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Der "verbotene Auferstandene" von Egger-Lienz wird 100

13. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Es ist wohl eine der bittersten Episoden im Leben des Osttiroler Malers Albin Egger-Lienz, die sich kurz vor seinem Tod im Jahr 1925 zugetragen hat: Der Skandal um das Fresko "Der Auferstandene" in der Lienzer Kriegergedächtniskapelle. Die als zu wenig göttlich empfundene Darstellung des Christus passte Teilen des Klerus und der Bevölkerung nicht ins Bild. Die Causa wurde bis nach Rom getragen. Ein 57 Jahre währendes Verbot von Gottesdiensten in der Kapelle war die Folge.

Es war das "zu knappe Lendentuch", eine "abstoßende Beinhaltung" oder der "Bubikopf" des vor 100 Jahren gemalten Christus, der in Klerus, Bevölkerung und Zeitungen über die Landesgrenzen hinaus die heftige Kritik und auch Uneinigkeit hervorrief, erzählte der Osttiroler Erich Mair, Kunstsachverständiger und profunder Kenner von Egger-Lienz' (1868-1926) Werk, im APA-Gespräch. Für den tief gläubigen Egger-Lienz war es dagegen der "schönste Christus, der je gemalt worden ist."

Eine zentrale Rolle in der Geschichte - an deren Ende wurden vier Werke des Osttiroler Künstlers, die er für die von Clemens Holzmeister geplante Kapelle geschaffen hatte, quasi weggesperrt - spielte der damalige Dekan von Lienz, Gottfried Stemberger. Als dieser das Fresko "Der Auferstandene" für die Kapelle zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg zum ersten Mal sah, soll er es sofort abgelehnt und gedroht haben, die Kapelle nicht einzuweihen. Plötzlich sei der "Auferstandene" jedoch unter Abwesenheit Stembergers in die Kapelle eingemauert gewesen und die Einweihung, die unter Anwesenheit des Bundespräsidenten, des Bischofs, Landeshauptmanns und Regierungsmitgliedern geplant gewesen war, habe nicht mehr abgeblasen werden können, schilderte Mair. Der Maler selbst nahm an der Einweihung nicht teil - seine Kränkung dürfte zu groß gewesen sein.

Stemberger gab indes zeit seines Lebens nicht auf: "Er bekämpfte den Auferstandenen bis zu seinem Tod", sagte der Kunstexperte. Es war schließlich auch der Lienzer Dekan, der seine Kontakte in den Vatikan zur Verhängung des Interdikts im Jahr 1926 - mit dem jedweder Gottesdienst in der Kapelle untersagt wurde - spielen ließ. Die Bevölkerung selbst erfuhr von dem Interdikt erst im Zuge einer Prozession, die seit Bestehen der Kapelle durch diese hindurch führte - plötzlich aber marschierte der betende Prozessionszug zu Allerseelen an der Kirchenmauer vorbei.

Egger-Lienz zuerst auf städtischem Friedhof beerdigt

Außerhalb der Kirchenmauern wurde schließlich auch Egger-Lienz ein Jahr nach der Einweihung der Kapelle begraben - für Mair der nächste "Skandal". Aufgrund des Interdikts durfte der Maler nicht - wie ihm eigentlich von der Stadt Lienz versprochen war - in der Kriegergedächtniskapelle begraben werden, sondern wurde zuerst am städtischen Friedhof beerdigt. Auf Betreiben der Witwe von Egger-Lienz wurde der Künstler schließlich doch, aber in Abwesenheit jeder Geistlichkeit und der Öffentlichkeit, ein Jahr nach seinem Ableben "bei Nacht und Nebel" in die Kapelle umgebettet.

Seit Verhängung des Interdikts war die Kapelle geschlossen, einzig der Mesner hatte einen Schlüssel und sperrte die Kirche auf Verlangen auf. Mit einer Reform des Kirchenrechts im Jahr 1983 wurden sämtliche Interdikte aufgehoben - und so auch jenes von Lienz. Im Jahr 1987 folgte schließlich eine Art Wiedergutmachung durch die Katholische Kirche: Die Kapelle wurde erneut durch den Lienzer Dekan Josef Huber geweiht.

Auch heute ist die Kapelle noch verschlossen, in einem Gasthaus direkt daneben wird der Schlüssel in einer Schublade verwahrt. "Da kann aber jeder hingehen und danach fragen", berichtete Mair. Wer hineingeht, kann neben dem "Auferstandenen" zudem die weiteren Werke des Bilderzyklus "Die Namenlosen", "Totenopfer" und "Sämann und Teufel" bestaunen.

Anlässlich des 100-jährigen Geschichte dieses "Kunst- und Kirchenkrimis" kuratiert Mair in der DolomitenbankGalerie in Lienz eine Ausstellung dazu, die ab 8. September vier Monate lang zu sehen sein wird. Neben Bildern von Egger-Lienz werden Werke von Franz von Deferegger, Karl Untergasser und weiteren Zeitgenossen zu sehen sein. Darüber hinaus findet im Herbst eine Gedenkmesse in der Kriegergedächtniskapelle statt.

Zusammenfassung
  • Der Skandal um das Fresko 'Der Auferstandene' von Albin Egger-Lienz führte 1926 zu einem 57 Jahre dauernden Verbot von Gottesdiensten in der Lienzer Kriegergedächtniskapelle.
  • Der damalige Dekan von Lienz, Gottfried Stemberger, spielte eine zentrale Rolle in der Ablehnung des Freskos, das er als unangemessen empfand.
  • Erst 1987, nach einer Reform des Kirchenrechts, wurde die Kapelle erneut geweiht, und der Skandal wird in einer aktuellen Ausstellung in Lienz thematisiert.