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Außenpolitische Lesetipps für das Osternest

13. Apr. 2025 · Lesedauer 14 min

In den vergangenen Monaten sind eine Reihe von Büchern mit außenpolitischen Themen erschienen. In Folge - ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit - als Geschenktipps für das Osternest eine Auflistung samt Kurzbesprechungen einiger dieser Publikationen:

Auf den ersten Blick mag es verwunderlich sein, wenn ein vor dem 7. Oktober 2022 auf Englisch erschienenes Buch, das auch den Nahost-Konflikt behandelt, nun ohne Ergänzung auf Deutsch publiziert wird. Doch ist der Inhalt eben zeithistorisch und daher einerseits von jüngeren Entwicklungen entkoppelt, andererseits zeigt das Buch wie verfahren der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis seit Jahrzehnten ist. Das vom israelischen Diplomaten Daniel Aschheim verfasste Werk "Kreisky, Israel and Jewish Identity" wurde 2022 von der University of New Orleans Press herausgegeben, die Übersetzung ist jüngst - ediert von Standard-Redakteur Eric Frey - unter dem Titel "Kreisky, Israel und die Juden. Ein Politiker und Visionär im Fokus der Weltgeschichte" im Salzburger Verlag "ecoWing" erschienen.

Der 1988 geborene Autor thematisiert das persönliche und beruflich-politische Leben von Bruno Kreisky (1911-1990), Österreichs SPÖ-Bundeskanzler von August 1970 bis Mai 1983. Er widmet sich vordringlich dem komplexen Verhältnis, das Kreisky zu seinem Judentum, dem Staat Israel und dem Zionismus hatte. Es zeigt auch die ambivalenten bis gespannten Beziehungen, die der jüdische Emigrant - Kreisky flüchtete 1938 nach Schweden - zur Aufarbeitung der Täterrolle Österreichs während des Nationalsozialismus oder etwa zu "Nazijäger" Simon Wiesenthal und Golda Meir (israelische Ministerpräsidentin von 1969 bis 1974) hegte. Mit seinem vor über 50 Jahren geäußerten Vorschlag einer Zweistaatenlösung zur Beendigung des Nahostkonflikt erntete Kreisky laut dem Buch "Skepsis, Hass, aber auch Bewunderung". Die Idee ist nach wie vor präsent und genauso in weiter bis unerreichbarer Ferne wie damals.

(S E R V I C E: "Kreisky, Israel und die Juden. Ein Politiker und Visionär im Fokus der Weltgeschichte" von Daniel Aschheim; Redaktionelle Bearbeitung: Eric Frey. Red Bull Medienhaus/ecoWing Verlag, Salzburg 2025; 208 Seiten; 28,00 Euro. ISBN-13: 978-3-7110-0364-5. E-Book 22,99 Euro. ISBN-13: 978-3-7110-5380-0)

Ulrich Speck: "Der Wille zur Weltmacht. Wie Russland und China die freiheitliche Ordnung attackieren"

"Moskau und Peking sind entschlossen, eine Weltordnung zu schaffen, in der die Anziehungskräfte des demokratischen, von Amerika verkörperten Modells politischer Herrschaft verschwinden, und das eigene autokratische Modell unangefochtene politische Legitimität besitzt." Das ist das Fazit von Ulrich Speck in seinem neuen Buch "Der Wille zur Weltmacht".

Der deutsche Geopolitik-Experte zeichnet darin die immer deutlicheren Weltmacht-Ambitionen von Russland unter Wladimir Putin und von China unter Xi Jinping nach. Es ist ein Weckruf an den Westen, den autokratischen Großmächten entschlossen entgegenzutreten und sie nicht mehr besänftigen zu wollen. Speck plädiert vielmehr für einen Aufbau militärischer Stärke, insbesondere durch Europa: "Nur wenn die militärische Überlegenheit des Westens klar und unbestreitbar ist, funktioniert seine Abschreckung."

(S E R V I C E: "Der Wille zur Weltmacht. Wie Russland und China die freiheitliche Ordnung attackieren" von Ulrich Speck; Droemer, München 2025; 256 Seiten; 25,70 Euro; ISBN 978-3-426-56065-5)

Steffen Mau: "Ungleich vereint"

In dem Buch "Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt" versucht der Berliner Soziologe Steffen Mau einen Strich unter die große Illusion der deutschen Wiedervereinigung zu ziehen. Der schmale Band bietet jedem, der den Ursachen des Erfolgs der rechtspopulistischen AfD in Ostdeutschland nachspüren will, eine gute Einführung in das Thema: Von der nicht aufgearbeiteten NS-Vergangenheit, den in der kommunistischen Diktatur kultivierten Minderwertigkeitskomplexen über die Kolonialisierung des Ostens nach der Wende bis zu den sozialen und wirtschaftlichen Problemen der Gegenwart - etwa dem massiven Stadt-Land-Gefälle und der "Vermännlichung" weiter Landstriche durch die Emigration von Frauen.

