Burgenland-Elefantenrunde: "Steigbügelhalter" wider Willen
Am Beginn der Runde mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn und "Krone"-Chefredakteur Klaus Hermann gibt es jedoch erstmal einen kleinen Ausflug in die Bundespolitik. SPÖ-Landeshauptmann Doskozil zeigt sich "zufrieden", dass sich die SPÖ nun "zurückgenommen" habe und nicht mehr mitverhandelt.
Für ihn sei es "bemerkenswert", dass man drei Monate gebraucht habe, um das Budgetdefizit zu verifiziert. Es sei "alles nicht mehr so real", was da gerade abläuft.
Thema ist auch das heimlich aufgenommene Gespräch bei einem Stammtisch von FPÖ-Abgeordneten, bei dem unter anderem die ÖVP als "jämmerlich" und Flüchtlinge als "Gesindel" bezeichnet wurden. ÖVP-Spitzenkandidat Christian Sagartz fragt sich zwar, "ob das der richtige Stil ist, wie man miteinander spricht". Er glaubt allerdings auch, "die FPÖ wird sich schon noch fangen und diesen Wahlkampfmodus beenden." Herbert Kickl müsse in diesem Fall eingreifen.
"Sie kennen ja meine Art und Weise zu formulieren, die natürlich etwas anders ist", räumt FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer ein. Als Vorsitzender im Parlament habe er allerdings tausende Reden gehört und viele Ordnungsrufe erteilt. Da seien im Plenum Aussagen gefallen, gegen die jene beim FPÖ-Stammtisch "feinsinnig waren".
Die Königsmacher - gewollt oder ungewollt
Es folgt der Schwenk zur Landespolitik. Noch hat Hans Peter Doskozil mit seiner SPÖ die absolute Mehrheit im Burgenland inne. Platz eins dürfte ihm auch dieses Mal wieder sicher sein, doch mit einem Erstarken der Blauen könnten sich diese mit der ÖVP zusammentun. Hofer hat jedenfalls klargemacht, dass er gern den Landeshauptmannsessel hätte.
Christoph Schneider von den NEOS gilt dabei als einer der potenziellen Königsmacher im Burgenland. Die Pinken hätten allerdings immer gesagt, dass sie die "Kontrollkraft im Landtag sein wollen", als eine "Art Schiedsrichter gelbe und rote Karten verteilen". Fußball-Metaphern sind eindeutig das Steckenpferd des 34-Jährigen. Man wolle in der kommenden Periode eine "starke Oppositionsrolle einnehmen", meint er in der Elefantenrunde.
Angesprochen auf seine Rolle als möglicher Königsmacher kritisiert Geza Mollner von der Liste Hausverstand vor allem den "inhaltsleeren Wahlkampf", bei dem es vor allem um Konstellationen für eine Koalition gehe.
Die Grünen könnten derweil wider Willen Blau-Schwarz im Burgenland den Weg frei machen. Wenn sie aus dem Landtag fliegen, könne sich eine Mehrheit zwischen FPÖ und ÖVP ausgehen und ein stimmenstärkster Doskozil bliebe außen vor. "Der Einzug ist ka g'mahte Wiesen", stellt Anja Haider-Wallner richtigerweise fest. Laut einer jüngsten BVZ-Umfrage liegt die Partei bei vier Prozent, in der Schwankungsbreit ist alles drin.
Doskozil kritisiert derweil, dass die FPÖ sich auf Bundesebene beschwerte, als stimmenstärkste Partei nicht die Regierungsverantwortung zu bekommen, dann aber auf Landesebene einen ähnlichen Weg gehen und die SPÖ ausbooten zu wollen.
Man solle die Gespräche nach der Wahl abwarten, entgegnet Hofer: "Ich bin fest davon überzeugt, dass am Montag nach der Wahl die Vernunft einkehren wird." Man werde einen gemeinsamen Weg finden - in welcher Konstellation, lässt er offen.
Freie Wahl beim "Steigbügelhalter"
"Wer war der Steigbügelhalter für die SPÖ im Burgenland? Das waren immer die Freiheitlichen", erklärt Sagartz zum Koalitionsthema. Er stehe dazu, dass sowohl eine Koalition mit der SPÖ als auch mit den Freiheitlichen für ihn infrage komme.
Das wiederum irritiert seinen möglichen Partner Norbert Hofer: "Sie sprechen von Steigbügelhalter und kündigen jetzt an, dass sie selbst einer sein wollen? Das ist aber schon ein Widerspruch in sich." Dafür erntete er Applaus aus dem Publikum.
Es folgt ein wildes Hin und Her zwischen Blau und Rot. Nicht zu Unrecht stellt Moderator Klaus Hermann fest, die potenziellen künftigen Koalitionspartner gehen gerade aufeinander los, während Doskozil schmunzelt und sich einen von ihnen aussuchen kann. Bei einer Abstimmung mit Ja/Nein-Tafeln sagen letztlich sowohl ÖVP als auch FPÖ, dass der Stimmenstärkste Landeshauptmann werden soll.
