahn bzw. Schiene verbilligen, Straße verteuern. Wir haben derzeit eine Ungerechtigkeit zwischen Straße und Schiene", pochte Zumtobel auf ein Gegensteuern. Die Nachbarländer Deutschland und Italien müssten in Sachen Lkw-Maut deutlich anziehen, denn: "Momentan haben wir einen Euro Maut pro Kilometer in Österreich und in den Nachbarländern maximal ein Drittel davon."

Mit einer Entlastung größeren Ausmaßes rechnete der frühere ÖBB-Manager Zumtobel vor allem mit Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels (BBT) inklusive einer vierspurigen Schienenstrecke im Jahr 2032. Nachhaltig werde aber auch diese nur sein, wenn die Zulaufstrecke in Deutschland endlich Gestalt annehme, wünschte sich der SPÖ-Politiker dringend einen Bundestags-Beschluss über den Trassenverlauf noch heuer. Aber auch bis 2032 gebe es Chancen für eine Verlagerung: Durch die Schaffung neuer Bahninfrastruktur, Verladeterminals sowie das Etablieren eines einheitlichen, grenzüberschreitenden Bahnsystems inklusive einer weitgehenden Harmonisierung von Betriebsvorschriften: "Das ist zu schaffen bis 2032. 'Highway for railway' muss das Motto lauten. Ein 'Longway' auf der Eisenbahn."

Darüber hinaus plädierte Zumtobel vehement für intensivierte Kontrollen im Bereich der Lkw-Fahrverbote. Hier leiste Tirol schon viel, auch die Bundesregierung habe sich dies zum Ziel gesetzt. Man sei sich einig, dass es ein Mehr an Kontrollen brauche. "Und ja, man muss sich überlegen, ob nicht auch die Strafen höher ausfallen sollen. Es geht vor allem auch um die Sicherheit", erklärte der Landesrat.

Zusammenfassung
  • René Zumtobel fordert die rasche Umsetzung der EU-Vorgaben für strengere Luftschadstoff-Grenzwerte in Österreich, um die Anti-Transitmaßnahmen in Tirol abzusichern.
  • Zumtobel plädiert für die Abschaffung des Dieselprivilegs, da es den Schwerverkehr auf der Brennerachse anzieht und die Schiene schwächt.
  • Die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen, wie das Lkw-Nachtfahrverbot, hängen von den Luftschadstoff-Grenzwerten ab und könnten durch ein Slot-System ersetzt werden.
  • Zumtobel sieht die Verlagerung des Warentransports von der Straße auf die Schiene als notwendig an, um das Transitproblem nachhaltig zu lösen.
  • Die Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels (BBT) im Jahr 2032 soll zur Entlastung beitragen, jedoch müssen bis dahin weitere Maßnahmen ergriffen werden.