Der gebürtige Rostocker stimmt ein in den Chor jener Experten, die den Osten Deutschlands als eine Art "Vorreiter" für die künftige politische Entwicklung westlicher Demokratien sieht, mit geringer Parteibindung und einer schwachen Zivilgesellschaft. "Wer glaubt ernsthaft, dass es zu einer Umkehr der verstetigten Trends der erodierenden Parteienbindung, des schwindenden Vertrauens in die Institutionen und der rechtspopulistischen Mobilisierung kommen wird?", fragt er im Abschlusskapitel. Entsprechend knüpft er auch wenig Hoffnungen an die verschiedenen Strategien zur Bekämpfung der AfD - von Parteiverbot über Brandmauer bis zu einer Normalisierung durch Regierungsbeteiligung. Sein Lösungsvorschlag geht in Richtung neuer partizipativer Beteiligungsformen, konkret von Bürgerräten. Dies könnte das Vertrauen in die Demokratie wieder stärken, genauso wie auch die Beteiligung, so seine Hoffnung.

(S E R V I C E: "Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt." von Steffen Mau; Verlag Suhrkamp, Berlin 2024; 168 Seiten; 18 Euro. ISBN: 9783518029893)

Jörg Baberowski: "Die letzte Fahrt des Zaren"

"Manchmal verdichtet sich die Weltgeschichte in wenigen Tagen und einzelnen Personen", heißt es im Klappentext des Buchs "Die letzte Fahrt des Zaren. Als das alte Russland unterging". Der auf die Geschichte der Sowjetunion spezialisierte deutsche Historiker Jörg Baberowski erzählt in plastischen Schilderungen, wie im Februar 1917 eine vermeintlich festgefügte Ordnung durch die Russische Revolution binnen weniger Tage sich zusammenbricht.

Baberowski zeichnet die Ereignisse hautnah nach und macht dabei deutlich, dass die Geschichte auch anders hätte verlaufen können, wenn sich der Zar und seine Entourage der Dynamik der damaligen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen bewusst gewesen wären. Selbst wenn sich Geschichte bekanntlich nicht eins zu eins wiederholt, macht die Lektüre des Buchs auch nachdenklich. Wer weiß, ob nicht in 100 Jahren ebensolche Analysen bezüglich der weltpolitischen Umbrüche der 2020er-Jahre die Runde machen werden...

(S E R V I C E: "Die letzte Fahrt des Zaren. Als das alte Russland unterging." von Jörg Baberowski; C.H. Beck Verlag, München 2025; 380 Seiten; 28,80 Euro. ISBN-13: 978-3-406-83048-8)

Ulrich Haltern: "Verschlungene Staaten"

Dass Politiker mitunter ein doppeltes Spiel mit der Europäischen Union spielen und zuhause anders als in Brüssel reden, ist bekannt. Nun liefert der deutsche Rechtswissenschafter Ulrich Haltern in seinem Buch "Verschlungene Staaten: Die paradoxe Mechanik der europäischen Integration" quasi einen systematischen Rahmen für dieses Spannungsfeld, und er kommt zu dem Schluss, dass der europäische Einigungsprozess "in praktisch jedem Bereich in die Ambivalenz mündet", also zwischen dem nationalen Vorstellungsraum und der europäischen Dynamik.

Mit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus würden diese Spannungen, aber auch die Möglichkeiten für Europa zunehmen, schreibt der Autor. Zugleich stoße das "geopolitische Erwachen der Union" auch an seine Grenzen, "deren sichtbarste wohl die Selbstverteidigungsunfähigkeit sein dürfte". Wohin die Reise geht, lässt Haltern letztlich offen: Vor dem Hintergrund der aktuell diskutierten Demokratiekrise rechnet der Autor damit, dass radikale Akteure ihren Weg nach Brüssel finden und dort ihre Anliegen geltend machen werden. "Ob es zu einer Stärkung wahrhaft europäischer Politik durch streitbaren politischen Diskurs oder zu einer Destabilisierung führt, ist nicht sicher zu sagen."

