Freispruch in Kärnten für Postings nach Hamas-Terror
Der Mann gab vor Gericht zu, die Postings abgesetzt zu haben, relativierte aber durchgehend den Inhalt. Drei Tage nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 setzte der Mann gleich mehrere Postings auf TikTok und Instagram ab. "Europa verurteilt Hamas, ich verurteile Europa. Wir sind Palästina, wir haben voll Recht", lautete eines davon. Womit habe man Recht, wollte die Richterin wissen: "Wir haben das Recht, einen eigenen Staat zu haben", antwortete der Angeklagte. Aber er nehme doch ganz konkret auf die Hamas Bezug? "Das war ein Fehler von mir, ich bin nicht für die Hamas", meinte der Mann.
Es war nicht das einzige Posting an diesem Tag: "Ich bin sehr stolz. Möge Allah unsere Löwen schützen", lautete der Text eines weiteren Beitrages des Mannes. "Kinder, Frauen, alle Palästinenser sind Löwen", erklärte der 41-Jährige dazu vor Gericht. Im Hintergrund des Postings lief ein Lied mit der Textzeile: "Ein Märtyrer verabschiedet sich von einem anderen." "Das singen schon die Kinder", wollte der Mann keinen extremistischen Hintergrund sehen. Zu einem weiteren von ihm geposteten Text mit dem Inhalt "Hamas hat noch nicht einmal angefangen. Das war nur Mittagessen" wollte er hingegen keine Angaben machen, wie das gemeint war.
Ganz allgemein wollte der 41-Jährige nicht viel über die Hamas gewusst haben: "Ich bin seit 18 Jahren in Österreich, ich weiß nichts darüber." Sie sei schon viel länger in Österreich, wisse aber sehr wohl etwas über die Hamas, gab die Richterin zurück. "Jetzt habe ich gehört, dass das eine Terrororganisation ist. Davor habe ich das nicht gewusst", meinte der Mann. Über die Ziele der Hamas wisse er nur, dass sie einen eigenen Staat gründen wollen. Auch mit terroristischen Aktionen, sagte er auf Nachfrage. Das finde er auf keinen Fall gut: "Wenn ich an die getöteten Frauen und Kinder denke, blutet mein Herz." Für den Zusatz "auch wenn Männer sterben, finde ich das nicht richtig" brauchte es allerdings eine Nachfrage der Richterin.
Unbescholtener Angeklagter
Der Verteidiger des Mannes zeichnete von seinem Mandanten das Bild eines sich aufopfernden Familienvaters, der seit 18 Jahren in Österreich lebe, arbeite und sich nichts zuschulden kommen hat lassen. "Mein Mandant ist berechtigt, seine Weltanschauung darzulegen. Damit begehe ich kein Verbrechen." Die vorgelegten Postings würden die angeklagten Straftaten nicht erfüllen und auch im gesamten Verfahren habe er keine Äußerung abgegeben, "dass er etwas gutheißt oder dass ein Verbrechen ausgeführt werden soll", so der Verteidiger.
"Der Angeklagte weiß ganz genau, wer die Hamas ist, er sympathisiert damit, das ist unbestritten", führte die Staatsanwältin aus. Einfach nur der Spruch "Freiheit für Palästina" sei sicher nicht rechtswidrig. Die Grenze sei aber da, wo man sich Slogans oder einer Symbolik bedient, "die eine Terrororganisation für sich gepachtet hat" oder Verbrechen in irgendeiner Art gutheißt. Das habe der Angeklagte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft getan: "Insbesondere im Kontext, in dem er gepostet hat. Er nimmt Bezug auf den Hamas-Terroranschlag, einen der grausamsten überhaupt. Er wollte etwas verherrlichen, glorifizieren."
"Hören Sie auf damit"
"Vorweg: Es ist nicht so, dass uns das gefällt, was wir hier sehen", begann die Vorsitzende des Schöffensenates ihre Urteilsbegründung. Aber wenn sich ansieht, was der Angeklagte geschrieben hat, müsse man unterscheiden: "Was posten Sie im Sinne von Palästina und was pro Hamas?" Die Terrororganisation komme nur zwei Mal in seinem Text vor und in dem Fall könne man den Text so interpretieren: "So weit die Hamas Palästinenser-Interessen fördert, ist sie zu unterstützen." Bloße Sympathiebekundungen begründen aber nicht die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit: Strafbare Äußerungen müssten geeignet sein, "die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten" zu beinhalten.
Hinzu komme, dass der Angeklagte überhaupt keine Kontakte in die Szene hat. Insgesamt habe er kein Propagandamaterial verbreitet oder Leute angeworben. Kurz zusammengefasst: "Sich pro Palästina zu äußern, ist in Österreich erlaubt. Nicht aber, sich pro Hamas zu äußern." Das wäre ein "Gutheißen". Zum Schluss gab die Richterin dem Mann noch einen Rat mit: "Es war so scharf an der Grenze, hören Sie auf damit." Denn: "Jede Woche haben wir am Landesgericht Verfahren wegen Verhetzung oder Wiederbetätigung, weil jeder glaubt, sich zu jedem Mist äußern zu müssen. Und irgendwann ist die Grenze überschritten."
Zusammenfassung
- Ein 41-jähriger Staatenloser wurde in Kärnten vom Vorwurf der terroristischen Vereinigung freigesprochen, nachdem er bedenkliche Inhalte auf Social Media gepostet hatte.
- Der Mann, der seit 18 Jahren in Österreich lebt, relativierte seine Postings vor Gericht und betonte, dass er nicht für die Hamas sei.
- Die Richterin stellte klar, dass Sympathiebekundungen für Palästina nicht strafbar sind, solange sie nicht die Gefahr weiterer Straftaten beinhalten.
- Die Staatsanwältin argumentierte, dass der Angeklagte die Hamas verherrlichte, was jedoch nicht ausreichte, um die Voraussetzungen für eine Verurteilung zu erfüllen.
- Das Urteil ist nicht rechtskräftig, und der Schöffensenat riet dem Angeklagten, solche Postings in Zukunft zu unterlassen.