"Capriccio": Jubel für Eröffnungsoper in Salzburg
"Vorsicht vor den Fallen", hatte der Dirigent im Terrassentalk zwei Tage vor der Premiere gewarnt, als er über das Werk von Richard Strauss und dessen Tücken und Eigenheiten sprach, was bei Thielemann schon fast an Koketterie grenzt, denn das Haar in der Suppe suchte man bei dem weltweit als absoluten Strauss-Kenner geltenden Berliner lange. Auch die Wiener Philharmoniker haben seit Lebzeiten des Komponisten eine ganz besondere Verbindung zu ihm und seinen Werken. Die finale Waffenobrigkeit sicherten sich die Festspiele mit der Verpflichtung von exzellenten Stimmen wie der von Elsa Dreisig, Mika Kares und Konstantin Krimmel, die diesem Strauss-Fest im Großen Festspielhaus schließlich den letzten Schliff verpassten.
Die konzertante Aufführung des Werkes, das nicht gerade zu den Gassenhauern des Komponisten gehört, sondern eher als Liebhaberstück gilt, war mit einer durchgehenden Spieldauer von zweieinhalb Stunden nicht die leichteste Kost, doch servierten sie die Musiker so bekömmlich, dass die Zeit förmlich verflog. Dies war nicht zuletzt der großen musikalischen Spielfreude des Solistenensembles zu verdanken. So hatte Mika Kares großen Spaß mit seinem polternden La Roche, für den er mit seinem kräftigen Bass ordentlich die Muskeln spielen ließ.
Auch wenn sie stimmlich wie körperlich ganz zart und fein neben ihm wirkte, strahlte Sopranistin Elsa Dreisig als Gräfin überpräsent und rührte besonders im Finale, das sie auswendig sang, gerade mit den leisen und nachdenklichen Nuancen der Partitur. In der Oper geht es inhaltlich um den Wettkampf zwischen einem Dichter und einem Komponisten, die von Sebastian Kohlhepp und Konstantin Krimmel gesungen wurden. Die Gräfin kann sich nicht zwischen den beiden entscheiden und auch bei der Premiere wollte man diese Wahl nicht treffen müssen, denn in puncto Können stand hier keiner dem anderen nach. Auch Bo Skovhus als Graf und Eve-Maud Hubeaux als Clairon waren ein stimmlicher Genuss.
Dass die Stimmen so uneingeschränkt glänzen konnten, war natürlich Christian Thielemann zu verdanken, der nicht umsonst den Ruf eines Sängerflüsterers hat. Wie ein weiches Federbett bereitete er mit den Wiener Philharmonikern das Fundament, auf dem das Ensemble förmlich schwebte. Gerade zu Beginn der Oper legte Thielemann volle Konzentration auf das Leise, dem es trotzdem nicht an Präsenz fehlte. Immer wieder ließ er in den einzelnen Instrumenten kleine interessante Details hervorblitzen und füllte das Große Festspielhaus voller warmer und bunter Klangfarben. Zum Schluss bekam er dafür den vielleicht sogar größten Applaus des Abends, obwohl das Publikum durchaus deutlich machte, dass ihm auch Elsa Dreisig und Mika Kares überaus gut gefallen haben.
(Von Larissa Schütz/APA)
(S E R V I C E - Richard Strauss: Capriccio, konzertante Aufführung. Christian Thieleman: Musikalische Leitung, Elsa Dreisig: Die Gräfin, Bo Skovhus: Der Graf, ihr Bruder, Sebastian Kohlhepp: Flamand, ein Musiker, Konstantin Krimmel: Olivier, ein Dichter, Mika Kares: La Roche, der Theaterdirektor, Eve-Maud Hubeaux: Die Schauspielerin Clairon, Jörg Schneider: Monsieur Taupe, Tuuli Takala: Eine italienische Sängerin, Josh Lovell: Ein italienischer Tenor, Torben Jürgens: Der Haushofmeister, Kieran Carrel: 1. Diener, Jonas Jud: 2. Diener, Fabio Dorizzi: 3. Diener, Ian Rucker: 4. Diener, Christian Tschelebiew: 5. Diener, Jan Petryka: 6. Diener, Lucas van Lierop: 7. Diener, Philipp Schöllhorn: 8. Diener, Daniel Froschauer: Violine, Raphael Flieder: Violoncello, Jobst Schneiderat: Cembalo, Wiener Philharmoniker. Weitere Aufführungen: 31. Juli, 4. August. www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker führten Richard Strauss' 'Capriccio' als Eröffnungsoper der Salzburger Festspiele auf und erhielten großen Applaus.
- Das hochkarätige Solistenensemble, darunter Elsa Dreisig als Gräfin und Mika Kares als La Roche, verlieh der zweieinhalbstündigen Aufführung besonderen Glanz.
- Die konzertante Aufführung wurde als musikalisch bekömmlich beschrieben, und die besondere Verbindung der Wiener Philharmoniker zu Strauss' Werken wurde deutlich.