Video: Milborn on Tour mit Hans Peter Doskozil
Hofer unterstützt rotes Pflegemodell
Weiter geht es mit dem Thema Migration und Asyl. Die von Doskozil geforderte Obergrenze an Flüchtlingen dürfte Expertenmeinungen zufolge gegen EU-Recht verstoßen. Doskozil behauptet, da gäbe es unterschiedliche Meinungen. Im Bund habe man gesagt, dass das nicht geht. "Bei uns im Burgenland geht das." Für Schneider von den NEOS helfen "Burgenland-Alleingänge" nicht. Es brauche die EU.
Beim Thema Pflege erklärt Hofer, das Pflegemodell Doskozils mit pflegenden Angehörigen und Pflegestützpunkten "wird auch von mir unterstützt". Er sei "sehr froh, dass das umgesetzt worden ist". Aber pflegende Angehörige könnten nicht alles machen, man brauche auch professionelle Pflege. Für den Wunsch der SPÖ, in jeder Gemeinde Pflegeeinrichtungen zu bauen, gäbe es derweil schlicht nicht das Personal.
"Mein Zugang ist: Wir schaffen des", meint Doskozil dazu. Man solle nicht schon von vornherein aufgeben. Die fünf Spitäler im Burgenland seien voll besetzt, ebenso wie die Pflegeschulen. Außerdem gäbe es Kooperation unter anderem mit den Philippinen, Indien oder Kroatien, um vor Ort Pflegekräfte auszubilden.
Sagartz: "Gleichschaltung" durch Doskonomics
Zu der als "Doskonomics" betitelten Wirtschaftspolitik von Doskozil stellt sich Sagartz die Frage, "nach welchen Maßstäben, nach welchen Kriterien bekommen diese Firmen Unterstützung?" Es gebe schlicht keine.
Unternehmen in den Regionen würden einander gleichgemacht, so Sagartz. Diese "Gleichschaltung des Landes – insbesondere in der Wirtschaft – lehne ich ab. Da braucht es mehr privat statt dem Staat."
Immer wieder werden die Beteiligungen kritisiert, mokiert Doskozil. Doch dieser Tage werde bereits die nächste GesmbH gegründet. "Und wissen Sie, mit wem?", fragt er in Richtung Sagartz. "Mit der Wirtschaftskammer."
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"Ich bin keiner, der sagt, es ist alles falsch gemacht worden", so Hofer zu dem Thema. Vieles, was Doskozil gemacht habe, sei "gut, richtig und wichtig" gewesen. Man habe nur irgendwann "fürchterlich übertrieben".
Opposition wirft sich gegenseitig Versagen vor
Beim Budget spricht Molnar von der Liste Hausverstand von einem "totales Oppositionsversagen". Der Rechnungshof hätte viel öfter hinzugezogen werden müssen, nur dieser könne in die Finanzen der Landesholding blicken. Als einzelner Abgeordneter könne er das nicht entscheiden.
Als sich die Spitzenkandidaten später untereinander Fragen stellen dürfen, spielt Schneider von den NEOS Molnar ungewollt in die Karten. Der Neuzugang fragt nach, warum die bestehende Opposition so lange gewartet habe, um den Rechnungshof ins Spiel zu bringen. Da schiebt Molnar den Ball nur allzu gerne an seine Konkurrenz weiter.
Video: Milborn on Tour mit Norbert Hofer
Molnar: Hofer "immer recht hübsch angezogen"
Am Ende gibt es, gezwungenermaßen, noch nette Worte der Kandidaten untereinander. "Doskozil ist ein Kämpfer, der es im Leben auch nicht immer ganz leicht gehabt hat und das nötigt mir großen Respekt ab", sagt etwa Norbert Hofer über seinen Konkurrenten.
"Wenn sich jemand persönlich dafür hergibt, in die Politik zu wechseln", mit allen schönen und negativen Seiten, zolle er dieser Entscheidung Respekt, so Doskozil derweil an Sagartz.
Ex-FPÖ-Politiker Molnar erklärt seinem ehemaligen Parteifreund, er werde "nie vergessen", wie sich Hofer nach seinem Unfall zurück ins Leben gekämpft hat. Außerdem sei er "immer recht hübsch angezogen".
Die Burgenland-Wahl am Sonntag, 19. Jänner, LIVE auf PULS 24 und JOYN.
Zusammenfassung
- Am 19. Jänner wird im Burgenland gewählt, am Mittwoch trafen sich die Spitzenkandidaten noch einmal zur großen Elefantenrunde auf PULS 24.
- Zwischen den potentiellen Koalitionspartnern FPÖ und ÖVP flogen dabei zwischenzeitlich die verbalen Fetzen, Landeschef Hans Peter Doskozil verteidigte naturgemäß das Erbe der roten Alleinherrschaft.