(S E R V I C E: "Verschlungene Staaten: Die paradoxe Mechanik der europäischen Integration." von Ulrich Haltern; C.H. Beck Verlag, München 2025; 303 Seiten; ISBN 978 3 406 83219 2)

Volker Resing: "Friedrich Merz"

Kaum war die deutsche Bundestagswahl am 23. Februar geschlagen, ist schon die Biografie des Wahlsiegers Friedrich Merz mit dem der Realität vorgreifenden Untertitel "Sein Weg zur Macht" in die Buchgeschäfte gelangt. Der Journalist Volker Resing vom konservativen Magazin "Cicero" zeichnet in dem Band den politischen Lebensweg des ambitionierten Juristen aus dem Sauerland nach, von seinen Anfängen in EU-Parlament und Bundestag bis zu seiner mutmaßlichen Ankunft im Berliner Kanzleramt kurz vor seinem 70. Geburtstag.

Der flüssig zu lesende Band ist durchaus von Sympathie für den CDU-Chef getragen, bleibt im Ton aber der Hofberichterstattung fern. Der Autor arbeitet vielmehr deutlich die vielen Höhen und Tiefen von Merz' mittlerweile 36-jährigen politischen Karriere heraus. Manche Ereignisse aus der Zeit von Merz' Unionsfraktionsvorsitz Anfang der 2000er Jahre erscheinen da überraschend aktuell, insbesondere die Debatten um Migration und dem von Merz bekannt gemachten Begriff der "Leitkultur". Ein lesenswerter Einblick in Leben und Wesen vom mutmaßlichen nächsten Bundeskanzler Deutschlands.

(S E R V I C E: "Friedrich Merz. Sein Weg zur Macht" von Volker Resing; Herder, Freiburg 2025; 224 Seiten; 23,50 Euro; ISBN 978-3-451-07241-3)

Sönke Iwersen und Michael Verfürden: "Die Tesla-Files"

Im November 2022 erhält der Leiter des Investigativ-Teams der deutschen Zeitung "Handelsblatt", Sönke Iwersen, den Kontakt zu einem angeblichen Whistleblower aus den Reihen des Elektroauto-Konzerns "Tesla", dessen Chef Elon Musk heute als Einflüsterer von US-Präsident Donald Trump gilt. Nach anfänglichem Unglauben über den Wahrheitsgehalt der schier unglaublichen Datenmenge, die dem Journalisten überlassen wird, ist bald klar, dass es sich um eine der seltenen Möglichkeiten handelt, einen Einblick in die sonst so verschwiegene Welt des Konzerns zu erlangen.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Verfürden und einem handverlesenen Team aus weiteren Journalisten und Rechtsanwälten arbeitet sich Iwersen durch viele Tausende Seiten Interna bis sie schließlich 2023 einen ersten Artikel zu ihren Recherchen im "Handelsblatt" veröffentlichen. In weiterer Folge melden sich Tesla-Kunden und Kundinnen selbst bei den beiden Investigativjournalisten und berichten von gefährlichen Mängeln an den Autopiloten ihrer Teslas und der mangelnden Bereitschaft der Firma, diese zu beheben.

Das Buch handelt weniger von Tesla-Chef Musk selbst, als von der von ihm implementierten und wohl auch gewollten Firmen(un)kultur aus Druck, Inkompetenz und Angst um den Arbeitsplatz. Gleichzeitig zeigt das Werk auf 245 Seiten, wie Journalismus zu funktionieren hat, penibel recherchiert und jede Information doppelt- und dreifach abgesichert, ist dieses Buch die Antithese zu Musks Social-Media-Plattform "X". So konstatieren die Autoren zu guter Letzt auch treffend und mit Blick auf die politischen Entwicklungen in den USA: "We're musked".

(S E R V I C E: "Die Tesla-Files. Enthüllungen aus dem Reich von Elon Musk." von Sönke Iwersen und Michael Verfürden; C.H. Beck, München 2025; 245 Seiten; 26 Euro; ISBN: 978-3-406-83015-0)

Michael Thumann: "Eisiges Schweigen flussabwärts"

Bereits zum dritten Mal ist der Autor des Buches und Journalist Michael Thumann als außenpolitischer Korrespondent der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" seit 2021 in Moskau und legt nun eine Reisereportage von Ost nach West vor, von "Moskau nach Berlin", wie es in dem 278 Seiten starken Buch im Untertitel heißt vor. Er nimmt seine Leser mit auf eine Reise durch das von Machthaber Wladimir Putin autoritär regierte Russland und lässt an seinen Erinnerungen an das immer mehr verblassende und in Richtung Westen gewandte Land, das ihn einst so faszinierte, teilhaben.

