Rapperin Haiyti mit zweitem Album in einem Jahr
Das große Dilemma von Haiyti wird aber auch dieses Album nicht auflösen können: Sie ist und bleibt bisher der ewige Geheimtipp. Von Kritikern wird sie in höchsten Tönen gelobt, die "Zeit" etwa zog mal eben Rap-Übervater Drake als Vergleich heran. Doch der sehnsüchtig erwartete große Durchbruch in der boomenden Deutschrap-Branche will sich trotz Trap-Brett-Dauerbeschallung nicht einstellen. "Sie sagen der Weg ist das Ziel / Aber ich frag mich: Wann komm ich an?", rappt sie im Song "Zu real".
Vielleicht macht Haiyti auch einfach zu viel richtig und ist dem deutschen Rap-Zirkus einen Schritt zu weit voraus. Von den 19 Tracks auf "Influencer" ist jeder einzelne ein "Banger", die Beats klingen mehr nach US-Südstaaten als nach Deutschland, die Texte sind clever, und ihr Stil ist unverkennbar. Dazu beteuert Haiyti selbst immer wieder ihren Ghetto-Background: aufgewachsen in Hamburg-Langenhorn, Sozialwohnung, die Mutter alleinerziehende Taxifahrerin.
Das Problem: Am Ende drängt sich kein Song zwingend nach vorne. Oder um es in der Musikmarketing-Sprache auszudrücken: Hier fehlt schlicht der Hit. "Influencer" bleibt der alten Haiyti-Mischung aus Kunst und Straße treu. Musik für den Kritikerpreis, für die Feuilleton-Redaktion, für Kunststudenten und Konzeptliebhaber.
Die Künstlerin selbst hat für den ausbleibenden Erfolg im Mainstream ihre eigene Erklärung parat: "Die meisten Leute sind halt 08/15", sagte sie jüngst - im ARD-Kulturmagazin "Titel Thesen Temperamente".
Zusammenfassung
- Dass sie 2020 auf der faulen Haut gelegen hat, kann man Ronja Zschoche alias Haiyti nun wirklich nicht vorwerfen.
- Das große Dilemma von Haiyti wird aber auch dieses Album nicht auflösen können: Sie ist und bleibt bisher der ewige Geheimtipp.
- Das Problem: Am Ende drängt sich kein Song zwingend nach vorne.
- "Influencer" bleibt der alten Haiyti-Mischung aus Kunst und Straße treu.