Finish der Hermann-Czech-Ausstellung mit Hausbesuch
In der Seemüllergasse in Wien-Dornbach hat Czech 1980-83 unter Mitarbeit von Peter Stiner, Gerhard Lindner und Walter Gruß einen jener Wohn(um)bauten errichtet, die den bei der Ausstellung aufliegenden Faltplan förmlich überziehen. Aus- und Umbauten, die mit sensiblen und maßgeschneiderten Lösungen ganz auf die Bedürfnisse der Bewohner eingehen, sind ein wesentlicher Teil seines vielschichtigen Werks. "Das Haus ist schmal, es entwickelt sich kulissenartig in der Ost-West-Richtung. Dadurch erhalten fast alle Räume Licht von Norden und Süden", heißt es in der Beschreibung des auf einem Hanggrundstück errichteten Gebäudes. "Die Anordnung von zwei rechteckigen Baukörpern mit dazwischenliegendem Zylinder kann man mit dem Schema von Wiener Barockpalästen in Zusammenhang bringen - in stark reduziertem Maßstab." Attraktion des Hauses ist ein Bibliotheksturm.
Eine ungewöhnliche und ungewöhnlich schmale Holztreppe ist auch in der von Claudia Cavallar, Gabriele Kaiser, Eva Kuß und Fiona Liewehr kuratierten Ausstellung zu erklimmen - als Beispiel für individuelle Problemlösungen, bei denen sich auch schon mal die Richtung radikal ändern kann. Czech steht "für eine vieldeutige Architektur, die nicht verführen, sondern durch profunde Planungsentscheidungen und in der Raumerfahrung selbst überzeugen will". Hauptsache die "Ungefähre Hauptrichtung", wie auch ein im Löcker Verlag erschienener Band mit Czechs Schriften und Gesprächen zur Architektur heißt, stimmt.
Zu sehen sind in dieser ersten institutionellen Einzelausstellung in Österreich über das Werk von Czech etwa seine Lokalausstattungen wie Kleines Café, Wunderbar, Theatercafé oder MAK-Café und seine bekannte Verglasung der Staatsopern-Loggia. Auch an seine Gestaltungen von Großausstellungen wie "Wien 1938" "Wunderblock", "Schubert 97" und "Der Wiener Kreis" wird erinnert.
Vor allem aber sind es die unverwirklichten Projekte, die von den unkonventionellen Ideen des Architekturdenkers zeugen: das Studienprojekt einer einfahrbaren Überdachung des Grabens in der Wiener Innenstadt, ein bergförmiger Städtebauentwurf, der Entwurf für einen IBM-Tower in der Donau-City, der von einer Seite rechteckig, von der anderen Seite sternförmig erscheint. Man stößt aber auch auf einen schräg den Donaukanal Richtung Praterstraße querenden Fußgängersteg oder eine durch einen dreistöckigen Fassadenvorbau erweitertes Volksopern-Foyer: originelle Denkanstöße zum Aufbrechen des Althergebrachten und Eingefahrenen.
(S E R V I C E - "Hermann Czech: Ungefähre Hauptrichtung", Ausstellung im fjk3-Raum für zeitgenössische Kunst, Franz-Josefs-Kai 3, 1010 Wien bis 9. Juni, Mi-So: 12-18 Uhr, Fr: 12-20 Uhr. www.fjk3.com. Hausbesuch im Haus S., Wien: Mittwoch, 17 Uhr. Anmeldung: ÖGFA-Österreichische Gesellschaft für Architektur, Tel.: 01 / 319 77 15, office@oegfa.at)
Zusammenfassung
- Die Ausstellung 'Hermann Czech: Ungefähre Hauptrichtung' läuft bis Sonntag im fjk3-Raum für zeitgenössische Kunst in Wien und zeigt Hauptwerke und unverwirklichte Projekte des 87-jährigen Wiener Architekten.
- Ein Höhepunkt der Ausstellung ist der morgige Hausbesuch im 'Haus S.' in Wien-Dornbach, organisiert von der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA).
- Zu den unverwirklichten Projekten gehören ein bergförmiger Städtebauentwurf, eine einfahrbare Überdachung des Grabens in der Wiener Innenstadt und der Entwurf eines IBM-Towers in der Donau-City.