"Marvelous Mrs. Maisel" ist bei Amazon "nicht aufzuhalten"
Dabei musste die Produktion aufgrund der Coronapandemie so manche Hürde bewältigen, wie Serienschöpferin Amy Sherman-Palladino im APA-Interview verrät. Gemeinsam mit ihrem Mann Daniel Palladino ist sie für die Drehbücher und Regie der acht neuen Episoden verantwortlich und schickt ihre Figuren abermals auf eine turbulente Reise. Immerhin gilt es für die Comedy-Newcomerin Midge zu lernen: "Das Showbusiness ist auf Wut und Rache aufgebaut."
APA: Es ist mehr als zwei Jahre her, dass wir Midge zuletzt gesehen haben. Wie sehr hat die Coronapandemie die Arbeit erschwert?
Daniel Palladino: Zunächst mussten wir mit dem sogenannten Covid-Protokoll umgehen lernen. Wie verhalten wir uns untereinander in diesen beengten Verhältnissen? Man muss ja bedenken: Selbst in großen Studiosettings gibt es rund 150 Leute, die involviert sind. Außerdem gab es beim Drehstart von Staffel 4 ja noch keine Impfung, wir hatten diesen Schutz also noch gar nicht. Masken waren daher sehr wichtig, ebenso wie ein täglicher Test. Dank dieser Sicherheitsmaßnahmen konnten wir ohne Unterbrechung arbeiten.
Amy Sherman-Palladino: Außerdem hatten wir einige Leute, die sich speziell um die Darsteller gekümmert haben. Sie konnten ja keinen Schutz tragen, immerhin mussten sie spielen! Im Jahr 1960 gab es diese Masken eben nicht. (lacht)
APA: Am Ende der dritten Staffel ist Midge in einer Sackgasse gelandet, nachdem sie von einer großen Tour gefeuert wurde. Natürlich ist es spannend, der Heldin dabei zuzusehen, wie sie sich wieder aufrappelt. Wohin geht es für Midge diesmal?
Palladino: Wenn man auf dem Rollfeld eines Flughafens stehen gelassen wird so wie Midge, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt es bleiben, weil diese Erfahrung so entmutigend war. Oder man macht weiter, angetrieben von der Wut. Und wir ließen sie das Zweite wählen! Sie ist einfach unbezwingbar und nicht aufzuhalten. Also lassen wir sie sehr schnell und zielgerichtet in die Zukunft marschieren. Allerdings erzeugt das Probleme mit ihrer Managerin Susie, weil Midge sehr spezifische Vorstellungen hat. Letztlich hat sie eine Lektion auf die harte Tour lernen müssen: Im Showbusiness gibt es keine Freunde!
Sherman-Palladino: Das Showbusiness ist auf Wut und Rache aufgebaut. Es wird Zeit, dass sie das erkennt, verdammt! (lacht)
Palladino: Ich weiß das bereits seit dem Kindergarten!
APA: Die Zuseher haben die von Ihnen geschaffenen Charaktere mittlerweile sehr gut kennengelernt. Wie schwer ist, diesbezüglich mit Erwartungen umzugehen und gleichzeitig für Überraschungen zu sorgen?
Sherman-Palladino: Sie können sich sicher sein: Niemand ist mehr enttäuscht von unseren Misserfolgen als wir selbst! Wir sind sehr kritisch unserer eigenen Arbeit gegenüber. Vor allem, weil wir einfach ein großartiges Cast haben und sicher gehen wollen, dass wir ihm gerecht werden. Man kann nicht funktionieren, wenn man sich Gedanken über Erwartungen und fremde Ansichten macht - das hilft dem kreativen Prozess nicht, sondern lähmt ihn. Wir haben uns immer nach Geschichten, die wir selbst mögen, und Dingen, die uns selbst zum Lachen bringen, orientiert. Hoffentlich sehen das andere Leute genauso. Wenn nicht? Dann landen wir in einer Ecke und fressen unsere Haare.
