APA/APA (Bundestheater-Holding)/Michael Pöhn

Corona verpasste Bundestheatern bisher nur ein "blaues Auge"

Noch haben die Corona-Kalamitäten in der Bilanz der Bundestheater-Holding keine massiven Verwüstungen hinterlassen. "Das letzte Jahr haben wir mit einem blauen Auge überstanden", konstatierte Holding-Geschäftsführer Christian Kircher am Freitag bei der Präsentation der Zahlen für die Saison 2019/20. Allerdings sei das nicht zuletzt den Reserven zu verdanken, denen es aber gehe wie den Gletschern im Klimawandel: "Dieser Reservenpolster schmilzt massiv ab."

Der dezidierte Verlust durch Corona hält sich dabei noch in Grenzen. Zwar beträgt der Rückgang der Umsatzerlöse 28,434 Mio. Euro - aufgeteilt etwa auf 20,76 Mio. Euro weniger Kartenerlöse, 3,68 Mio. Euro durch Rückgänge bei Gastspielen, Sponsoring und Co sowie 2,42 Mio. Euro bei den Werkstätten. Demgegenüber stehen allerdings 17,812 Mio. Euro Beihilfe im Zuge der Kurzarbeit durch das AMS sowie 8,753 Mio. Euro Einsparungen beim Personal. In Summe gelte deshalb laut Kircher: "Corona hat uns mit einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag belastet."

Kosten verursachen dabei auch die Präventionsmaßnahmen im Konzern. So wurden in den Häusern bis Ende Jänner rund 63.000 Coronatests (zu Beginn primär PCR, mittlerweile Antigen-Schnelltests) durchgeführt, was in etwa mit 1,8 Mio. Euro zu Buche schlug.

Das einzige Haus der Holding, das in der Gesamtbilanz auf ein negatives Jahresergebnis mit einem Minus von 1,98 Mio. Euro kommt, ist die Staatsoper. Dies liege am hohen Eigendeckungsgrad der Staatsoper von rund 45 Prozent, was dem Haus am Ring auf den Kopf fällt, wenn die Besucher wie im Coronajahr fernbleiben müssen. "Wenn diese Einnahmen wegfallen, ist das Loch umso größer", so Holding-Prokuristin Ruth Schuster. Das sei dann nicht zu kompensieren.

Die Volksoper profitierte hingegen von einem guten, noch coronafreien ersten Halbjahr mit einem Besucherplus von rund 28.000 und kommt auf ein Plus beim Jahresergebnis von 3,13 Mio. Euro (nach 1,97 Mio. Euro 2018/19). Beim Burgtheater beträgt das Plus 5,02 Mio. Euro, wobei hier auch die Auflösung von Reserven in Höhe von 2,5 Mio. Euro mitbedacht werden muss, die zuvor für das erste Jahr der neuen Direktion von Martin Kusej gebildet wurden.

Lob gab es für die Positionierung der Staatsoper in der Coronasperre, das zahlreiche Premieren und Wiederaufnahmen im eigenen Streamingkanal respektive via ORF präsentiert. "Die Aktivitäten der Staatsoper sind außergewöhnlich", so Kircher. Man müsse aber eben auch konstatieren, dass es bei diesem Kanal vermutlich ein größeres Publikum im Musiktheaterbereich als im Sprechtheater gäbe. Das Burgtheater verwies indes am Rande der Pressekonferenz auf dezidierte Streamingprojekte wie "Die Maschine in mir" oder das eigene Familienprogramm und bestätigte zugleich die zuvor gemachte Andeutung, dass man sich derzeit mit dem ORF in Gesprächen für eine TV-Aufzeichnung im Frühjahr befinde. Klar sei aber auch: "Theater ist in unseren Augen ein besonderes Medium, das im Moment stattfindet; das geht beim klassischen Streaming meist verloren."

So oder so, eine Erwartung für den kommenden Montag, an dem die Regierung ihre Prognose für die Coronavorgaben der nahen Zukunft unter anderem im Kulturbereich angekündigt hat, könne er nur nach seinem Bauchgefühl geben, betonte Kircher: "Ich würde von einer Öffnung rund um die Osterzeit ausgehen - aber das ist nur meine Schätzung." In jedem Falle brauche man eine gewisse Vorlaufzeit, die bei großen Häusern wie jenen der Holding einfach nicht ganz so kurzfristig zu taxieren sei wie bei kleineren Veranstaltern. Vier Wochen seien da ein realistischer Zeitraum.

Aber auch bei der finanziellen Zukunft steht noch vieles in den Sternen. "Die nächste 3-Jahres-Planung ist ungewiss", unterstrich Kircher, auch wenn man in einem guten Austausch mit der Politik sei. "Wir rechnen nicht damit, dass wir in der Folgesaison mit vollen Häusern spielen dürfen", wagte sich der Holding-Chef an eine Prognose. So rechne er frühestens mit der Saison 2022/23 mit der Rückkehr der Normalität. Und ein zentraler Punkt sei dabei wie stets die automatische Anstieg der Kosten für den jährlichen Personalaufwand. Dieser werde sich bei einer Ausgangsbasis von rund 185 Mio. Euro bis einschließlich 2023/24 um 46,1 Mio. Euro erhöhen, so Kircher.

Zu den konkreten Vorhaben der nächsten Zeit gehört nun auch die Klärung des künftigen Ticketpartners, hat man die Zusammenarbeit mit Culturall doch zur Disposition gestellt und eine Neuausschreibung des Kartenvertriebssystems initiiert. Eine Entscheidung soll hier noch im Frühjahr 2021 getroffen werden.

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  • Der dezidierte Verlust durch Corona hält sich dabei noch in Grenzen.