Burgtheater-Kasino zeigt "Die Maschine in mir" zu Silvester
Das Stück haben die beiden Regisseure in nur wenigen Monaten im Zuge der Pandemie geschrieben. Ausgangspunkt war die Reportage "Unsterblich sein" des irischen Journalisten Mark O'Connell, der sich in seinem Buch mit dem Thema des Transhumanismus beschäftigte: Einer Bewegung, die unter den Beschränkungen des Körpers leidet und die Grenzen menschlicher Möglichkeiten durch den Einsatz von Technik erweitern will. "Schon im Frühjahr haben wir realisiert, dass das in diesem Jahr ein Thema sein könnte, weil es ja nun tatsächlich unsere Körper sind, die uns etwa an Zusammenkünften mit anderen hindern", erläutern Ben Kidd und Bush Moukarzel am Rande eines Probenbesuchs im APA-Gespräch.
Seine Uraufführung feierte "Die Maschine in mir (Version 1.0)" im Oktober auf dem Dublin Theatre Festival, die Zusammenarbeit mit dem Burgtheater kam kurzfristig zustande. "So schnell haben wir noch nie gearbeitet, aber das ist die Natur dieses ganzen Jahres, wenn man sich zum Beispiel die Geschwindigkeit ansieht, in der die Impfung entwickelt wurde. Plötzlich kommt man drauf, dass man schneller sein kann, als alle dachten", lacht Kidd. Hinter der Produktion stehe allerdings "das klassische Bedürfnis, eine gute Geschichte zu erzählen", ergänzt Moukarzel. "Das ist der Katalysator hinter der ganzen Technik, die wir drumherum verwenden."
Konkret spielt Michael Maertens den Journalisten O'Connell - der in die Entstehung des Stücks auch eingebunden war -, der seinen nur virtuell anwesenden Zuschauern von Gesprächen mit Vertretern des Transhumanismus erzählt. Er steht dabei live auf der Bühne und spricht in eine Kamera, aber auch via iPad mit sich selbst. Dass das Publikum zwar live dabei ist, auf den Tablets aber in einer aufgezeichneten Version präsent ist, ist für das Regieduo das Besondere, das "Dissonante und Poetische" an dem Stück, das sich unter anderem durch diesen Umstand von anderen Onlineevents unterscheide.
Jeden Zuschauer live auf ein eigenes iPad zu bringen, sei zu technisch zu kompliziert und daher zu teuer gewesen. "Das schaffen nur Giganten wie etwa die NBA oder Ellen DeGeneres", lacht Moukarzel. Auch entspreche die nun gefundene Lösung, dass die Zuschauer vorab einige bestimmte Szenen aufnehmen sollen, dem Thema des Transhumanismus. "Der Zuschauer blickt bei der Vorstellung quasi auf sein zuvor hochgeladenes, früheres Ich", so Kidd.
Schließlich hofften Transhumanisten, dass es irgendwann möglich sein wird, sein Bewusstsein ins Internet zu laden, um später wieder darauf zugreifen zu können, wenn es technisch möglich wird. Es werde aber auch Liveinteraktion mit dem Publikum geben, das von Maertens etwa aufgefordert wird, etwas in den Chat zu schreiben. Die Miteinbeziehung des Publikums ist für Dead Centre kein Novum. Bereits im Jänner konnte man im Akademietheater in der "Traumdeutung" erleben, wie jemand aus dem Publikum auf die Bühne kommt und kurzerhand zum Hauptdarsteller des Abends gemacht wird.
Natürlich könne bei einem derart technisierten Theaterabend einiges schief gehen, geben die beiden zu. "Aber das ist ja beim Theater immer so. Da kann der Strom ausfallen oder ein Schauspieler sterben. Wir haben jetzt halt ein paar Risiken mehr", lacht Moukarzel. Wird "Die Maschine in mir" auch noch nach der Pandemie funktionieren? "Wir werden sehen. Wir haben bereits einige Einladungen für nächstes Jahr. Das transhumanistische Projekt hofft natürlich, dass die körperlose Existenz gerade erst beginnt. Aber im Ernst: Es wird sich erst zeigen, wie schnell die Menschen wieder ins Theater zurückkommen..."
(S E R V I C E - "Die Maschine in mir (Version 1.0)" von Dead Centre und Mark O'Connell, Livestream aus dem Burgtheater-Kasino, mit Michael Maertens. Premiere am 31.12. (ausverkauft). Weitere Termine am 2., 3., 6., 7., 8., 10., 13., 14., 15. und 16. Jänner. Infos und Tickets unter www.burgtheater.at)
Zusammenfassung
- Inszeniert wird das Experiment vom britisch-irischen Duo Dead Centre, das bereits im Jänner mit "Traumdeutung" überraschte.
- Das Stück haben die beiden Regisseure in nur wenigen Monaten im Zuge der Pandemie geschrieben.
- Die Miteinbeziehung des Publikums ist für Dead Centre kein Novum.
- (S E R V I C E - "Die Maschine in mir" von Dead Centre und Mark O'Connell, Livestream aus dem Burgtheater-Kasino, mit Michael Maertens.