Bereits der Vorgänger "Revanche" von 2023 zeigte das große analytische Geschick und das geschichtliche Detailwissen des Autors, doch ist dies auch ein emotionales Buch. An vielen Stellen schildert er, wie Wissenschaftern, Kulturschaffenden und nicht zuletzt freien Medien die Arbeit in Russland nach und nach verunmöglicht wurde und große Teile der russischen Bevölkerung langsam der Propaganda des Kremls zum Opfer fielen oder ein Leben im Exil wählten.

"Alle Wege von Russland nach Europa sind gewunden, keiner führt direkt ans Ziel" - so schreibt Thumann, und man merkt beim Lesen, dass die Felsbrocken, die seit dem zweiten großen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, welcher 2022 begonnen hat und dessen Ende nicht abzusehen ist, zusätzlich auf diesem Weg liegen, den einstigen Studenten aus Leningrad - dem heutigen St. Petersburg - persönlich zutiefst betroffen machen.

(S E R V I C E: "Eisiges Schweigen flussabwärts - Eine Reise von Moskau nach Berlin" von Michael Thumann; C.H. Beck, München 2025; 275 Seiten; 27,50 Euro; ISBN: 978-3-406-83003-7)

Joseph Croitoru: "Die Hisbollah"

Der Historiker, Journalist und Buchautor Joseph Croitoru legt mit seinem 158 Seiten starken Buch eine detaillierte Entstehungsgeschichte der libanesischen Hisbollah - der "Partei Gottes" - vor. Lange Zeit unter dem Radar der Weltöffentlichkeit vom iranischen Regime finanziell und militärisch hochgerüstet, ist die Hisbollah heute zu einem Faktor angewachsen, der die fragilen Sicherheitsstrukturen des Nahen Ostens zusätzlich bedroht.

Das Buch zeigt, in welchem Ausmaß die radikal-islamistische Hisbollah mittlerweile in der libanesischen Gesellschaft verwurzelt ist, sei es durch politische Ämter, religiöse und soziale Netzwerke oder durch von ihnen gesteuerte Medien. Gleichzeitig wird klar, wie macht- und hilflos die eigentliche Regierung des Libanon auf die Unterwanderung des Staates reagiert und über welch langen Zeitraum die internationale Gemeinschaft nicht allzu genau hinschauen wollte, wie in dem einst als "Schweiz des Orients" bezeichneten Libanon "Irans Schattenarmee" entstehen konnte.

(S E R V I C E: "Die Hisbollah - Irans Schattenarmee vor den Toren Israels" von Joseph Croitoru; C.H. Beck, München 2025; 158 Seiten; 18 Euro; ISBN: 978-3-406-82909-3)

Bülent Mumay: "Das kann mich hinter Gitter bringen"

Aktuell macht die Türkei wieder Schlagzeilen, weil Präsident Recep Tayyip Erdoğan versucht, seinen Rivalen Ekrem İmamoğlu mundtot zu machen. Laut Innenministerium wurde İmamoğlu von seinen Aufgaben als Bürgermeister von Istanbul bereits entbunden, ihm werden Korruption und die Unterstützung einer Terrorgruppe vorgeworfen. Kritiker meinen, Erdoğan wolle bloß seinen einzigen ernsthaften Rivalen für die nächste Präsidentenwahl aus dem Weg räumen. Dass derartige Vorgänge in der gegenwärtigen Türkei keineswegs neu sind, kann in dem Sammelband "Das kann mich hinter Gitter bringen" des Journalisten Bülent Mumay nachgelesen werden.

Mumay leitete die Onlineredaktion der Zeitung "Hürriyet", wurde aber auf Druck der türkischen Regierung entlassen. Seit mehreren Jahren ist er auch in der türkischsprachigen Redaktion der "Deutschen Welle" engagiert". Seit 2016 erscheint seine Kolumne "Brief aus Istanbul" wöchentlich in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". In seinen von Sabine Adatepe übersetzten Texten erzählt Mumay aus dem Alltag in seinem Land. Er skizziert und hinterfragt vor allem die dort ablaufenden politischen und sozialen Prozesse. Mumay ist ein scharfer Kritiker Erdoğans und dessen islamisch-konservativer AKP-Partei. Die "FAZ" rühmt die Kolumne als "wichtige Stimme der freien Presse in einem repressiven Umfeld". Das autoritäre Regime in Ankara möchte diese indes lieber heute als morgen zum Verstummen bringen. Mumay steht im ständigen Kampf gegen türkische Justiz, in einigen Verfahren drohen ihm mehrjährige Haftstrafen.

