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Erler "La Bohème": Leichtfüßig-schillernde Tragödie

Die Oper "La Bohème " von Giacomo Puccini hat am Freitagabend bei den Tiroler Festspielen Erl in der Regie von Bárbara Lluch und unter der musikalischen Leitung von Asher Fisch ihre Premiere gefeiert. Die Erl-Auslegung des Opernklassikers zeigte sich dabei inszenatorisch und erzählerisch recht konventionell, geriet aber durch das klare Bühnenbild und vor allem durch die durchwegs starken Gesangsleistungen zum mitreißenden, leichtfüßigen und kurzweiligen Vergnügen.

Die Bühne brauchte im Erler Festspielhaus nicht wirklich viel, um die Welt der Bohemiens in Paris auferstehen zu lassen und diese zu vergegenwärtigen: Ein karges, recht ärmliches Zimmer ließ die Geschichte rund um die Dichter, Maler und Philosophen anheben und trieb diese unweigerlich in Richtung tragisches Ende in ebenjenem Setting. Öffnete sich dieses überschaubare Szenario zwischendurch doch hin zur Welt und zum städtischen Treiben ringsum diese Wohnung, griff man in Erl zudem gerne in den poppig-schrillen Farbtopf. So ergab sich eine gute Balance von lautem Exzess und stiller Verzweiflung.

Auf diese Weise umrahmt entwickelte sich die Erzählung, in deren Zentrum die todkranke Mimi und der Dichter Rodolfo stehen, mit viel schauspielerischem Geschick und mit großem Willen zu gesanglichen Höchstleistungen. Allen voran: Long Long als imaginationsstarker Rodolfo, der seine angebetete Mimi - herausragend gut gesungen von Sara Cortolezzis - wahrlich inbrünstig besang und sie schließlich fatalistisch-trauernd hinüber ins Jenseits musizierte. Auch seine Bohème-Kumpanen wussten zu überzeugen: Liam James Karai gab einen mitreißenden Schaunard, Jasurbek Khaydarov einen starken Colline und Tommaso Barea einen tiefgründigen Marcello.

Die Erler Neuinszenierung war dabei insgesamt darum bemüht, die Sängerinnen und Sänger bestmöglich glänzen zu lassen. Unter dem Dirigat und der Leitung von Fisch agierte das Orchester zwar zupackend und dynamisch, überließ aber mit transparentem und subtilem Klang den Darstellerinnen und Darstellern die Hauptrollen. Auch die Videoprojektionen taten es dem Orchester gleich: Dezente, meist naturalische Motive unterstrichen das Geschehen mehr als dass sie es kommentierten oder gar konterkarierten.

Auf diese Weise ließ sich dem Musiktheater um die ärmlichen, aber listigen und lebensfrohen Bohemiens leicht und vergnüglich folgen und sogar der eine oder andere unerwartete Kunstgriff entdecken. Als Mimi etwa im fortgeschrittenen Tuberkulose-Stadium bettlägerig ihrem Ende entgegensah war die Bühne ganz in ein Schwarz getaucht. Der "schwarze Tod" war damit ganz nahe und nicht nur schauspielerisch, sondern auch symbolisch als raumgreifendes Drama dargestellt.

Nach rund zwei Stunden Nettospielzeit durften sich schließlich alle Protagonisten der ersten Opern-Aufführung unter Neo-Intendant Jonas Kaufmann heftigen Applaus - unter anderem auch von Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) - abholen. Laute Bravo-Rufe im ausverkauften Festspielhaus gab es für "Mimi" Sara Cortolezzis und "Rodolfo" Long Long. Auch vereinzelte Stehovationen ließen sich als Reaktion auf deren Leistungen ausmachen. Lauter Beifall brandete zudem auch auf, als Fisch die Bühne betrat und sein Orchester hochleben ließ.

(Von Markus Stegmayr/APA)

(S E R V I C E - "La Bohème" von Giacomo Puccini. Regie: Bárbara Lluch, Musikalische Leitung: Asher Fisch, Bühne: Alfons Flores, Kostüme: Clara Peluffo Valentini, Licht: Urs Schönebaum, Video: Mar Flores Flo. Mit: Sara Cortolezzis (Mimi), Long Long (Rodolfo), Victoria Randem (Musetta), Tommaso Barea (Marcello), Liam James Karai (Schaunard), Jasurbek Khaydarov (Colline), Piotr Micinski (Benoit, Hausherr/Alcindoro, Staatsrat), Peter Kirk (Parpignol), Orchester der Festspiele Erl, Kinderchor der Schule für Chorkunst München. Weitere Vorstellungen am 3. und 5. Jänner um 18.00 Uhr. https://www.tiroler-festspiele.at/)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Oper 'La Bohème' von Giacomo Puccini feierte am Freitagabend bei den Tiroler Festspielen Erl ihre Premiere und überzeugte mit starken Gesangsleistungen und einem klaren Bühnenbild.
  • Long Long als Rodolfo und Sara Cortolezzis als Mimi erhielten für ihre herausragenden Darbietungen lauten Applaus und Bravo-Rufe im ausverkauften Festspielhaus.
  • Das Orchester unter Asher Fisch agierte dynamisch und überließ den Sängern die Hauptrolle, während die Vorstellung rund zwei Stunden dauerte.