APA: Eines Ihrer Markenzeichen sind lange Dialogszenen, meist mit mehreren Protagonisten, die sich an oft extravaganten Orten über viele Minuten ziehen. Diesmal ist es etwa in der Auftaktepisode ein Riesenrad, das zu so einem Schauplatz wird. Wie wahren Sie da die richtige Balance was Timing, Humor und Ernsthaftigkeit betrifft?
Palladino: Wir haben solche Szenen mit den "Gilmore Girls" vielfach geübt. Damals waren es die Bürgertreffen, bei denen sechs, sieben oder mehr Leute gesprochen haben - und das nicht nur miteinander. (lacht) Sie alle wollten etwas mitteilen, aber nicht immer kam die Botschaft auch an. Das ging oft über zehn, elf Drehbuchseiten, was sehr ungewöhnlich ist. Wir lieben solche Szenen, aber man muss aufpassen, dass man sie nicht zu oft einsetzt. Sonst nützen sie sich ab. Gerade die von Ihnen angesprochene Sequenz hat sich angeboten. Anstatt dass Midge alle um sich versammelt und ihnen ihr Leid klagt, haben wir sie in ein erhöhtes, leicht absurdes Setting gebracht. Technisch war es eine ziemliche Herausforderung.
APA: Locations sind ohnehin eine besondere Sache bei "Mrs. Maisel". Wir hatten New York, Paris, das Ferienressort in den Catskills oder die luxuriösen Hotels der Vorgängerstaffel. Wie wollen Sie das noch toppen?
Sherman-Palladino: Es geht weniger um die Locations, als um die Geschichte von Midge und ihre Sicht auf die Welt. Sie ist eine Frau, deren Leben in sehr engem Rahmen ablief. Sie war quasi die Königin des Blocks. Mit jedem Jahr wurde ihre Welt größer. Das war für uns der Hauptgrund, sie reisen zu lassen: Um die Ausdehnung ihrer Welt voranzutreiben. Aufgrund von Corona konnten wir diesmal aber nicht reisen, also mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen. Wir sind zurück nach New York und haben die Stadt wieder als eigenen Charakter entdeckt, was sich ausgezahlt hat. Auf diese Weise konnten wir New York zu einer Zeit feiern, als die Dinge wirklich hart waren. Das war uns sehr, sehr wichtig.
APA: "Mrs. Maisel" ist natürlich auch eine Serie über Emanzipation und über eine Frau, die sich gegen männliche Erwartungen stellt. Wie wichtig ist Ihnen ein gesellschaftspolitischer Zugang? Und welche Rolle spielt Humor dabei?
Sherman-Palladino: Wir haben nie eine Show gemacht, um eine politische Agenda zu predigen. Ich persönlich denke, dass die Leute bestimmte Dinge viel eher aufnehmen, wenn man nicht mit erhobenem Zeigefinger daherkommt und ihnen vorkaut, was sie zu denken haben. Erzähl einfach eine Geschichte und lass sie ihre Wirkung entfalten! Natürlich geht es in dieser Serie um die Reise einer Frau, von der etwas bestimmtes erwartet wird, die sich aber für einen komplett anderen Weg entscheidet. Alleine aufgrund dieser Tatsache können wir eine Figur zeigen, die sich gegen alle Widrigkeiten stemmt und Erwartungshaltungen untergräbt. Klar passiert es dann, dass sich die Zuschauer fragen: "Hey, die Dinge haben sich seit damals nicht wirklich weiterentwickelt. Wie ist das passiert?" (lacht) All das schwingt mit in dem Moment, in dem Midge auftritt.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - http://go.apa.at/puWbBSn0)
Zusammenfassung
- Sie legt wieder los: Ab 18. Februar ist auf Amazon Prime Video erneut der Redeschwall von Miriam "Midge" Maisel zu erleben. Die vierte Staffel der Erfolgsserie "The Marvelous Mrs. Maisel" erzählt die Geschichte der jüdischen Hausfrau und angehenden Komikerin im New York der 1960er weiter, setzt auf bewährte Zutaten und liefert so manche Zuspitzung. Erneut ist es eine Freude, Hauptdarstellerin Rachel Brosnahan und ihren Kollegen bei der Arbeit zuzusehen.