(S E R V I C E: "Das kann mich hinter Gitter bringen. Briefe aus Istanbul" von Bülent Mumay. Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe. FAZ Buch, Frankfurt 2025, 224 Seiten; 24,70 Euro. ISBN: 978-3-96251-213-2)

Gerald Fleischmann: "Die Codes der Extremisten"

Als medialer Strippenzieher von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde Gerald Fleischmann, wiewohl er vor allem im Hintergrund agierte, dank seiner Strategie der "Message Control" auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. In einem neuen Buch nimmt sich Fleischmann nun "Die Codes der Extremisten" vor. Er analysiert wie "Links- und Rechtsextreme, Autokraten und Islamisten die Demokratie unterwandern".

Der Autor verfolgt auf 382 Seiten nicht nur den Werdegang extremistischer Gruppen - etwa der Identitären, Extinction Rebellion oder islamistischer Organisationen. Er erklärt und analysiert auch, mit welchen Instrumenten sie in klassischen, vordringlich aber "sozialen" Medien agieren. Mit dem Vorhaben, demokratische Gesellschaften zu untergraben. Ein nahe liegendes Beispiel ist natürlich Russland. Nicht erst seit dem Angriff auf die Ukraine versucht Moskau, den Westen zu destabilisieren, erklärt Fleischmann. Doch widmet er sich auch im öffentlichen Bewusstsein etwas weniger verankerten Akteuren. Etwa den Monarchien am Persischen Golf, die ebenfalls ihre ganz eigenen Interessen verfolgen. Etwa in Europa.

(S E R V I C E: "Die Codes der Extremisten. Wie Links- und Rechtsextreme, Autokraten und Islamisten die Demokratie unterwandern" von Gerald Fleischmann. Verlag edition a, Wien 2024. 382 Seiten: 26,00 Euro. ISBN-13: 978-3-99001-818-7)

Joschka Fischer: Die Kriege der Gegenwart

Der ehemalige deutsche Außenminister und Politiker der Grünen, Joschka Fischer, nimmt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den Überfall der Hamas auf Israel zum Anlass die Neuordnung der Weltpolitik in seinem neuen Buch zu analysieren. Auch wenn sich aufgrund der erratischen Politik von US-Präsident Donald Trump die Weltlage innerhalb eines Monats seit Erscheinen des Buches rapide weitergedreht hat, liegt Fischer zweifelsohne richtig, wenn er davon schreibt, dass eine neue Weltordnung mit anderen Machtzentren am Entstehen ist.

Fischer warnt vor den neuen antidemokratischen und nationalistischen Bewegungen im Westen, zeigt gleichzeitig aber auch Verständnis für den Wunsch des globalen Südens nach mehr Mitbestimmung. Als überzeugter Europäer dringt er natürlich auch auf eine stärkere Rolle des alten Kontinents im weltweiten Ringen um Macht. Angesichts der zunehmend offenen Konfrontation zwischen den USA und China ist dies eine Rolle, an die sich Europa wohl oder übel noch gewöhnen muss. Fischers Analyse zeigt aber klar auf, eine Alternative dazu gibt es nicht.

(SERVICE: "Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung" von Joschka Fischer. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2025; 224 Seiten; 24,50 Euro; ISBN: 978-3-462-00776-3)

Zusammenfassung
  • Daniel Aschheims Buch über Bruno Kreisky beleuchtet dessen komplexes Verhältnis zu Israel und dem Zionismus und wurde kürzlich auf Deutsch veröffentlicht.
  • Ulrich Speck warnt in seinem Buch vor den Weltmacht-Ambitionen Russlands und Chinas und fordert eine militärische Stärkung des Westens.
  • Steffen Mau analysiert in 'Ungleich vereint' die anhaltende soziale und politische Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland und schlägt neue partizipative Beteiligungsformen vor.
  • Jörg Baberowski beschreibt in 'Die letzte Fahrt des Zaren' die dramatischen Ereignisse der Russischen Revolution von 1917 und deren Auswirkungen.
  • Ulrich Haltern thematisiert in 'Verschlungene Staaten' die Ambivalenz der europäischen Integration und die Herausforderungen durch radikale Akteure.